Vor 174 Tagen – ziemlich genau in der Jahresmitte – startete der potseblog im Netz und damit war ich auch virtuellen Welt unterwegs an der Potsdamer Straße. Auf diesem blog dreht sich alles um Wohnen, Arbeit, Vergnügen, Probleme, Geschichte, Gegenwart im Gebiet der Potsdamer Straße – schrieb ich damals als Begrüßung und Erklärung.
Schon jetzt beim Jahresrückblick, der natürlich volle 365 Tage zurückreicht, kann ich sagen, dass die Vielfalt der Berichtsmöglichkeiten noch viel größer ist als damals angenommen. Doch mögen hier die Erinnerungsvorschläge selbstredend sein.
Als Erinnerungsstütze dienen mir mein eigenes Gedächtnis und drei Webseiten, die als Chronik der vielen Hunderte von Ereignissen in diesem Gebiet von unschätzbarem Wert sind. Deshalb an dieser Stelle ein herzlicher Dank an die Chronistin Susanne Wolkenhauer und die newsletter-Verfasserin Heidrun Abraham für ihre Arbeit auf den Webseiten der Quartiersmanagements Schöneberg-Nord und Tiergarten-Süd respektive des Mediennetzwerkes.
Mit dem potseblog-Rückblick erhebe ich keinen Anspruch auf Vollständigkeit, entschuldige mich gleich jetzt für Auslassungen und bitte um Anregungen für Nachträge.
Ehrungen
Gülsen Aktas bekam für ihre Arbeit in der Seniorenfreizeitstätte Huzur den interkulturellen Preis „Kosmopolita“, der in diesem Jahr das erste Mal verliehen wurde.
Den MitarbeiterInnen des Nachbarschaftstreff „Kaffeeklatsch“ im Pallasseum wurde das „Band für Mut und Verständigung“ überreicht. An dieser Stelle auch gleich ein kurzes Innehalten und Gedenken an Renate Mann, eine der guten Seelen des Kaffeeklatsches, die im Herbst 2009 unerwartet starb.
Hamad Nassar und der „Nachbarschaftstreff Steinmetzstraße“ erhielen für gelungene Integrationsarbeit den Preis der Helga und Edzard Reuter Stiftung.
Esra Aydin erhielt den InterDialogPreises 2009 für ihr Engagement als Integrationslotsin. en
Stark sind wir zusammen
Im Dezember kam die Hiobsbotschaft über die Schließung des Jugendteams und Mädchenbogens in der Pohlstraße 11. Der gemeinsame Protest eines ganzen Kiezes – Quartiersmanagement, Quartiersrat, lokale Bündnisse, Mediennetzwerk, IG Potsdamer Straße, KollegInnen, Einzelpersonen – überzeugte das Bezirksamt eines Besseren. Die Arbeit kann weiter gehen.
Kunst-Nest/Netz
Erst kamen sie tröpfelnd, doch inzwischen gibt es fast jede Woche die Ankunft einer neuen Galerie zu melden, Kunstprojekten zu bestaunen und Ausstellungen anzukündigen. Zwischen Kurfürstenstraße und Landwehrkanal etabliert sich auch laut Berliner Medien, die neue hippe Kunstszene.
Polnische KünstlerInnen werden häufig gesichtet. Eine Initiative hierfür geht von unerwarteter Stelle aus: dem Vox-Möbel-Salon in der Genthiner Straße. Zur Zeit präsentieren sie die Ausstellung: „Mit zwei Herzen gemalt“ – Malerei von Dorota Kosciukiewicz-Markowska.Die nächsten Ausstellungseröffnungen sind bereits in der ersten Januarwoche:
Freies Museum Berlin: Potsdamer Straße 91, Omas Konfitüre, Vernissage: 8. Januar ab 19 Uhr
kunst.klause: Pohlstraße 70, potse by light, Vernissage, 8. Januar ab 20 Uhr
Sport
Sportmöglichkeiten sind rar im Gebiet. Doch ein Fußballturnier wird allen Beteiligten und ZuschauerInnen in sehr guter Erinnerung bleiben: der Cup des Interreligiösen Dialoges ging an die Mannschaft der Anadolou-Moschee in der Katzlerstraße. Mit dabei waren Jugendliche aller hier im Kiez beheimateten Religionsgemeinschaften und deren Geistliche als Schiedsrichter.
