Von Gastbloggerin Stefanie Vogt
Die letzten Regentropfen trommeln auf das Blechdach, und schnell machen die dunklen Wolken der Sonne Platz. Der Hof des Freien Museums erhellt sich endlich wieder. Von dort aus starten wir unsere Tour durch die Potsdamer Straße. Eine Straße, von der ich bis jetzt nichts kenne, als den Potsdamer Platz und das bekannte Kulturforum, das irgendwie nicht so wirklich in das Bild der Umgebung passen will. Die Neue Nationalgalerie, eine Ikone der Klassischen Moderne, an der ich mir 5 Stunden die Beine in den Bauch stand, um ins MoMa zu kommen…am Ende doch vergeblich. Oder die Staatsbibliothek, die Bibliothek der Moderne, welche man sogar schon in Wim Wenders „Himmel über Berlin“ bewundern konnte. Mehr kenn ich nicht.
Die magische Schwelle Richtung Schöneberg habe ich nie überschritten. Wir laufen weg vom Kulturforum über den Landwehrkanal, wo damals, einige Meter weiter im Tiergarten, Rosa Luxemburg den Tod fand. Die Straße ist laut. Das Brummen der Autos dröhnt in meinen Ohren.
Schnell machen wir eine Abzweigung nach Links. Auf dem Straßenschild lese ich „Am Karlsbad“.
Plötzlich verstummt der Lärm, und vor uns tut sich eine kleine grüne Oase auf, die man dort wahrscheinlich nie vermutet hätte. Das beeindruckt mich. Weiter geht’s durch ein paar kleine Seitenstraßen, manche Häuser nett saniert, andere noch in ihrem alten Charme. Mark Twain soll hier kurz gelebt haben, aber der Dreck habe ihn schnell wieder vertrieben. Da muss ich schmunzeln. Inzwischen schieben sich wieder mehr Wolken vor die Sonne und aus der Ferne kann man ein leises Grollen hören.
Wir sind nun wieder auf der Potsdamer Straße. Der Lärmpegel ist hoch und man hat arge Mühe das Wort seines Vordermanns zu verstehen. Ein lautes Scheppern reist mich aus meinen Gedanken. Ich drehe mich um und sehe Scherben, eine eingebeulte Motorhaube und wild gestikulierende Menschen. Eine Weile stehe ich da und gaffe, wie viele andere es auch tun.
Dann wende ich mich ab. In einer Großstadt wie Berlin ist das Alltag. Ich schlendere weiter. Vorbei an Dönerbuden und Pizzerias, an Obstständen und Geschäften. In dem Stimmengewirr, welches an mir vorbei rauscht nehme ich Fetzen von Türkisch, Arabisch, Französisch, Spanisch und Englisch war. Der Kiez scheint Multikulti. Doch die meisten Touristen schaffen es gar nicht bis hier her, zwischen Kurfürsten- und Bülowstraße. Hierher zum Erotikkaufhaus LDS, wo damals der Babystrich begann, auf dem auch schon Christiane F. anschaffen ging. Oder zum Gelände des ehemaligen Sportpalastes,
in welchem Joseph Goebbels einst den Totalen Krieg ausrief. Jetzt ziert ein zehnstöckiges Hochhaus dort die Straße, welches früher im Volksmund auch liebevoll Sozialpalast genannt wurde.
Die Tour ist beendet und ich schwinge mich auf mein Fahrrad zurück in Richtung Potsdamer Platz. Dabei lasse ich die Eindrücke noch einmal auf mich wirken und stelle fest, dass diese Straße sehr widersprüchlich ist.
Hier treffen sich unterschiedliche Kulturen und Lebensstile, Restaurants von Schwäbischen Maultaschen bis zu äthiopischer Küche laden zum Verweilen ein. Ateliers und Galerien in Hinterhöfen, versteckte Schätze der Architektur und stille Zeitzeugen der Geschichte.
Ich bin wieder am Potsdamer Platz angekommen. Dort wo die Touristen wild mit ihren Kameras knipsen, die gläsernen Hochhäuser in den Himmel ragen und alles so steril und sauber zu sein scheint. Ich habe einen Eindruck gewonnen von der Straße, die ich vorher nicht kannte. Ob wir Freunde werden kann ich noch nicht sagen, doch hat sie irgendwie Charme. Die Sonne hat sich nun wieder durch die Wolken gekämpft und lässt die letzten Pfützen verschwinden.