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Der Tod Klaus-Jürgen Rattays – Fanal im Kampf um die Stadt

Von HU – Gastblogger Moritz Wichmann

Ich war 30, kam vom Lande, es war meine erste Demo – es war eine wahnsinnig aufgeheizte Stimmung“, so eine Zeitzeugin 29 Jahre später. „ An diesem Abend gab es bestimmt einige, die ihren ersten Stein geworfen haben, damals gab es keine Deeskalation, da wurden Passanten verprügelt“, erinnert sich die taz-Journalistin Plutonia Plarre, die ebenfalls dabei war. Am 22. September 1981 erreichte der Kampf um die Stadt in Westberlin seinen traurigen Höhepunkt. Im Zuge eines Polizeieinsatzes starb der Demonstrant und Hausbesetzer Klaus-Jürgen Rattay. Was war geschehen?

Zeitungsschnipsel_Rattay

Westberlin 1981

Im Jahre 1981 ist Berlin eine gespalttene Stadt. Auf der einen Seite ein Klüngel aus Immobilienwirtschaft und politischem Estabishment, das großflächig alte Häuser abreißen und neu bauen lassen will, auf der anderen Seite die Instandbesetzer der alternativen Szene, die sich leerstehende Häuser aneignen. Der Senat ist von der Welle an Hausbesetzungen zunächst überrascht und ohne Konzept, schafft es dann im Verlauf des Jahres langsam die Situation wieder unter Kontrolle zu bekommen. Hans-Jochen Vogel (SPD), von Januar bis Juni 1981 übergangsweise Regierender Bürgermeister von Berlin führt die Berliner Linie ein: Neu besetzte Häuser sollen innerhalb von 24 Stunden geräumt werden, alte werden nicht geräumt, solange die Besitzer keine konkreten Baupläne mit dem Haus haben.

Die Außeinandersetzungen werden härter, auf der Straße geht es zunehmend brutal zu. Im Dezember 1980 werden einem jungen Demonstranten von einem Einsatzwagen der Berliner Polizei die Beine zerquetscht. Im April stellt der linke Ermittlungsausschuss in einer Pressekonferenz die Frage: „”wer eigentlich ermittelt in Berlin gegen diejenigen Polizisten, die im Schutze der Nacht und in Hinterhöfen Leute ohne Rücksicht auf Leben und Gesundheit zusammenschlagen?”. Der Ermittlungsausschuss konstatiert schon damals: „Wir befürchten, daß die Fortsetzung dieser Polizeistrategie demnächst auch zu Todesopfern führen wird“. Einen Monat später liegt ein Mann infolge eines Polizeieinsatzes in aktuer Lebensgefahr auf der Intensivstation. Im Senatswahlkampf setzt sich währenddessen die CDU durch: Ab dem 11. Juni ist der Berliner Senat CDU-geführt. Der neue Innensenator ist Heinrich Lummer, ein deutschkonservatier Hardliner am rechten Rand seiner Partei. Er will in Berlin aufräumen und kündigt die Räumung von neun besetzten Häusern an. Für die Hausbesetzer eine Kampfansage.

Einer von ihnen ist Klaus-Jürgen Rattay. Er ist zuvor mehrere Monate durch Europa getrampt, zuhause in Kleve am Niederrhein hat er es nicht ausgehalten, hat sich mit verschiedenen Jobs als Gelegenheitsarbeiter durchgeschlagen. In Berlin schließt er sich den Hausbesetzern an. Er ist begeistert vom Zusammenhalt in der Szene. Ihm stinke es “wenn man dauernd unterdrückt wird, von anderen Wixern am Arbeitsplatz, vom Meister oder so“, erzählt er in einem Interview noch zwei Tage vor seinem Tod einem Kamerateam rund um den Journalisten Stefan Aust. Auf die Frage nach den bevorstehenden Räumungen sagt er: „Ich hab` Angst und ich hab gleichzeitig auch Mut zu kämpfen“.

