Von HU-Gastbloggerin Charlotte
In einem kleinen Geschäft an der lauten Yorckstraße befindet sich eine interessante Ansammlung: Geschwungene Instrumentenkorpusse, Feilen aller Größen, delikate Muster in dünnen Holzplatten, eine Tasse Kaffee und ich, die abgesehen von der Blockflöte noch nie ein Instrument gespielt hat. Zum Glück ist Kazim Cevik mit dieser Konstellation vertraut und froh, sein Wissen über die Gegenstände in seinem Laden zu teilen.
Kazim Cevik war schon von klein auf von diesem Instrument fasziniert und beschloss die Musik zu seiner Karriere zu machen. In dem Konservatorium für türkische Musik Ege studierte er türkische Musik, Musiktheorie und Instrumentenbau. Er erklärt mir, dass es damals für Musiker üblich war, die Instrumente selbst zu bauen – was er selbst nun bereits seit 15 Jahren praktiziert.
Nach dem Abschluss an der Universität in 2005 entschied er sich ein Jahr später, nach Deutschland zu ziehen und arbeitete als Ausbilder für Zupfinstrumentenbau im Konservatorium für türkische Musik. Er eröffnete das Atelier Cevik, um selbstgebaute Instrumente anzubieten und Musikunterricht zu geben. Die Renovierung dauerte 4 Monate bis das Geschäft im Mai 2013 eröffnet wurde. In dem Zeitraum baute Kazim Cevik auch die komplette Inneneinrichtung selbst. Für die Kunden war sie so schön, dass einige mehr an dem Erwerb von einen Tisch anstatt einer Bâglama interessiert waren.
Bâglama und Saz sind Lang- und Kurzhalblauten aus dem Mittelmeerraum, die traditionell in der türkischen Volksmusik gespielt werden. Sie sind die Vorgänger der europäischen Laute und werden auch in anderen arabischen und europäischen Ländern gespielt, wenn auch mit anderen Namen und Bundsystemen. Das Bâgmala ist das Hauptinstrument der türkischen Volksmusik und kann mit der Beliebtheit des Klaviers in europäischen Ländern verglichen werden. Das Instrument wird zunehmend international anerkannt und wurde so 2013 das Instrument des Jahres. Im selben Jahr eröffnete Kazim Cevik das Atelier Cevik.
Kazim spricht mit viel Zuneigung über Geschäft. „Ich mache alles mit Liebe und freue mich wie ein Kind, wenn ich Instrumente baue und Unterricht gebe“.
Er erzählt, dass es wenig orientalisch orientierte Geschäfte gibt. Sein Laden ist eine Möglichkeit die Menschen zu erreichen, „die Gesellschaft in Berlin zu bereichern“ und durch Erzählungen und durch das Beantworten von Fragen einen Kulturaustausch anzuregen. Wenn Herr Cevik auf Messen wie „Das Upgrade Mandolin Guitar Bâglama Festival in Berlin“ seine Instrumente ausstellt, fällt ihm auf, dass Besucher, die das Instrument nicht kennen, reges Interesse daran haben etwas darüber zu lernen. Oft stellt er das Bâglama dann durch ein spontanes Konzert vor.
Er stellte fest, dass sich in großen Läden „niemand um dich kümmert“ und wirkt dieser Mentalität in seinem Geschäft entgegen.
Die Kundschaft in seinem Laden ist international und weiß die gute Betreuung zu schätzen. Neben türkischen und arabischen Kunden, die ihre kulturelle Tradition pflegen, gibt es viele deutsche Kunden, von denen die meisten bereits ein Instrument spielen und nach etwas Neuem suchen. Häufig besuchen Menschen das Geschäft aus Neugier, doch „wer einmal kommt, kommt immer wieder“, meint Kazim mit einem Schmunzeln. Es besteht ein persönlicher Kontakt zwischen ihm und seinen Kunden. So bekommt er öfter Besuch zum Austausch über die Musik, wenn nach dem Ansehen von einem YouTube-Video die Frage aufkommt, wie das Stück eigentlich gespielt wird. Außerdem unterstützt er andere Musiker, indem er ihnen die Möglichkeit gibt, Plakate für Konzerte in seinem Laden aufzuhängen. Teilweise besucht er die Veranstaltungen auch selbst.
Kazim Cevik findet, dass die „Spezialisierung auf ein Genre der Musik nicht gerecht wird und man alles hören muss“. Deshalb beschäftigt er sich nicht nur mit klassischer türkischer Musik, sondern unternimmt auch Ausflüge in Soul, Jazz und andere Musikrichtungen.
An der Atmosphäre in Berlin gefällt ihm die kulturelle Vielfalt, die den Austausch zwischen Kulturen ermöglicht. Es sind zahlreiche Traditionen in Berlin auffindbar, die das Lernen von indischer und chinesischer Musik möglich machen. Außerdem wirkt die Stadt wie ein „eigenständiges Land“, dass mit seiner liberalen Mentalität allen Einwohnern Toleranz entgegenbringt.
Kazim ist gerne überall unterwegs, aber zeigt auch viel Zuneigung zu seinem Standort in der Yorckstraße. Lachend meint er, dass „die Nachbarn auch zufrieden sind, dass ich da bin.“ – eine Sentimentalität, der ich gerne zustimme.
Der Artikel ist entstanden im Rahmen des Kurses “Online Journalismus – Recherchieren und Bloggen” des Career Center der Humboldt Universität.