Von HU-Gastblogger Lea Drasdo
Ein homosexuelles Pärchen, das in Berlin Urlaub macht, steht vor der Sparkasse am Nollendorfplatz. Plötzlich kommen vier Männer und beleidigen die beiden: „Scheiß Schwuchteln! Ficken wie die Ratten!“ Doch die Beleidigungen reichen den Angreifern nicht. Das schwule Pärchen wird auch noch körperlich attackiert. Einer von beiden so stark, dass er später im Krankenhaus ambulant behandelt werden muss.
Schwuler Bürgermeister, Schwulenbars und der älteste schwule Kiez Berlins. In der Hochburg der Homosexuellen rund um den Nollendorfplatz in Berlin vermutet man in keinem Fall regelmäßige homophobe Übergriffe. Seit 1990 ist jedoch genau hier das Berliner Anti-Gewalt-Projekt Maneo als eigenständiges Vorhaben vom schwul-lesbischen Informationsdienst Mann-O-Meter e.V. angesiedelt, um Betroffene homophober Gewalt zu beraten und Hilfestellungen zu geben.
Dass dies mehr als notwendig ist, zeigen nicht nur etliche weitere Fälle, die im Jahresbericht von Maneo veröffentlich wurden, sondern auch die Statistiken: 225 Fälle homophober Gewalttaten verzeichnete Maneo zum Beispiel im Jahr 2009. Die meisten davon fanden auf offener Straße in Schöneberg statt. Die Dunkelziffer derer, die sich nicht melden und auch die Übergriffe nicht zur Anzeige bringen, liegt jedoch noch deutlich höher. Maneo Leiter Bastian Finke beschreibt: „Wir wollen mit unserem Projekt gegen diese Hassgewalt vorgehen und einen offenen und toleranten Kiez gestalten, der für wirklich alle Menschen Platz findet“.
Das Angebot von Maneo richtet sich an schwule und bisexuelle Jugendliche und Erwachsene in Berlin – unabhängig davon, ob sie sich gerade nur in Berlin aufhalten, oder in Berlin wohnen. Das Projekt Maneo, das aus dem schwulen Überfalltelefon Berlin hervorgegangen ist, erfasst gegen Schwule gerichtete Gewalttaten und leistet gewaltpräventive Öffentlichkeitsarbeit.
So werden innerhalb des Projekts zum Beispiel Anti-Gewalt-Trainings in Zusammenarbeit mit der Berliner Polizei und Wanderausstellungen zum Thema „Zeugnisse schwulenfeindlicher Gewalt“ initiiert: „Wir haben Spaß daran neben der oftmals ernüchternden Arbeit, die wir täglich leisten, auch neue Projekte mit verschiedenen anderen Initiativen zu ermöglichen“, so Bastian Finke.
„Unter männlichen Schülern wird der Begriff „Schwuler“ immer noch als Schimpfwort verwendet. Der Weg von der verbalen Diffamierung bis zum Ausüben körperlicher Gewalt ist kurz“, beschreibt auch Ekkehard Band, der Bezirksbürgermeister von Tempelhof-Schöneberg auf der Homepage von Maneo.
„Immer wieder kommen Menschen zu uns, die87u wirklich schreckliche Dinge erlebt haben. Das geht von Diskiminierung bis hin zu starker körperlicher Gewalt. Letztes Jahr gab es hier im Kiez einen Übergriff, bei dem ein Mensch fast gestorben wäre“, erklärt Bastian Finke.
Am 17. Mai, dem internationalen Tag gegen Homophobie, wird Maneo nun das dritte Jahr in Folge einen Kusswettbewerb veranstalten und gezielt an symbolischen Orten, die „kein leichtes Pflaster“ für sich offen zeigende Schwule, Lesben und Transgender darstellen, mit einem Kuss ein Zeichen für mehr Toleranz setzen.