„Konkret kann ich Ihnen nichts sagen“ – Wir schon, Herr Spallek!

Kurz vor seinem aussagekräftigen Auftakt zu einem fünfminütigen Statement war Carsten Spallek, Bezirksstadtrat für Stadtenwicklung, Bauen, Wirtschaft und Ordnung, in die bereits seit einer Stunde andauernde Quartierskonferenz gerauscht. Bevor er weiter sprach, gab er bekannt, dass er zügig zu einer Veranstaltung am Potsdamer Platz müsse. 

Wenn Sie mich fragen, wie es weiter geht,“ fuhr er dann gutgelaunt fort. „Ich weiß es nicht!“ Er ergänzte, dass „Druck und Input“ aus dem Quartier Magdeburger Platz unter anderem auch bei der Anpassung der Verkehrsführung Flottwellstraße im Bezirksamt Mitte durchaus positive Auswirkungen gehabt hätten.

Ein wertvoller Hinweis.

Warum überhaupt eine Quartierskonferenz?

Da der Ausstieg aus dem Quartiersmanagementverfahren für das Gebiet Magdeburger Platz auf das Jahr 2017 festgelegt ist, kamen am 7. Mai 2014 QuartiersrätInnen, Quartiersmanager, AnwohnerInnen und BehördenvertreterInnen im Jugendzentrum Pumpe in der Lützowstraße zusammen, um über Möglichkeiten, Ziele und Vorgehensweise beim Verstetigungsverfahren zu diskutieren. Hier finden Sie eine ausführliche Beschreibung und Protokoll.

Diese Entwicklung kommt nicht überraschend. Bereits seit mehreren Jahren zeichnet sich laut den Indikatoren des Monitoring Soziale Stadtentwicklung eine Verbesserung in dem seit 1999 bestehenden Quartiersmanagementgebiet Magdeburger Platz ab. Deshalb war das QM-Gebiet unter den 13 Berliner QM-Gebieten, die das Deutsche Institut für Urbanistik im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt im Hinblick auf ihre „Entlassung“ aus dem QM-Verfahren und die Einleitung möglicher Verstetigungsprozesse untersuchte, um die aufgebauten Netzwerke und erfolgreichen Projekte in Regelstrukturen kommunaler Daseinsvorsorge zu überführen.

Im Gutachten Verstetigungsmöglichkeiten Berliner Quartiersmanagementverfahren“ von Mai 2013 heißt es auf Seite 36: „Wie im Großteil der anderen untersuchten Quartiersmanagement-Gebiete auch, zeigt sich im Umfeld Magdeburger Platz ein Rückgang investiver städtebaulicher Problemlagen. Herausforderungen im sozialen und lokalökonomischen Bereich sind dagegen nach wie vor aktuell.“

Es verbleiben also noch 2,5 Jahre für den Verstetigungsprozess, die gut genutzt sein wollen, denn Erfahrungen für dieses Verfahren gibt es bislang kaum. Die ersten QM-Gebiete – Falkplatz, Helmholtzplatz in Prenzlauer Berg sowie Boxhagener Platz in Friedrichshain, wurden 2005 ohne vorbereitende Maßnahmen aufgelöst. Im Wrangelkiez, wo das Verfahren 2015 ausläuft, löste sich der Quartiersrat Anfang Mai 2014 auf und initiierte die Gründung eines Stadtteilvereins, um sich weiterhin um die Belange des Kiezes kümmern zu können. Zeitgleich mit dem Magdeburger Platz gehen nun die Gebiete Sparrplatz und Reuterplatz in die Verstetigungsphase.

Input des Quartiersrats

Es hätte des Hinweises von Herrn Spallek nicht unbedingt bedurft, doch wird er im weiteren Prozess ein immer wieder in Erinnerung zu rufen sein. Denn der Quartiersrat im Magdeburger Platz zeichnet sich dadurch aus, dass er schon seit Jahren nicht nur – wie von der Senatsverwaltung vorgeschrieben – bei der Vergabe von Fördermitteln mitwirkt, sondern sich auch in Quartiersbelange einmischt. Erfolgreiche Aktionen unter der Beteiligung des QR waren u.a. die Verhinderung des Laufhauses, aktives Hinwirken auf die völlige Umgestaltung der Pläne für das KurfürstenCenter, Durchführung von Workshops bezüglich der Verkehrsplanung in der Flottwellstraße und aktive Mitgestaltung von Quartiersratsmitgliedern bei der Entwicklung des Parks am Gleisdreieck.

