Von HU-Gastblogger Sebastian
Ein Besuch im Biobistro Radieschen in der Pohlstr. 61
Mittagszeit. Zeit für eine gesunde Stärkung! Montag bis Freitag von 9-16 Uhr öffnet das Biobistro Radieschen seine Pforten, um hungrige Büroangestellte, Anwohner und alte Stammkunden gleichermaßen zu verköstigen. Ich durfte mit der Besitzerin Semira Sahyazici über das vegan-vegetarische Konzept ihres Bistros sprechen:
Es ist kurz vor 11 Uhr, die Ruhe vor dem (An)Sturm. Spezialisiert auf den Mittagstisch, findet der Hochbetrieb meistens von 12-14 Uhr statt. Während in der Küche die Vorbereitungen noch auf Hochtouren laufen, beginnen Semira und ich mit unserem Interview. Sie empfängt mich sehr freundlich, alles wirkt hier sehr familiär und vertraut. Noch bevor wir überhaupt zum eigentlichen Interview kommen, fragt sie mich nach meinem leiblichen Wohlbefinden, ob ich nicht gern etwas zu Essen oder Trinken mag und bietet mir einen Powersmoothie an, den ich dankend annehme. Wirklich sehr zuvorkommend und ein Sinnbild für Semiras Ansichten und Überzeugungen, auf die ich im Verlaufe noch zu sprechen komme.
Das Konzept vom Biobistro
Beim ersten Eintreten fällt sofort das große Bild eines Radieschen an der Wand hinter dem Tresen auf. Das Biobistro gibt es in der Form schon länger, damals noch unter dem Namen „Ölweide Bistro“ neben fast gleichnamigen Ölweide Bistro. Semira arbeitete bereits seit der Eröffnung 2010 im Ölweide Bistro, bevor sie es schließlich 2015 unter neuem Namen übernahm. Das Radieschen zierte bereits damals die Wand und so war die Namensgebung für sie ein Leichtes.
„Welche konkreten Schwierigkeiten gab es vor der Eröffnung?“ und Semira entgegnete mir damit, dass anfangs war vor allem das männliche Publikum skeptisch war. So fiel die Frage „gibt es da nicht etwas mit Fleisch?“ wohl öfter als erwartet. Aber ihr gelang es, selbst diese größten Kritiker schnell umzustimmen! „Wir bereiteten auch Gerichte mit Seitan zu, dieser hat einen sehr fleischähnlichen Geschmack“ versicherte sie mir.
Alles biologisch-ökologisch
Das Bistro bot schon immer ein vegetarisches Angebot mitsamt Suppen an, seit Semiras Übernahme wurde es auf vegan erweitert. Die Lebensmittel werden regional von Terra bezogen und nach Möglichkeit auch nur saisonal verwendet (z.B. Rotkohl in der Herbst- und Winterzeit). Backwaren kommen aus der Backstube in der Wassertorstraße in Kreuzberg. Man will damit vor allem die Kleinbauern und regionale Anbieter unterstützen. Es wird darauf geachtet, dass nichts weggeworfen und nicht unnötig viel Abfall produziert wird. Oft bleibt nichts übrig und die Speisen sind komplett ausverkauft. Dafür sorgt die jahrelange Erfahrung von Semira & Co., die genau wissen, wie viel an Essen vorzubereiten ist.
Der USP (unique selling point) ist, dass wirklich alles BIO-Qualität besitzt, bis hin zu den Gewürzen! Das ist hier im Umfeld der Potsdamer Straße wirklich einzigartig. Trotzdem sind die Preise sehr human!
Was gibt es zu essen?
Neben Kaffee und hausgemachtem Kuchen zum Frühstück, die aber auch ganztägig verfügbar sind, den frisch gepressten Säften und Powerdrinks, liegt das Hauptaugenmerk vor allem auf dem Mittagstisch, der zwei täglich wechselnde und frisch zubereitete Tagesgerichte bereit hält. Eines davon ist auf jeden Fall vegan. Die Rezepte sind aus aller Welt inspiriert, weshalb es keine feste Richtung gibt. Ob ukrainischer Bortsch, Rote-Beete-Cremesuppe, Pastinaken-Apfel-Suppe oder italienische Küche, hier ist für jeden Geschmack etwas dabei.
Wer kommt hier zusammen?
Es ist ein kleiner, familiärer Laden, der Platz für maximal 30 Leute umfasst, wobei bei gutem Wetter noch einmal zusätzlich 20 im Außenbereich Platz finden. WLAN sucht man hier vergebens und zwar ganz bewusst! Vor allem basiert das Konzept darauf, dass sich die Menschen vor Ort treffen, sich unterhalten und genießen. „Die Kunden fühlen sich hier wie zuhause“, es wird geduzt und Semira kennt viele Kunden namentlich, da es sich um Wiederholungsesser handelt. Umso weniger verwunderlich also, das viele das erste Mal auf Empfehlung hierherkommen.
Überhaupt ist das Klientel sehr viel bunter und farbiger geworden, als es vor ein paar Jahren noch der Fall war. „Es ist sehr interessant, wie sich die Potsdamer Straße weiterentwickelt hat und immer noch tut“ stellt Semira fest. Wo früher noch hauptsächlich Anwohner und Weltenbummler kamen, die auch heute noch zu ihren Gästen zählen, finden durch die neuen Galerien und Büros auch immer mehr Künstler, Touristen und viele Englischsprachige den Weg ins Bistro.
Semira würde jedenfalls alles noch einmal genauso machen. Sie ist sehr überzeugt von dem Konzept, da sie sich selbst schon von Kindheit an vegetarisch ernährt. Qualität hat für sie oberste Priorität und man spürt förmlich wie wichtig es ihr ist, „etwas Gesundes und Gutes anzubieten!“.
Deswegen ist sie jeden Tag hier, außer am Wochenende, wo auch geschlossen ist. „Es ist mir sehr wichtig, die Zeit mit den Liebenden zu verbringen. Es ist kein Familienbetrieb, aber die Arbeit ist sehr familiär“. Diese Gedanken übertragen sich auf den ganzen Betrieb und vielleicht werden wir in der Zukunft sogar die Eröffnung eines weiteren Biobistros unter gleichem Namen miterleben?! „Warum nicht, alles ist möglich!“ entgegnet sie mir engagiert.
So bleibt mir am Ende noch zu sagen, dass sich ein Besuch immer wieder lohnt, allein schon wegen der täglich wechselnden Tagesgerichte, oder um mit Semira persönlich zu quatschen, so wie ich es tat.
(Kontakt: semira.sahyazici@googlemail.com)
Der Artikel ist entstanden im Rahmen des Kurses „Online Journalismus – Recherchieren und Bloggen“ des Career Centers an der Humboldt Universität.