Wer öfter im Berliner Ortsteil Tiergarten über den Lützowplatz flaniert, dem wird sicher das ein oder andere Mal ein weißes Haus mit bunten Lettern auf der Fassade ins Auge gestochen sein. Auch ich stolperte über das ,,Haus am Lützowplatz“ und wollte mehr über diesen Ort erfahren.
Von der Stadtvilla zum modernen Ausstellungszentrum
Das Lützowviertel war bereits in der Weimarer Republik Zentrum des Berliner Kunsthandels und so steht außer Frage, dass auch das Haus am Lützowplatz eine bewegte künstlerische Geschichte vorzuweisen hat.
Ursprünglich wurde das Haus 1873 als Stadtvilla für die Familie Zimmermann errichtet, allerdings erwarb der jüdischen Kaufmann Egon Sally Fürstenberg kurz darauf die Immobilie. Im Zuge des Nationalsozialismus war der neue Besitzer jedoch gezwungen zu emigrieren, so kam es schließlich dazu, dass der Verein Berliner Künstler die Örtlichkeit erstand und sie als Bibliothek und Archiv verwendeten. Das Haus wurde im Zweiten Weltkrieg zwar enorm beschädigt, doch dank der Unterstützung des Malers Nikolaus Sagrekow wurde die Wiederaufbaugenehmigung erkämpft, sodass das ,,Kulturzentrum am Lützowplatz“ ab 1950 wieder in neuem Glanz erstrahlen konnte. Um die Gefahr zu umgehen, dass dieser kulturelle Treffpunkt der Öffentlichkeit entzogen werden könnte, rief der Berliner SPD-Senat unter Willy Brandt den Trägerverein ,,Förderkreis Kulturzentrum e.V.“ ins Leben. Ab diesem Zeitpunkt konnten in regelmäßigen Abständen abwechslungsreiche Ausstellungen bestaunt werden. Gesehen wurde der Ort als Begegnungsstätte im Sinne eines Kulturclubs, stets eng verbunden mit dem Ziel politische Bildung zu fördern.
Dass im Haus am Lützowplatz Kunst ein Zuhause gefunden hat, lässt sich schon an dem äußerlichen Erscheinungsbild feststellen. Die auffällige Edelstahltreppe im Eingangsbereich, wurde 1988 von Volkmar Haase entworfen und ist nicht zu übersehen. Auch die ungewöhnlichen Parolen, welche die Fassade in Regenbogenfarben erstrahlen lassen, lässt auf künstlerische Entfaltung schließen. Die Worte ,,Orte für Kunst“ ; ,,Die Kunst soll ein Zeichen setzen“ ; ,,Rolle der Kunst“ sowie ,,ein wichtiger visueller und emotionaler Bezugspunkt“ wurden von Christian Janowski unter dem Titel ,,Große Geste“ ausgewählt (ursprünglich für den BER) und prangern seit 2016 am Haus am Lützowplatz.
,,Beyond the Moon“
Meine Neugierde war geweckt, deshalb beschloss ich dem ,,Haus am Lützowplatz“ einen Besuch abzustatten und einen eigenen Eindruck zu gewinnen.
Da grade die neue Ausstellung ,,Beyond the Moon“ beworben wurde, entschied ich mich bei der Eröffnungsveranstaltung vorbeizuschauen. Laut dem Flyer wirft die Ausstellung ,,einen Blick auf die irrationalen, manchmal zerstörerischen Züge des Ich-Seins“. Durch das Auge der Künstler*innen soll im Kontext der dunklen Seite des Mondes, eine Konfrontation mit den verborgenen Facetten der eigenen Existenz vollzogen werden. Die Reflexion gesellschaftlicher Entwicklungen aus einer normativ-befreiten globalen Perspektive steht im Mittelpunkt der künstlerischen Entfaltung.
Das HaL verfügt über zwei separate Ausstellungsstätten zum einen die große Galerie und zum anderen die Studiogalerie, in welcher die von mir besuchte Veranstaltung stattfand. Dort angekommen empfing mich ein familiärer Trubel und fachliche Gespräche zwischen den Wein trinkenden Besucher*innen. Die Ambition einen blühenden Kulturklub zu etablieren ist scheinbar geglückt. Die jungen Kuratorinnen Green/Gonzales begrüßten nach einer ausgiebigen Zeit die Gäste. Insgesamt stellen fünf Künstler*innen verschiedener Kontinente ihre Werke aus, einige begrüßen die Gäste sogar vor Ort. Nach einigen Runden durch die Ausstellung blieb mir vor allem das Kunstwerk von dem südkoreanischen Künstler Dew Kim in Erinnerung, dessen Werke sich mit Religion, Sexualität und dem eigenen Körper beschäftigen. Ich konnte seine Installation einer Gebetsbank bestaunen. Das besondere war, das man weder zu Jesus oder einer Form von Gott aufschaute, stattdessen sah ich mich einem Video gegenüber, in dem ein Ei gepellt wurde. Laut Instruktion ein Sinnbild für die Frage allen Seins.
Auch dam Werk ,,Fine Lines“ der schwedischen Künstlerin Linnea Sjöberg konnte sich nicht entzogen werden – insbesondere wegen des strengen Geruchs der von dem Kunstwerk ausging. Die Künstlerin hatte Überreste vergangener Kunstperformances, wie Klamotten und Pelze, in getrocknetes Pergament aus Rindsleder gewickelt, um so das Thema Identität darzustellen.
Da für mich -als Kunst-Amateurin- die Zusammenhänge nicht sonderlich greifbar erschienen und ich die dunkle Seite des Mondes auch in Zukunft lediglich mit Pink Floyd verbinden werde, beschloss ich mir außerdem die Ausstellung ,,Der schwarze Hund trägt bunt“ von Eckart Hahn in der Großen Galerie anzuschauen.
In jedem Fall ist das ,,Haus am Lützowplatz“ einen Besuch wert, die lockere Atmosphäre der nicht kommerziellen Galerie und die regelmäßig wechselnden Ausstellungen ist für Kunstinteressierte sicherlich empfehlenswert – abgesehen davon ist der Eintritt kostenfrei.
Haus am Lützowplatz
Fördererkreis Kulturzentrum Berlin e.V.
Lützowplatz 9
10785 Berlin
#hausamluetzowplatz
Öffnungszeiten:
Di-So, 11-18 Uhr (während der Laufzeit von Ausstellungen)