Der Artikel ist entstanden im Rahmen des Winterkurses “Online Journalismus – Recherchieren und Bloggen” des Career Center der Humboldt Universität
Von HU-Gastbloggerin Angela
Wer in der Großstadt lebt, der muss es hinnehmen: den Mangel an Grünflächen im Alltag. Grauer Teer und Plattenbauten bilden den vorherrschenden Eindruck von Berlin. Manch einem bieten die orangenen Farbtupfer, die die Mülltonnen der Berliner Stadtreinigung in die Kulisse schmuggeln, zu wenig farbliche Abwechslung. Gärten und Parks sollen Abhilfe schaffen; sie ermöglichen eine kurzzeitige Flucht aus dem tristen Stadtbild.
Für manche Menschen ist jedoch der Grund für die Sehnsucht nach Grünfläche viel existentieller als nur durch den ästhetischen Feinsinn begründet: Flüchtlingen aus der ganzen Welt wurde im interkulturellen Gartenprojekt „Rosenduft“ die Möglichkeit gegeben, ihre eigenen Beete zu bepflanzen. Das Ziel? „Ankommen – bei sich selbst und der Gesellschaft.“, fasst Bosiljka Schedlich zusammen. Sie leitet den Verein Südost Europa Kultur, von dem die Initiative zum interkulturellen Garten im Jahr 2011 ausging.
Ursprünglich wurde der interkulturelle Garten „Rosenduft“ damals für traumatisierte Frauen aus Bosnien und Herzegowina gegründet. Neben den vielen schrecklichen Erlebnissen ihrer Biographie belastete sie der Verlust ihrer Heimat sehr. Die im Verein südost Europa betreuten Frauen hatten, als sie sahen, wie es Frühling wurde, geschwärmt, wie schön es überall blühe, erklärt Bosiljka Schedlich; und sie wünschten sich daraufhin, selbst Fläche zu bepflanzen. In den eher ländlichen Gebieten, aus denen die Flüchtlinge ursprünglich stammten, war ein eigener Garten normal.
„Die Frauen haben ihre Beete bekommen, einzeln oder zur zweit. Später sind noch mehr Leute dazugekommen, aus Asien, aus Afrika. Jeder bearbeitet seine Fläche, pflanzt und erntet, während es auch noch eine Gemeinschaftsfläche gibt. Es gibt auch kleine Beete für die Kinder“, erklärt Bosiljka Schedlich, wie die Gartenarbeit organisiert ist. „Es ist ein Ort der Begegnung in jeglicher Hinsicht.“
Der Garten führt inzwischen Flüchtlinge und Vertriebene aus der ganzen Welt zusammen; aus Palästina, Ruanda, Afghanistan. Der Austausch untereinander hilft den Menschen, das Leid besser zu verarbeiten. Der Austausch findet nicht nur innerhalb von Deutschland statt; der Garten ist eingebunden in ein internationales Netzwerk. Kinder aus Marseille waren beispielsweise neulich in Deutschland gewesen, in den Gärten ihrer Austauschpartner, und umgekehrt.
Bosiljka Schedlich fügt hinzu: „Und sie haben etwas, worauf sie stolz sind.“ Ein eigenes Beet, eine Aufgabe. Die Möglichkeit, mit neugierigen Besuchern des Gartens ins Gespräch zu kommen und von ihrer Gartenarbeit zu erzählen. „Der Garten ist ein Ort der Integration geworden“ , weiß Bosiljka Schedlich.
Der Interkulturelle Garten „Rosenduft“ ist über den Eingang zum Park am Gleisdreieck in der Möckernstr. 44 zu erreichen; am Gleis entlang Richtung Yorckstr. findet sich der 2000 qm große Garten, in denen Birnen und Blumen gepflanzt sind, Kräuter wachsen und Bienen schwirren – denn auch zwei Imker zeigen Interessierten dort gerne ihr Handwerk.
Fotos mit freundlicher Genehmigung von Begzada Alatović