In Vorbereitung auf die Quartierskonferenz hatte sich der Rat im April auf fünf Punkte verständigt, die für eine erfolgreiche Verstetigung mit Ablauf des QM-Verfahrens Ende des Jahres 2016 notwendig seien.

Statement des Quartiersrates: Das QM-Verfahren endet zum Ende des Jahres 2016. Für die Zeit danach werden benötigt:

  1. ein Soziokulturelles Zentrum (Ankerpunkt) als Ort, an dem Stadteilaktivitäten stattfinden können.
    Die Sanierung und Erweiterung der Kluckstraße 11 ist daher dringend notwendig.
    Es werden aber auch personelle Ressourcen benötigt, damit zusätzliche Angebote, Aktivitäten in das Haus geholt werden können.

  2. einen festen Ansprechpartner im Bezirk, eine „bezirkliche Stadtteilkoordination“ mit Sozialraumbezug („Ohr im Kiez“), mit dem Ziel , dass Bürger/Akteure vom Bezirk wahr- und ernst genommen werden.

  3. daneben braucht es einen Ansprechpartner für die Bürger vor Ort, einen „Kümmerer“, einen „bürgerschaftlichen Stadtteilkoordinator“.

  4. die Aufrechterhaltung und Ausbau der bestehenden Netzwerke und bürgerschaftlichen Aktivitäten, durch geeignete Strukturen. Das müssen wir selbst in die Hand nehmen.

  5. einen Fonds, aus dem kleine Aktionen und vor allem Öffentlichkeitsarbeit finanziert werden kann um die Kommunikation im Stadtteil aufrechtzuerhalten.

Diese Punkte wurden auf der Quartierskonferenz vorgetragen, wobei QR-Sprecher Jörg Borchardt betonte, dass es Sache der Senats- und Bezirksverwaltung sei, eine Finanzierung sicher zu stellen.

Bereits vorhandene Ansätze

Diese Punkte sind bereits mit dem Quartiersmanagement und dem Bezirksamt verhandelt worden. Und wenn auch Details über die zukünftige Entwicklung tatsächlich noch nicht vorherzusagen sind, so gibt es zumindest schon konkrete Ansätze, die Verstetigungsphase bestmöglich zu nutzen. Hier einige Beispiele:

Dialogplattform

Zur Zeit baut das Projekt Dialogplattform (Arbeitstitel) ein bewegliches Netzwerk auf, dass in Zukunft die Basis für Gespräche, Arbeitsgruppen und Aktivitäten im Quartier bilden soll.Mitarbeiten kann jedeR, der/die im Quartier leben und/oder arbeiten. Der Quartiersrat und die Interessengemeinschaft Potsdamer Straße sind eng in den Aufbau der Dialogplattform mit eingebunden. Eine Anlaufstelle wird es im Familiengarten Kluckstraße 11 geben. Kerstin Heinze und Gerald Backhaus – Redaktionsteam der Kiezzeitung mitte(N)dran- und des Online-Portals tiergarten-sued.de – sind Ansprechpartner und über redaktion[at]tiergarten-sued[.]de erreichbar.

Entwicklung eines Ankerpunktes

Bei der Quartierskonferenz bestätigte Knut Henkel von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, dass Gelder für die Sanierung und Erweiterung der Gebäude im Familiengarten Kluckstraße 11 bewilligt seien. Dieser Ort mit zahlreichen Jugendeinrichtungen, dem Nachbarschaftstreff und den interkulturellen Gärten wird seit einigen Jahren erfolgreich entwickelt und soll nach Ablauf des Quartiersmanagementverfahrens einen Ankerpunkt bilden.

Hierbei kann ein seit 2013 laufendes Pilotprojekt als Referenz dienen, auf das Petra Patz-Drüke, Leiterin der Sozialraumorientierten Planungskoordination in Mitte, verwies. Denn in Moabit und Wedding wird gegenwärtig erprobt, wie sich bestehende Stadtteilzentren zu Ankerpunkten im Quartier entwickeln und Teilaufgaben des Quartiersmanagementbüro tragfähig ausbauen können.

