von HU-Gastbloggerin Miriam
Er käme „aus dem Herzen von Hessen, aus der Nachbarschaft in der der Kannibale
von Rotenburg lebte.“ Armin Meiwes, der Mann, der einen anderen Mann getötet und ihn danach verspeist hat, war quasi Johannes Nachbar. Wen interessiert da noch der wirkliche Name seines Heimatortes?! Als Jugendliche sind der 26-jährige Wahlberliner und seine Freunde, nachdem der Fall deutschlandweit bekannt wurde, voller Angst und Abenteuerlust um das Haus geschlichen. Das ist das Erste, was ich über Johannes erfahre.
Wir treffen uns im Rahmen des HU-Career-Center Kurses Online Journalismus. Als einziger männlicher Teilnehmer unter fünfzehn Frauen schlägt er sich vorerst ziemlich gut. Nachdem wir den fünften Stock erklommen haben, erfahre ich nach und nach mehr über den braunhaarigen Typen im schwarzen Pulli, unter dem ein türkises T-Shirt hervorblitzt.
Nach seiner Ausbildung beim Dänischen Bettenlager darf sich Johannes Handelsfachwirt nennen, doch er wollte mehr. Also zog es ihn zunächst zum Geldverdienen bei TK-Maxx und Peek & Cloppenburg nach Berlin, um kurz danach ein BWL-Studium anzufangen. Er ist momentan im dritten Semester und es macht ihm auch immer noch Spaß. Für die Zukunft wolle er „so viel Geld verdienen, dass ich mir keine Sorgen machen muss“. An Berlin reize ihn, „dass es jeden Tag so viele Möglichkeiten gibt, man hat nie das Gefühl, nichts machen zu können, selbst ohne Geld“.
Seine WG in Charlottenburg ist eher eine Zweck-WG, doch das stört Johannes nicht, denn er verbringt seine Freizeit sowieso gerne im McFit Berliner Straße oder Heinrich-Heine-Straße. Zu seiner Familie hätte er ein „gutes Verhältnis“, zu seinem Bruder jedoch einen besseren Draht als zu seiner Schwester. Nach Hause würde er „deutlich seltener kommen, als ich vorhatte.“
Johannes ist der Älteste und wurde nach seinem Urgroßvater benannt, den er „aber gar nicht kannte.“ Nüchternheit spiegelt sich auch in seiner Selbstbeschreibung wieder, er sei, um es in einem Wort zu sagen, „logisch“. Einzig und allein in der Spielhalle gibt Johannes sich hin und wieder dem Zufall hin. Es ist also nicht verwunderlich, dass er auf die Frage, ob das Glas halbvoll oder halbleer sei, kurz mit seinen braunen Augen hin und herspringt und schließlich so antwortet: „Eigentlich würde ich halb leer sagen, aber es kommt drauf an, ob man gerade daraus trinkt oder es auffüllt“.
Das Portrait ist entstanden im Rahmen des Kurses “Online Journalismus – Recherchieren und Bloggen” des Career Centers an der Humboldt Universität.