Donnerstag abend, Sturmtief Friederike fegt eisig durch die Kurfürstenstraße, das Gemisch aus Schnee und Regen brennt im Gesicht.
Selbst bei diesen ungemütlichen Bedingungen suchen Freier Sex auf der Straße, im Auto und in den noch wenigen verbliebenen Nischen im Straßenumfeld. Dicht gedrängt stehen heute die Sexarbeiterin auf der nördlichen Seite vor dem Bauzaun. Die Nachfrage gilt es zu bedienen.
Schnell von der Straße in das Gemeindehaus. Bei der Suppenküche „Apostelstuben“ scheint es wieder so voll zu sein, dass einige der Gäste im Eingangsbereich und nicht in dem Raum im Keller ihr Essen einnehmen.
Hinauf in den ersten Stock. Dort warten bereits circa 200 Menschen auf den Beginn des Benefizkonzertes für die Mittwochsinitiative. Seit über 25 Jahren bietet sie Sexarbeiter*innen und Heroinsüchtigen für ein paar Stunden in der Woche eine warme Mahlzeit, einen ruhigen Ort für einige Stunden und die Möglichkeit sich in der Kleiderkammer zu bedienen.
Hinzu kommen Spritzentausch, Ausgabe von Kondomen und eine einfache medizinische Versorgung. Letztere Angebote werden allein durch Spenden finanziert und in letzter Zeit war die Lage mehr als prekär. Familien-, Gemeindemitglieder, Freund*innen – alle hatten bereits mehrfach gespendet und sie noch einmal anzusprechen, war schwierig.
Und so kam Stefan Schmidt vom Duo DS Delgado Schmidt auf die Idee mit dem Benefizkonzert. Der professionelle Pianist hat vor neun Jahren den Straßenchor initiiert, der ebenfalls in den Räumen der Zwölf-Apostel-Kirchengemeinde beheimatet ist. Und in der sehr vielfältig aufgestellten Gemeinde, herrscht und allen Aktiven ein reger Austausch und so entstehen immer wieder Synergien.
Die Atmosphäre in dem Gemeindesaal im ersten Stock ist bereits vor Konzertbeginn froh und vertrauensvoll. Die vielen Gäste und die Initiator*innen sind freudig überrascht über den großen Zulauf. Und der Abend entwickelt sich zu einem musikalischen Hochgenuss. Das Programm ist insgesamt anspruchsvoll, Stefan Schmidt und David Delgado spielen kaum Repertoirestücke ( ja, eine Brahmssonate und ein Mozartstück sind dabei), sondern bieten der Zuhörerschaft unbekanntere und moderne Kompositionen von Joaquín Turina und José María García Laborda.
Begeistert fordert das Publikum zwei Zugaben. Neben der Musik, ist auch diese Zuhörerschaft an diesem Abend ein Höhepunkt. Denn so heterogen finden sich selten Menschen zu einem klassischen Kammerkonzert für Violine und Klavier zusammen. Hier lauschen augenscheinliche Bildungsbürger*innen, die auch den Kammermusiksaal der Philharmonie frequentieren, Mitglieder der Straßenchores, Gäste der Apostelstuben, Gemeindemitglieder und Fans der Musiker.
Ihnen gemeinsam ist das Bedürfnis, die Arbeit der Mittwochsinitiative und damit gesellschaftliche Randgruppen wie Sexarbeiter*innen und Heroinabhängige zu unterstützen. Die Spendenbereitschaft ist so reichhaltig, dass sie die Arbeit für einige Monate sichert.
Und es wurde sofort schwärmerisch über Nachfolgekonzerte nachgedacht. Vielleicht sind dann auch mehr Kieznachbar*innen dabei.
Und übrigens: Wenn Sie bis dahin die Mittwochsinitiative finanziell sichern möchten, dann können Sie über das Spendenkonto tun.
Mittwochs-Initiative e. V.
Bank für Sozialwirtschaft
IBAN: DE65 1002 0500 0003 3871 00
BIC: BFSWDE33BER
Wer Fragen hat oder selbst ehrenamtlich mithelfen möchte kann die Mittwochsinitiative unter mittwochs-initiative@gmx.de kontaktieren.