„Seit drei Jahren senden uns Leser ihre Bilder von gefährlichen Stellen im Berliner Radverkehr. Diese zeugen vom Unwillen, das Fahrrad als Verkehrsmittel ernst zu nehmen,“ war der Teaser des gestrigen Tagesspiegel-Artikels Kampfparker, Fehlplanungen und wilde Baustellen.
Ich finde es prima, dass sich LeserInnen dieses Mediums des Themas in einer Art Langzeitbeobachtung annehmen. Und ich danke dem Tagesspiegel, das er diese Missstände mit einer Auswahl von Zeitzeugenbildern und ausführlichen Erklärungen schonungslos und bis auf die Felge offen legt.
Ich konnte heute auf einer fünfminütigen Fahrt entlang des Fernradwanderweges Berlin-Leipzig ( Streckenabschnitt Bülowstraße) die Aussagen in einer Art Selbstversuch 100% bestätigen. Ich fahre da täglich lang, aber heute mit Smartphone war es dann doch eine besondere Recherchefahrt und ich war mir meiner Aufklärungsarbeit auf kribbelnde Art bewusst.
Ja, ich weiß, dieser Radwanderweg ist noch im Bau. Und damit hier wirklich nichts schief geht, hat man sich viele Jahre mit der Planung Mühe gegeben. Ich will wirklich nicht durch negative Kritik alles verderben, doch m.E. hat man vergessen, mal einen Testperson dort auf Rädern – meinetwegen auch Dreirädern – entlang zu schicken. Auch dazu äußerte sich der Tagesspiegel vor kurzem.
Also mal chronologisch von Nord nach Süd. Vor einigen Jahren wurde durch den Nelly Sachs Park eine breite Schneise geschlagen, vermutlich weil die Vermutung bestand, dieser Fernradwanderweg würde so populär, dass ansonsten Fahrradstaus zu befürchten seien.
Doch dann wurde, hoppla, bemerkt, dass der tägliche Radfahrverkehr sich nicht vorschriftsmässig den Weg rechts um die Kirche (im Hintergrund) bahnte, sondern auf den linken Gehweg auswich. Doch da lässt man sich ja beim Radfahr-Planungsamt nicht lumpen und kam flugs mit einem Ausweichplan daher. Dieser ist so gedacht – die RadlerInnen fahren einfach gerade aus weiter, halten sich dann links und enden dann auf einem zu bauenden Radweg, der links an der Kirche und neben der Bül0wstraße lang führt.
Super Idee – doch was passiert mit dem Gegenverkehr?
Ach ja! An Autos aus der Gegenrichtung vorbei zu kommen – kein Problem! Das sind geübte RadlerInnen aus anderen Verkehrszusammenhängen gewohnt. Und die freie Fahrt auf dem neuen Radweg ist ja schon zu ahnen. Wenn ja wenn…… Ach, die Motorroller kommen weg. Und die Bäume.
RadfahreInnen, die hier öfter langfahren, freuen sich auf jeden Fall jetzt schon die Klingel ab, weil sie nicht mehr über norwegischen Barsch und durch Rentierblut beim Restaurant Munchs Hus strampeln werden.
Und dann können alle so richtig Fahrt aufnehmen. Denn die Mitmenschen, die zum Postkasten und zur Bushaltestelle und über die Ampel wollen, werden sicherlich die Äuglein weit nach rechts und links offen halten und flugs zur Seite springen. Die Tauben, die zu Hauf hier in der Gegend unterwegs waren, sind irgendwie auch nicht mehr da und werden sich deshalb auch nicht zum Schlafen auf den Radweg legen.
Dann flugs eingebogen auf die bereits jetzt vorhandene Straße. Die Belieferungsfahrzeuge werden in den Toreinfahrten halten und Autos sanft bremsen. Und schon ist die Yorckstraße in Sicht.
Darüber, dass dieser Bereich bis Ende 2015 im Zuge des Umbaus der westlichen Vorplätze an den Yorckbrücken in Parkplätze verwandelt werden soll……
Also wirklich – das jetzt echt schon zu weit gedacht. Das sind doch zwei Bauvorhaben. Und wenn wir jetzt schon nach gefühlter 10jähriger Bauzeit so weit gekommen sind auf dem Weg nach Leipzig, dann werden die Berliner Radwegplanungsgrößen auch hier demnächst mit einer tretsicheren Lösung aufwarten.