Die Räumung von 9 Häusern

Am 22. September ist es schließlich soweit 2000 Polizisten räumen wie angekündigt die Häuser unter Protesten. Nach der Räumung hält Innensenator Lummer in einem besetzten Haus in der Bülowstraße 89 triumphierend eine Pressekonferenz ab. Eine Machtdemonstration. „In einem Aufwasch, ist das am Besten erledigt“ brüstet sich Lummer gegenüber den Journalisten. Vor dem Haus hinter den Absperrungen protestieren Hausbesetzer und Sympatisanten mit Sprechchören. Nach einiger Zeit beginnt eine hinzugezogene Hundertschaft der Polizei unter Schlagstockeinsatz die Bülowstraße in Richtung Potsdamer zu räumen. Die Demonstranten fliehen panisch vor der nachrückenden Polizei in den fließenen Verkehr auf die Potsdamer Straße. An der Kreuzung halten die Autos an, als sie die Demonstranten auf die Straße rennen sehen, ein Bus der BVG fährt nach der Rotphase wieder an und will die Kreuzung überqueren. Ab hier stehen sich zwei Versionen gegenüber.

Der Tod Klaus-Jürgen Rattays

Die erste ist die der Polizei und des Senats: Die Menge habe den Bus mit Steinen angegriffen, worauf der Fahrer versucht habe aus dem Gefahrenbereich herauszukommen. Klaus-Jürgen Rattay sei dabei vor den Bus auf die Stoßstange gesprungen und habe die Frontscheibe des Busses zerschlagen, den Bus also angegriffen. Dabei sei er unter den Bus geraten. Der Bus schleift Klaus-Jürgen Rattay etwa 80 Meter mit, bis er schließlich anhält. Der Busfahrer sagte später aus, er habe nicht gemerkt, dass Rattay unter den Bus geraten sei.

Der Ermittlungsausschuss, aber auch bürgerliche Medien wie der Tagesspiegel, veröffentlichen unter Berufung auf Zeugen eine andere Darstellung der Ereignisse. Rattay sei mit der Menge auf die Kreuzung gerannt, während der Bus wieder anfuhr. Er habe sich dabei in Richtung der, die Demonstranten verfolgenden Polizisten umgedreht, und habe so den anfahrenden Bus nicht gesehen. Andere Augenzeugen berichten, sie hätten sich durch einen Sprung gerade noch vor dem Bus in Sicherheit bringen können und hätten dann wütend mit den Händen an den Bus geschlagen. Der Bus jedenfalls sei unbeschädigt auf die Kreuzung gefahren. Viele Augenzeugen berichteten, bis der Bus Rattay überrollt habe, habe es keine Angriffe auf den Bus gegeben.

Rattay selber sieht laut Rekonstruktion der Zeugen den Bus erst im letzten Augenblick. Er reißt die Arme hoch, vielleicht, um den Busfahrer zu stoppen. „Dann gab es ein dumpfes ‘Plop’ und Klaus wurde umgerissen“ berichtet ein Zeuge in einer Dokumentation des Ermittlungsausschusses. Rattay sei zunächst durch die Wucht des Aufpralls mit dem Kopf gegen die Frontscheibe geschleudert worden und dann unter den Bus geraten. Diese Version bestätigt auch Wolfgang Meyer-Franck, damals Anwalt der Familie Rattay als die wahrscheinlichste. Meyer-Franck betont: „Der Busfahrer konnte eigentlich nicht sagen „ich hab nichts bemerkt“, er wurde von einem anderen Kollegen angefunkt „du hast jemanden angefahren, halte an!“ – und zwar mehrfach“.

Akte_Rattay

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Direkt nach dem Tod von Rattay besetzen die anwesenden Demonstranten die Straße mit einer Sitzblockade und beginnen eine Trauerkundgebung, die Stelle an der Rattay stirbt wird mit einem Meer von Blumen bedeckt. Die Polizei räumt mehrmals die Mahnwache, tritt die am Boden liegenden Rosen auseinander, wie auf Bildern zu erkennen ist. Spätabends ziehen dann 10.000 Menschen in einer Trauerdemonstration durch Westberlin. Danach entlädt sich die Wut militant. „Nach dem Tod von Rattay gab es viele Demos, da wurden Wannen umgekippt“ erinnert sich Plarre.

Die versuchte juristische Aufarbeitung

Die Staatsanwaltschaft ermittelt in der Folge gegen den Busfahrer wegen fahrlässiger Tötung, der Einsatzleiter wird nur als Zeuge vernommen. Schließlich werden die Ermittlungen eingestellt. Rechtsanwalt Meyer-Franck gelingt mittels eines Verkehrsgutachtens und einem Klageerzwingungsverfahren, dass die Ermittlungen nochmals aufgenommen werden. Im April 1983 werden die Ermittlungen endgültig eingestellt.

