Die Potsdamer Straße – Viel Lärm um nichts?

Geschrieben von HU-Gastblogger Clemens

Die Berliner gelten gemeinhin als belastbar, krisenerprobt und schmerzunempfindlich. Gefühlt täglich werden Sie mit Hiobsbotschaften – besonders im Baustellenbereich – konfrontiert. Dass es, wenn in Berlin gebaut wird, in aller Regel teurer wird als geplant ist für den Berliner tragischer Alltag. Neben der Kostenexplosion rückt mit einer Bauverlängerung aber noch ein ganz anderes Problem in den Vordergrund: Der Lärm.

Dieses Problem betrifft ganz besonders die Potsdamer Straße. Zwar gibt es an ihr kein öffentliches Bauvorhaben, mit einer Belastung von über 70 Dezibel (tagsüber 76, in der Nacht 68 Dezibel) gehört sie dennoch als Hauptverkehrsstraße zu den lautesten Straßen in ganz Berlin.

Schadstoff Lärm

Lärm ist ein bis heute kaum gelöstes Umwelt- und Gesundheitsproblem in Städten und Ballungsräumen. Bereits bei einer Dauerbelastungen von 55 dB(A) nachts und 65 dB(A) tags steigt das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Aber auch Migräne, Angststörungen bis hin zur Depression können mögliche Folgen sein. Lärm beeinträchtigt zudem die Sprachentwicklung von Kindern, behindert die Lesefähigkeit sowie Gedächtnisleistungen (eine Übersicht zu den Folgen finden Sie hier).

„Lärm gehört zur Großstadt dazu“

So problembewusst sieht das jedoch nicht jeder. Fast alle Berliner haben mit irgendeiner Art großstadtbedingtem Dauerkrach zu tun: Mit Bahnhöfen, (mehrspurigen) Straßen, Baustellen oder grölenden Party-Gästen. Allein aus dieser Tatsache heraus folgern einige unter Verwendung der Floskel „Lärm gehört zur Großstadt dazu“, dass man Lärm in einer Großstadt hinnehmen muss; wer im Zentrum leben will muss auch dessen Nachteile in Kauf nehmen oder ansonsten ins Umland ziehen, das Ruhe und Platz im Überfluss bieten soll.

Die Möglichkeit eines solchen Umzuges haben jedoch nicht alle bzw. viele Anwohner wollen sich aus ihrem Umfeld nicht vertreiben lassen. Auch wenn man im Zentrum etwas mehr Lärm wohl hinnehmen muss, so muss dieser zumindest nicht ernsthaft gesundheitsschädigend sein. Allein der Umstand in einer Großstadt zu leben, darf nicht dazu führen, dass man krank wird. Rücksicht ist nicht allein auf dem Land, sondern auch in der Stadt oberstes Gebot.

Dies hat nun auch Berliner Senat erkannt und will gegen Lärmbelastung etwas unternehmen. Er hat eine Internetplattform gegründet, auf der die Bürgerinnen und Bürger vom 24. Januar bis 22. Februar Hinweise zu Verkehrslärm und Verkehrslärmminderung einbringen konnten. Die abgegebenen Hinweise werden nun ausgewertet und es soll der Entwurf des Lärmaktionsplans entstehen.

Vorschläge für die Potsdamer Straße

Auf der Interplattform wurden eher allgemeine Vorschläge für die Potsdamer Straße unterbreitet. Vorgeschlagen wird, die Geschwindigkeit auf 30 km/h zu begrenzen und Nachtfahrverbot für LKWs oder dass die Ampelschaltungen korrigiert werden oder dass der Verkehr allgemein eingeschränkt und auf die öffentlichen Verkehrsmittel umgeleitet wird (durch Verkleinerung der Straßen, Ausbau von Fahrradwegen und Begrenzung der Parkplätze im Innenstadtbereich). Viele Beschwerden richten sich ferner allgemein gegen das laute Fahren von Autos, Motorrädern bzw. Lastwagen oder illegale Straßenrennen.

Fragt man direkt an der Potsdamer Straße nach, stellt man schnell fest, dass viele Anwohner bzgl. (Verkehrs-)Lärm sensibilisiert sind. Die Wenigsten können sich vorstellen direkt an der Potsdamer Straße zu wohnen und weichen von vornherein auf Seitenstraßen aus. Würden sie etwas ändern können, dann würden sie umweltfreundliche Verkehrsmittel – Fahrrad, Bus und Bahn oder das Zu-Fuß-Gehen – fördern, z. B. durch den Ausbau von Fahrradwegen, und damit den Lärmpegel senken.

So kann man mit den Anwohnern der Potsdamer Straße nur hoffen, dass mit dem Aktionsplan gegen Verkehrslärm des Senats auch ihnen geholfen wird und ein lärmfreies Leben nicht zu einem Luxusgut wird.

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