Ursprünglich aus Heidelberg, wohnt Michael Müller seit 1989 in Berlin. Ich traf ihn in seiner Wohnung in der Nähe der Kurfürstenstraße, in der er mit seiner Familie lebt und von der aus er auch arbeitet.
Kultur zum Mitnehmen
Dr. Müller, seines Zeichens Kunsthistoriker, ist Unternehmer. Zusammen mit seinem Geschäftspartner, der sich auf die Beratung von Museen spezialisiert hat, gründete er 2007 das Unternehmen Culture to go. Der Focus des Unternehmens liegt auf der Beratung von Kultureinrichtungen im Bereich der Kommunikation/Social Media, sowie deren technische Umsetzung.
Die Idee kam ihm bei seinem Aufenthalt in Los Angeles. Zu dieser Zeit wurden in den USA die Breitbandfrequenzen versteigert. Damals konnten sich nur wenige ein Smartphone, wie es heute kaum wegzudenken ist, vorstellen. Jedoch war er von der Idee „egal wo man steht Medien abzurufen“ begeistert. Praktisch heißt das heute: die Webseite eines Museums so zu optimieren, dass jeder direkt auf seinem Smartphone, plattformunabhängig und ohne lästiges Installieren von Apps, eine Führung bekommt.
Medienmarkenzeichen „Potse©“
Auf die Frage, wieso er kein externes Büro habe, meint er „es schien mir unnötig“, da er hier sowieso sehr gut vernetzt ist. Das ist kein Zufall. In der Umgebung der Potsdamer Straße haben sich viele Medienunternehmen niedergelassen. Vor der Wende waren hier Zeitungen und Verlage angesiedelt. Die zogen aber in repräsentativere Gebäude, vorzugsweise in der Nähe der Friedrichstraße.
Heute sind es hauptsächlich Unternehmen aus den Bereichen Werbung, IT, Grafik, Medien, TV/Film, sowie Mode und Design. Sie alle sind zusammengefasst im Mediennetzwerk Potsdamer Straße „°mstreet“, welches vom Quartiersmanagement, mit dem Ziel der Vernetzung der Medienschaffenden, gefördert wurde. Als die Förderung auslief, fragte man sich, in welcher Form man °mstreet weiterführen wolle. Man entschied sich für die Eingliederung in die Interessengemeinschaft Potsdamer Straße „IGP“. Heute finden regelmäßig Veranstaltungen statt, wie z.B. ein monatlicher Stammtisch, bei dem man sich mit Gleichgesinnten austauschen kann.
Zwischen Luxuswohnung und Straßenstrich
Aber die Potsdamer Straße ist nicht nur ein Medienstandort. In den letzten fünf Jahren haben Kunstgalerien die Gegend mehr und mehr für sich entdeckt. Es gibt viel Kleingewerbe. Gemüseläden, Bars & Restaurants, Casinos prägen das Straßenbild. Und der Sex. Ein mehrstöckiger Sexshop steht direkt an der Ecke Kurfürstenstraße, um die sich auch der Straßenstrich befindet. Damit ist es „nicht ganz einfach, vor allem, wenn man Kinder hat“, aber man hat sich damit abgefunden und lebt „nebeneinander“.
Andererseits ziehen der soziale Mix und die „urbane Atmosphäre“ Kreative und Querdenker an und verhindern ein völliges Abrutschen der Gegend, wie es vor ca. 7-8 Jahren schon einmal drohte. Wenn es denn irgendwann trotzdem soweit kommen sollte, dass man weg muss, würde sich nicht so viel ändern – die Kunden der Medienunternehmen sitzen an den verschiedensten Orten und man ist nicht standortgebunden.
Im krassen Gegensatz dazu stehen die sich gerade im Bau befindlichen Luxuswohnung in der Flottwellstraße, in die die Kurfürstenstraße an ihrem Ostende übergeht. Einerseits hofft man darauf, dass mit diesen die Gegend attraktiver wird. Auf der anderen Seite fürchtet man die Gentrifizierung und bangt um das ‚Flair‘.