Direkt am Tatort habe es keine ausreichende Spurensicherung gegeben, die weisungsgebundene Staatsanwaltschaft habe nur zögerlich ermittelt – sie habe kein besonderes Interesse an der Aufarbeitung des Falls erkennen lassen. Ein weiteres Problem sei überraschenderweise die Vielzahl der Zeugen gwesen. Sechzig Zeugen, zusätzlich das vorhandene Bildmaterial: „Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass es soviele unterschiedliche Sichtweisen eines Vorgangs geben kann“ erinnert sich Meyer-Franck.

Im Einstellungsbeschluß heisst es dann schließlich: „…daß Klaus-Jürgen Rattay aufgrund der Räumung der Bülowstraße in den Kreuzungsbereich geraten ist wahrscheinlich, aber wie ausgeführt, nicht nachzuweisen“, dem Busfahrer sei zwar nachzuweisen, dass er die Kollision mit Rattay bemerkt habe, aber nicht, dass dieser unter den Bus geraten sei. Auch sei nicht klar, ob Rattay unmittelbar die Arme hochgerissen habe und gegen den Bus geprallt sei oder selbst handelnd tätig geworden und die Frontscheibe des Busses angegriffen habe.

Im Fall Rattays seien die Möglichkeiten der juristischen Aufarbeitung und Klärung an ihre Grenzen gestoßen. Solche Ereignisse könnten nur politisch aufgearbeit werden, so das Fazit von Meyer-Franck. Eine „harte Erfahrung“ sei das gewesen. Die Frage nach Schuld und die Frage nach der politischen Verantwortung bleibt ungeklärt. Für TAZ-Journalistin Plarre ist die Sache klar: „Letztendlich war natürlich Lummer verantwortlich, ich glaube es war so eine Art vorauseilender Gehorsam der Polizei ihm gegenüber“.

Die Hausbesetzer in der Defensive

Doch was waren die Folgen für die Bewegung? Im Zuge des Sommers 81 wurden bis zu 5000 Verfahren gegen Hausbesetzer und Demonstranten eingeleitet, schätzt der Ermittlunsausschuss in seiner Dokumentation des Falles. Der Druck von außen schweißt die Szene zusammen. „Man empört sich und wird politisiert, auf einmal war man ein Kollektiv in diesen Häusern“ erinnert sich Plarre. Direkt nach dem Tode Rattays habe erstmal „niemand verhandelt“.

Und doch ist mit dem Tode Rattays endgültig klar: „Hier geht es auch um Leben und Tod, das wurde dann allen klar und ich denke auch, dass das die Verhandlungsbereitschaft vieler Häuser erhöht hat“, so Plarre. Die Repression wirkt. Die Szene wird gespalten in friedliche Verhandler und militante Nichtverhandler. „Es gab immer die Forderung: Wir verhandeln, wenn es keine Räumung gibt“ erinnert sich Plarre. Doch der Senat lässt immer wieder räumen und schafft es damit die gegenseitige Solidarität der Hausbesetzer zu unterhöhlen. Die „Verhandeln nur ohne Räumungen“-Position wird in der Folge immer wieder und immer weiter aufgeweicht, immer mehr Häuser scheren aus der Front der Hausbesetzer aus und verhandeln. Die Hausbesetzer sind in der Defensive. Kurze Zeit später schließen 70 von 160 besetzten Häusern einen Vertrag ab, oder kaufen ihr Haus – der Rest wird geräumt.

Repressive Normalisierung

Und so markiert der Tod Klaus-Jürgen Rattays auch eine politische Zeitenwende. „Diese Wohnungs- und Hausbesetzungsproblematik war die wesentliche Herausforderung, als ich damals sehr kurzfristig nach Berlin kam“ erinnert sich Jürgen Vogel. Daran anschließend betont auch Richard von Weizsäcker im Interview mit dem RBB, dass er die Linie von Vogel ganz im Einklang mit diesem fortgesetzt habe.

Parteiübergreifend bestand also Einigkeit, das die Lage in der Stadt normalisiert werden musste, begann die Hausbesetzerbewegung doch, nachdem die eher akademische 68er Bewegung die intellektuelle Vorarbeit geleistet hatte, praktisch das „andere Leben“ in Form der Aneignung von Privateigentum, der kollektiven Lebensweise und der solidarischen Ökonomie zu organisieren. In Ansätzen eine andere Organisation des städtischen Lebens, die nicht kompatibel war mit der bürgerlichen Gesellschaft und deswegen von ihr nicht toleriert werden konnte. Der Tod von Klaus-Jürgen Rattay zeugt davon, das die Strategie der repressiven Normalisierung der Situation in Westberlin letztlich auch Tote in Kauf nahm.