Medien
Im Februar bekam die Webseite des Mediennetzwerkes °mstreet ein neues Gesicht. Das alte Design aus der „Potse People Ära“ weicht dem neuen sleaken Look des °mstreet Corporate Designs – was ist dem noch hinzuzufügen?
Tourismus
Warum in die Ferne schweifen? Die Hotels und die Touristen kommen ja zu uns. Und wir wollen sie gastfreundlich empfangen.
Was im Februar als Gewerbegespräch begann, entwickelte sich im Spätsommer zu einer Straßenführung und endete im Herbst in der Webseite Potsdamer Straße kompakt mit wertvollen Tipps zu Gastronomie, Sightseeing und Übernachtung und dem ersten Audioguide für die Potsdamer Straße.
Prostitution
Die Ex-Justizministerium im Frauentreffpunkt Olga, die Feier des Welthurentages in der Zwölf-Apostel-Kirche, die Fata Morgana-Ausstellung im Sexkaufhaus LSD und ein Sonderpräventionsrat Prostitution. Das Thema Prostitution ist weiterhin vielschichtig. Doch die unzähligen Gespräche haben eines erreicht. Das Streetworker-Projekt ist jetzt langfristig gesichert.
Feiern
Feste feierten alle wie sie fielen, sei es in der Pohlstraße 11, im Nachbarschaftstreff Steinmetzstraße, in der Kluckstraße, dem Familientreff Kurmärkische Straße und an vielen anderen Orten. Hier seien zwei stellvertretend erwähnt:
Zum ersten Mal fand in diesem Jahr im Kulmer Kiez ein Straßenfest statt, dass schon in der Vorbereitung die Nachbarn zusammen brachte. Kein Wunder, dass das Fest selbst ein voller Erfolg war.
Etabliert hat sich das Fest der Religionen, das aus einer Initiative des Interreligiösen Dialogs entstanden ist. Denn wenn man erstmal zusammen isst, singt und trommelt, werden die nachbarschaftlichen Beziehungen aufs Beste gefestigt.
Spielplätze
Wer in den letzten Wochen, ja fast Monaten, durch den Nelly Sachs Park ging, konnte das Entstehen des neuen Spielplatz beobachten. Bei der Einweihung wurde eifrig gekrabbelt, entdeckt und gejuchzt. Und auch jetzt unter Schnee verborgen hat die Kletterburg ihren ganz eigenen Charme.
Und während die Kinder in der Neuen Steinmetzstraße bereits auf den neuen Gerüsten balancieren, haben die Kinder in der Pohlstraße zumindest die Gewissheit, dass die Spielplatzkommission des Bezirks Mitte mit ihnen einer Meinung ist: neue Spielgeräte müssen her.
Ein großer Schlag
Keine lauten Proteste, keine Demonstrationen, keine Argumente halfen bei der wohl größten Enttäuschung in diesem Jahr. Die Grips-Grundschule wird geschlossen bzw fusioniert mit der Fritzlar-Homberg-Schule. Nun bleibt für das kommende Jahr zu hoffen, dass zumindest die Fusion achtsam und sittsam von statten geht. Ein Zeichen der gelobten Besserung ist ein neuer Menüpunkt auf der Kiez-Webseite, der für Transparenz sorgen soll.
Niemandsland wird Park
Östlich der Potsdamer Straße auf dem Gleisdreieck-Gelände tut sich was. Im November wurden die Planungen für den Park der interessierten Öffentlichkeit vorgestellt. Nicht alle Ideen weckten Begeisterung und es wird noch einige Diskussionen geben, damit die Nutzung auch für die AnwohnerInnen ein Gewinn ist. Die Tage der Brache sind gezählt. Bereits im Jahr 2010 soll das Gelände zugänglich sein.
Jetzt liegt es im Dunkeln. Die ersten Böller und Knaller steigen auf. Das neue Jahr kündigt sich an. Ich wünsche allen LeserInnen und BesucherInnen des potseblogs einen guten Übergang ins neue Jahr.
Vor uns liegen 365 Tage bevor, an denen wir wieder gemeinsam an der Potsdamer Straße unterwegs sein werden. Ich wünsche allen Einrichtungen, Engagierten, Gremien und Einzelaktiven Kraft und Mut bei ihrer Arbeit und hoffe, dass die inzwischen entstandene gute Vernetzung für alle gute Früchte trägt.
Potsdamer Straße 91 – Wosnitza-Wolkenhauer – workshop potse by light