Der demographische Wandel geht auch nicht an den Menschen mit Einwanderungsgeschichte vorbei. Ganz besonders die sogenannten Gastarbeiter*innen der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts sind im pflegebedürftigen Alter angekommen und sehen sich mehr und mehr mit Herausforderungen konfrontiert, ihren Bedürfnissen entsprechende Einrichtungen zu finden.
Dieses Thema wird in den unterschiedlichen Diaspora-Gemeinschaften immer wichtiger und „brennender“ diskutiert. Allem Anschein nach scheinen die sogenannten kultursensiblen Angebote die Nachfrage kaum zu decken. Hinsichtlich des zu erwartenden steigenden Bedarfs wollen wir mit zwei Expertinnen dieses wichtige Thema erörtern und diskutieren. Wie sieht kultursensible Pflege aus? Wieviel Angebote müssen noch geschaffen werden? Wie ist die aktuelle Gesetzgebung hinsichtlich des Faktors Kultursensibilität zu bewerten? Wie wird die weitere Entwicklung in dem Sektor, auch im Hinblick auf die zu uns gekommenen, geflüchteten Menschen, gesteuert werden müssen? Ich wurde von der AG Migration Tempelhof-Schöneberg von Ayten Doğan und Orkan Özdemir eingeladen, um diese und weitere Fragen am 04. April 2017 beim Treffen im Huzur zu besprechen.
Kultursensible Pflege
Aus „Gastarbeitern“ werden Migranten, die nun in ihrem Alter, wie viele, pflegebedürftig sind. Aufgrund ihrer Herkunft, stellt dies jedoch für das Pflegepersonal eine große Herausforderung dar, denn sie müssen immer öfter kulturelle, religiöse und spirituelle Wünsche des zu Pflegenden berücksichtigen. Hier ist die Kompetenz und die Toleranz des Pflegenden gefragt. Es kann sein, dass Sie mit den Wünschen vielleicht nicht so gut vertraut sind. So kann es passieren, dass es zu Missverständnissen kommt, welche die Pflege behindern. Dies kann bei einem Migranten auch ein Gefühl der Diskriminierung hervorrufen. Darum muss kultursensibel gepflegt werden, doch dies ist leichter gesagt, als getan. Es ist wichtig zwischen Kultur, Religion und Nationalität zu unterscheiden, denn beispielsweise ist nicht jeder Türke automatisch Moslem.
Mit der Zeit wurden bereits Fortschritte für eine Bessere Umsetzung gemacht. Migranten werden mehr und mehr in Pflegekonzepte einbezogen. Es werden Pflegekräfte mit Migrationshintergrund eingestellt, die wertvolle Erfahrungen mitbringen und somit auch eine würdevollere Betreuung und Pflege ermöglichen.
SPD Bundestagabgeordnete Mechthild Rawert erklärt, dass es nicht reichlich genug Untersuchungen zu den Kulturkreisen gibt, was eine große Aufgabe ist, um erst einmal die „kultursensible Pflege“ zu verstehen und umsetzen zu können. Wie ist das Familienverständnis? Wie sieht es mit der Männer-/ und Frauenrolle aus? Es kann kein allgemeingültiges Konzept zur Pflege und Betreuung geben.
Eine wachsende Zahl von Altenpflegeeinrichtungen möchten sich migrations-, kultur- und religionssensibel aufstellen. Es wird an einer Projektplanung gearbeitet die unter anderem die Personal-, Qualitäts- und Organisationsentwicklung umfasst. Maßnahmen sollen anschließend in die Strukturen eingebaut und beständig gemacht werden.
Der Artikel ist entstanden im Rahmen des Kurses „Online Journalismus – Recherchieren und Bloggen“ des Career Centers an der Humboldt Universität.