Kurfürstenstraße142/Ecke Frobenstraße – neues Baugruppenprojekt

Geschrieben von HU-Gastblogger_In Katrin 

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Kurfürstenstr.142/Ecke Frobenstraße

Die Kurfürstenstraße 142/Ecke Frobenstraße ist wohl hauptsächlich durch die Straßenprostitution charakterisiert. Läuft man die Straße hinunter passiert man aber auch die markante Beuth Hochschule für Technik Berlin – University of Applied Sciences, welche 1914 gebaut wurde. Auf der anderen Straßenseite gibt es ein Café, diverse kleine Geschäfte, Wohnhäuser, dahinter ein großer Parkplatz und natürlich der alte Möbel’turm’ Hübner. In diesem Straßenteil klafft allerdings auch ein großes Grundstücksloch, welches ehemals vom Autohandel F.E.L.I.X Automobile GmbH geschlossen wurde. Hier soll nun ein neues Baugruppenhaus entstehen, welches durch das Architekturbüro „June 14“ umgesetzt werden soll.  Momentan ist dies noch in der Planungsphase. Der Baubeginn wird wahrscheinlich Anfang 2014 sein.

Was ist eine Baugruppe?

Baugruppen, das sind meist Privatpersonen die sich zusammenschließen um ein Grundstück zu erwerben und es auch eigenständig zu bebauen.  Auch werden Baugruppen oft von Architekten angestoßen um Projekte zu realisieren, also um arbeiten zu können. Hier gibt es allerdings keine Investoren, welche diese Objekte nur zur Gewinnmaximierung  nutzen.  Dementsprechend werden alle Risiken auch durch die Baugruppe selbst getragen. „Insgesamt sind 23 Parteien daran beteiligt, von denen wir die allermeisten bereits kannten. Die anderen sind Freunde von Freunden.“ , so Johanna Meyer-Grohbrügge. Diese neue Form des Bauens scheint sich sehr großer Beliebtheit  zu erfreuen. So lassen sich selbst über Social Networks wie Twitter folgende Nachrichten finden: „Seriously want to do a #baugruppe project myself. Anyone else in? Any architects?“, von Nutzer tomdyckhofff.

Das Baugruppenprojekt und Ihre Gestalter

Johanna Meyer-Grohbrügge und Sam Chermayeff sind die leitenden Architekten bei „June 14“. Ihr Büro in Berlin ist seit 2010 aktiv. Auf die Frage wie sie auf die Idee einer Baugruppe gekommen sind, antwortet Johanna Meyer-Grohbrügge: „Wir sind junge Architekten, die natürlich erstmal bauen wollen. Wir wussten, dass viele unserer Freunde und Bekannten eine Wohnung suchen und so haben wir Ausschau nach interessanten Grundstücken gehalten und die Leute zusammengebracht.“ Auch Sie selbst werden in die Kurfürstenstraße 142 einziehen, jedoch soll das Haus nur zu Wohnzwecken genutzt werden: „Wir werden dort auch eine Wohnung haben, doch sehr wahrscheinlich nicht mit dem Büro dort einziehen. Uns gefällt unser jetziges Büro und außerdem wollen noch mehr Projekte machen.“ Die Baudamen/herren bauen also für den Eigenbedarf. Durch diese Eigenorganisation lassen sich allerdings auch die Bedürfnisse der späteren Bewohner besser planen, da jeder Mitspracherecht hat innerhalb der Gruppe.

Baugruppenprojekte im Berliner Raum

Die Baugruppenprojekte werden von offizieller Seite sehr begrüßt. Das Land Berlin unterstützt gezielt Baugruppen mit ausgesuchten landeseigenen Grundstücken. Mehr als 80 verschiedene Wohnungsbaugenossenschaften bieten langjähriges Wohnen zur Miete und stabile Nachbarschaften an. Der Berliner Senat sichert ihnen eine breite Unterstützung zu. Genossenschaften sollen genauso wie die Wohnungsbaugesellschaften darin gefördert werden, ihren Bestand auszubauen.“, heißt es auf der Webseite der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt. Man erhofft sich hier mittelständischen Leuten einen bezahlbaren Wohnraum in der Stadt zu ermöglichen, Grundstückslücken in der Stadt zu schließen und nicht nur zum Zwecke des Gewinns zu nutzen.

