Das Portrait ist entstanden im Rahmen des Kurses “Online Journalismus – Recherchieren und Bloggen”des Career Center der Humboldt Universität.
Die Strapazen der ausklingenden Mittelohrentzündung merkt man der munteren Rocio nicht an. „Wir müssen uns nur so hinsetzen, dass ich dich auch gut verstehen kann“. Gesagt, getan, und gleich erzählt sie, woher ihr für deutsche Ohren so ungewöhnlich klingender Name stammt. „Er kommt aus dem Spanischen und bedeutet Morgentau.“ Passt auch ganz gut; sie mag die Kühle am Morgen, wenn die Straßen noch leer sind.
Geboren ist sie in Berlin, Kreuzberg. Heute lebt sie wieder dort. Sie freut sich über all die Kneipen, die wie Pilze aus dem Boden schießen, aber sie hat auch Angst davor, ihre Wohnung zu verlieren, wenn die Mieten weiter steigen. Schließlich geht für sie eigentlich nichts über Berlin, ihre Heimat. „Ich reise auch viel und gern aber ich freue mich auch jedes mal wieder zurückzukommen.“
Bevor sie sich für Germanistische Linguistik und Sozialwissenschaften einschrieb, arbeitete Rocio als Therapeutin. Jedoch hat sie bald eingesehen, dass sie nicht ihr Leben lang in diesem Beruf bleiben wollte. „Der Gesundheitsbereich in Deutschland ist schlecht organisiert und schlecht bezahlt und bringt den betroffenen Menschen meist nicht viel – ich wollte mich einfach nicht kaputt arbeiten.“
Mit ihrer Studienwahl ist sie zufrieden. Sie lektoriert gern nebenbei, oft für Freunde. Ihr gefällt es, die Brücke zwischen der Theorie ihres Studiums und der Praxis zu schlagen.
Diese Einstellung würde sie auch gern in den Medien stärker repräsentiert sehen. „Ich kriege zwar die Informationen, ungefiltert, aber wie soll ich damit umgehen?“. Ihr fehlt oft der praktische Bezug, so wie bei Martha Gellhorn, deren Tagebücher sie nur wärmstens jedem empfehlen kann. „Sie war eine beeindruckende Person, mit Pioniergeist, die den Dingen zugleich offen und kritisch entgegen getreten ist.“ Das ist, was man ihrer Meinung nach unbedingt lernen sollte.
Und dann schwärmt sie wieder für ihre Stadt. Sie liebt „das Vielfältige – dass es alles gibt.“ Die Anonymität macht ihr nichts aus. Schließlich lebt sie auch in einer WG mit ihrer Katze. Mit der verbringt sie gern die Abende auf dem Balkon. „Unten ist der Späti und der Lärm von der Straße“. So hat sie es am liebsten.