Im Januar 2014 bilanzierten Elke Fenster vom Moabiter Ratschlag e.V., Träger des Stadtschloss Moabit – Nachbarschaftshaus und Ruth Ditschkowski von der Fabrik Osloer Straße e.V., Träger der NachbarschaftsEtage unter anderem:

Durch die neue Rolle sind die Stadtteilzentren – im Gebiet wie auch der Verwaltung und Politik gegenüber – mehr in Erscheinung getreten und sie wurden in der Öffentlichkeit bewusster wahrgenommen. Zustimmung gab es insbesondere da, wo die Stadtteilkoordination in bisher wenig entwickelten Bereichen koordinierte und Bedarfe aufgriff, um die sich bisher niemand erfolgreich gekümmert hatte.

Als positiv hat sich gezeigt, dass die Aufgaben der Stadtteilkoordination durch bereits seit vielen Jahren im Stadtteil verankerte Einrichtungen übernommen und diese durch das Bezirksamt selbst beauftragt wurden. So konnte die Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Stadtteilzentren mit Blick auf die Bedarfsdeckung im Stadtteil und dessen attraktivere Gestaltung befördert werden.

Potsdamer Straße quo vadis?

Über die Entwicklung und die Identität der Potsdamer Straße – hier in den Grenzen der QM Gebiete Magdeburger Platz und Schöneberger Norden – wird seit Jahren diskutiert. Mit Abschluss des QM-Verfahrens (im Schöneberger Norden steht die Entlassung aus dem QM-Verfahren in einigen Jahren ebenfalls an), wird es Sache der hier wohnenden und/oder arbeitenden Menschen sein, den Kiez nach ihren Vorstellungen zu gestalten. Mehrere Projekte zur Stärkung des Gebietes haben in den vergangenen Jahren AnwohnerInnen und Gewerbetreibende einbezogen.

Zur Zeit läuft eine Ausschreibung für das Projekt Leitbildentwicklung Potsdamer Straße: Weiterentwicklung der Gewerbe-, Eigentümer-, Medien-, Kunst- und Kulturnetzwerke an der Potsdamer Straße“. Es soll „dazu beitragen, die Vernetzung der verschiedenen Akteure nachhaltig voranzutreiben, eine Definition des zukünftigen Leitbilds für die Potsdamer Straße mit diesen Akteuren gemeinsam zu entwickeln und die Öffentlichkeitsarbeit für den Standort weiter zu forcieren.“

Tiergarten in spe

Bleibt die Klärung einer sehr spannenden Frage, dessen (gefühlte und praktische) Beantwortung ebenfalls zukunftsweisend sein kann. Seit 1999 wird das QM-Gebiet Magdeburger Platz/Tiergarten-Süd zwischen Landwehrkanal, Kurfürstenstraße, Flottwellstraße und Lützowplatz. Doch verwaltungstechnisch sieht es etwas anders aus:

Tiergarten-Süd gehört zum Bezirk Tiergarten und dieser wiederum ist ein ehemaliger Verwaltungsbezirk von Berlin. Er wurde 1920 gegründet und bestand bis Ende 2000. Seit dem 1. Januar 2001 gehört das Gebiet des Bezirks zum Bezirk Mitte.

Gewiss, die Verstetigungsphase wird sich zunächst schwerpunktmäßig auf Tiergarten-Süd und die gewachsenen und gedachten Strukturen beziehen. Denkt man den Teilbezirk Tiergarten jedoch in Verwaltungsstrukturen gehören auch der Große Tiergarten, das als Tiergartenviertel bekannt gewordene Gebiet zwischen dem Großen Tiergarten und dem Landwehrkanal mit dem Botschaftsviertel, der Zoologische Garten und das Lützowviertel zwischen Landwehrkanal und der Bezirksgrenze zu Schöneberg dazu.

Deshalb ist es unabdingbar, in den kommenden Jahren neue Nachbarschaften kennen zu lernen und damit neue Potenziale zu erschließen. Der Verstetigungsprozess verspricht also spannend zu werden. Besonders wenn sich aus den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen, Gewerben und Institutionen viele Menschen beteiligen.

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