Jede Baugruppe ist eigen

In der Flottwellstraße 2, unweit vom aktuellen Bauprojekt, ist ein Baugruppenhaus bereits zwischen 2008 und 2011 realisiert worden. Hier unter dem Architektenbüro Heide & von Beckerath. Das Baugruppenprojekt in der Flottwellstraße 2 ist aufgrund der Initiative der Architekten gemeinsam mit einem befreundeten Paar entstanden“, so Verena von Beckerath. Auch hier wurden Eigentumswohnungen nach Bewohner-Bedürfnissen erstellt: „Alle Wohnungen sind entsprechend Eigentumswohnungen. Einige werden selbstgenutzt, andere vermietet, da die Eigentümer zur Zeit nicht in Berlin leben. Dadurch sind die Bewohner in unserem Haus tatsächlich relativ gemischt: zwei Familien mit Kindern, einige Paare, zwei Wohngemeinschaften mit Studenten, eine Künstlerin, die das Studio als Atelier nutzt, etc…das Zusammenwohnen, auch zwischen den Generationen, kann sich nach gemeinsamer Planungs- und Bauzeit anders darstellen und entwickeln, als bei dem Kauf einer individuellen Eigentumswohnung.“  

Hier ging es also auch nicht ausschließlich um die Wohnidee an sich, was die Integration eines Studios in den Bauprozess aufzeigt. „Mischkonzepte wie Wohnen und Arbeiten sind insbesondere für Freiberufler interessant und lassen sich im Rahmen einer Baugemeinschaft eher realisieren“, so Beckerath. Eine interessante Idee zur Work-Life-Balance, da gerade Freiberufler meist mit wechselnden Mieträumlichkeiten für Studios, Büros bzw. Schreibtischen  konfrontiert werden.

Baugruppen pro oder contra?

Durch die Möglichkeit des Zusammenschlusses von Privatpersonen ohne den vorrangigen Zweck der Gewinnmaximierung blickt dennoch nicht jeder positiv auf diese neue Entwicklung der Städtebebauung. Kritiker sagen das Baugruppen keineswegs sozial handeln, da nicht jeder die Möglichkeit hat ohne weiteres einen Kredit bei Banken zu erhalten um an der Eigentumsbeschaffung teilzunehmen. Auch ist nicht jedes Baugruppenhaus als Mietshaus gedacht. Meist handelt es sich hierbei um Eigentumswohnungen  und damit ist eine Integrierung sozial-schwacher von Anfang an ausgeschlossen. Einzig Baugruppenprojekte die auf Genossenschaften basieren können diesen Ausschluss abwenden, da hier Eigentum keine Voraussetzung ist und Wohnraum zur Miete angeboten werden kann. Viele befürchten auch eine Aufwertung des Kiezes durch  die neuen Baugruppenhäuser und die damit verbundenen Mietpreissteigerungen für Alteingesessene.

Allerdings kommt dies auch auf den Aufwertungsstand eines Bezirkes an. Wenn dort vor der Planung des Baugruppenhauses schon horrende Mieten herrschen, kann das Baugruppenprojekt eine Möglichkeit bieten diese zu umgehen. Somit kann in solchen Fällen nicht von einer Ankurbelung des Gentrifizierungsprozesses gesprochen werden. Obwohl es unbestreitbar ein Teil dessen ist.

Und wie denken die neuen Baugruppengründer von „June 14“ über die durch Prostitution geprägte Straße: „Der Straßenstrich hat ja eine lange Geschichte und ist dort seit 100Jahren, wie wir gehört haben. Wir denken nicht und wollen auch nicht, dass diese vertrieben werden. Es kann natürlich sein, dass sich Freier dort nicht mehr so wohlfühlen und sich das Geschäft weiter nach hinten verschiebt, doch ich glaube das wird dauern und solange sie keinen neuen Ort haben, werden Sie auch dort blieben.“ 

Interview – Baugruppe der Marienburgerstr. 31a

 

 

 

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