Potse Eindrücke

Von HU Gastblogger Christian Döring

Potsdamer Straße 91 Freies Museum Berlin war die Adresse. Ich bin sowieso schon spät dran und nun find ich die Hausnummern nicht. Und das ganze Gewusel auf den Straßen und Bürgersteigen. Überall Läden im Erdgeschoss, und darüber Wohnungen. Die Straße wirkt wie ein Kanal für jegliche Bewegungen, es geht nur vorwärts. Hm Nr. 71, ich muss dran vorbei gelaufen sein. Also doch nochmal zurück. Ein Glück da hinten sind sie, ich hab sie noch erwischt. Und die Tour durch die Potse beginnt.

Man kann Orte erst richtig kennenlernen, wenn man sie durchläuft, durchquert und alles auf sich wirken lässt um ein Gefühl für das Lokale zu bekommen. Wir betreten Hinterhöfe, die spannender und geschichtsträchtiger sind, als sie im ersten Augenblick scheinen. Ein unscheinbarer Wohnblock Ecke Pallasstraße, der sog. Berliner Sozialpalast, ist der ehemalige Standort des Sportpalastes, einer im Jahr 1910 erbauten Mehrzweckhalle. Sie war Veranstaltungsort u. a. für Boxkämpfe, Reitturniere und Radrennen. Traurige Berühmtheit erhielt sie vor 67 Jahren als Joseph Goebbels seine berüchtigte Rede hielt, in welcher er den totalen Krieg ausrief. 1973 wurde die Halle abgerissen und der Sozialpalast errichtet.

Weiter geht’s auf unserer Tour. Doch halt! Warum ist es plötzlich so ruhig? Vor gut zweihundert Metern sind wir in eine quer zur Potse verlaufende Straße eingebogen. Der Stimmungswechsel auf so kurzer Distanz ist verblüffend. Nur vereinzelt befahren Autos die Straßen, die Anzahl an Bäumen sowie an Sträuchern hat sich vervielfacht und der Geräuschpegel ist drastisch gesunken. Ein Gefühl von Entspannung macht sich breit, das im völligen Gegensatz zum hektischen Gewusel auf der Potsdamer Straße steht.

Unser Rundgang führt uns zum Potsdamer Platz und in der Nähe gelegenen Haus Vaterland. Das Haus Vaterland war eine von der Firma Kempinski betriebene Vergnügungsstätte mit zwölf Restaurants, dem größten Café der Stadt, einem Ballsaal, einer amerikanischen Wild-West-Bar sowie musikalischen und artistischen Veranstaltungen. An selber Stelle befinden sich heute die Park Kolonnaden, ein Gebäudekomplex mit Raum zum Arbeiten, Wohnen und Einkaufen.
Wir beenden unsere Erkundungstour wieder südlich des Landwehrkanals mit der aktuellen Problemlage beim ehemaligen Wegert-Haus. Hier sollte über dem Erotikkaufhaus LSD ein Laufhaus entstehen, mit dem Ziel, die Prostitution von der Straße und aus dem Blickfeld der Anwohner zu holen. Dieser Ansatz war jedoch umstritten, da es keinen Beleg dafür gab, dass ein solches Laufhaus tatsächlich die Prostitution in die eigenen Betriebsräume verlagere. Vielmehr hatte man die Befürchtungen es entstünde lediglich ein neuer Zweig desselben Business und alles bliebe beim Alten oder verschlimmere sich sogar. Das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg lehnte den Bauantrag ab und wurde zuletzt vom Verwaltungsgericht bestätigt in seiner Entscheidung bestätigt.

Mit diesen vielfältigen, völlig unterschiedlichen, z. T. voneinander abweichenden Eindrücken verlassen wir die Potsdamer Straße. Hoffentlich schaff ich noch die nächste S-Bahn!

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