Was ist geblieben? Die Hausbesetzer haben eine Modernisierung der Wohnungsbaupolitik und des städtischen Lebens durchgesetzt. Heute wird saniert statt abgerissen. Wohnformen wie die Wohngemeinschaft sind heute allgemein etabliert, wenn auch oft mehr der Notwendigkeit, als dem Wunsch nach kollektiven Leben geschuldet. Auch heute noch hat Berlin eine große alternative Szene. Und doch: Viele Hausbesetzer sind in den Schoß der bürgerlichen Gesellschaft zurückgekehrt. Vielen der legalisierten Häuser sieht man heute nicht an, dass sie einmal besetzt waren. Nahe der Todesstelle von Klaus-Jürgen Rattay befindet sich heute eine kleinen Gedenktafel, eingelassen in den Gehweg. Darin eingeritzt: Der Name des Toten. An Heinrich Lummer erinnert heute im Abgeordnetenhaus eine Büste, er ist heute nach mehreren Schlaganfällen ans Bett gefesselt. Opfer und Sieger im Kampf um die Stadt.

ausgewählte Quellen:

Ermittlungsausschuss: abgeräumt? 8 Häuser geräumt…. Klaus-Jürgen Rattay ist tot, Eine Dokumentation

RBB Doku: Häuser, Hass und Straßenkampf

Die Pallas hat sich ausgerast

Wer dieser Tage zu Fuß von der Goebenstraße kommend die Potsdamer Straße überquert, am Pallasseum vorbeigeht und dort vielleicht erst noch mal die Satellitenschüsseln bestaunt, bemerkt die Veränderung vielleicht gar nicht sofort. Doch allmählich sickert es ein. Autos fast im Schritttempo, weniger Geräusche, weniger Hektik. Was ist da los?

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Damit ist ein monatelanges Tauziehen zu einem guten Ende gekommen. Erfolgreich gezogen hat das “Aktionsbündnis Verkehrssituation Pallasstraße”, ein Zusammenschluss von AnwohnerInnen, Quartiersmanagement, QuartiersrätInnen, Schulen, Bibliothek. Pünktlich zum Schulanfang war dann auch die Senatorin für Stadtentwicklung Frau Ingeborg Junge-Reyer vor Ort und eröffnete die Tempo-30-Zone Pallasstraße. Bertram von Boxberg war mit der Kiezkamera dabei.

Nun trug sich vor ein paar Tagen folgende absurde Situation zu. Ein Anwohner trat aus dem Haus, freute sich an der neuen Verkehrsituation, bestieg sein Fahrrad, wunderte sich und fuhr über den neuen Zebrastreifen. Ganz fertig sah der noch nicht aus, doch die Autofahrer hatten ja nun in dem langsamen Tempo genügend Zeit, dieses Verkehrslenkungsmittel zu beachten und hielten korrekt an. Der Fahrradfahrer radelte hinüber UND kam jäh zum Stop. Ein Polizeibeamter hielt ihn an und sprach: “Ich muss Ihnen sagen, dass Sie einen Fußgängerüberweg nur zu Fuß, nicht aber auf dem Fahrrad fahrend überqueren dürfen. Ich muss Ihnen aber auch sagen, dass dies gar kein offizieller Fußgängerüberweg ist.”  Was also ist das: darf man nun oder nicht, oder wie? Weder Radfahrer noch Polizist wussten Antwort und trennten sich darob einvernehmlich kopfschüttelnd.

Da hatte sich ein Spaßvogel einen Eimer Farbe geschnappt und die Verkehrsberuhigung noch einmal beruhigt. Welch Kommunikation und Ideen Verkehrsberuhigung doch hervor bringt!

Einen Tag, nachdem ich diese Anekdote vernehmen durfte, begab ich mich an den Ort des Geschehens. Konnte nur noch schmähliche Überreste dokumentieren.

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Und auch nicht klären, wer da so fix zu einem “Wisch-weg-die-falschen-Zebrastreifen”-Mittel gegriffen hatte.

Dafür konnte ich sehen, dass Beamte die Tempo 30-Zone zur Geltung lassen kommen wollen. Immer wieder wiesen sie AutofahrerInnen freundlich auf die neuen Schilder hin.

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Das ist ja für AutofahrerInnen auch erstmal zu verdauen. Die Pallasstrasse ist 500 Meter lang und eingebettet in einen Straßenzug, auf dem man mal ruckzuck von Südwesten (Schönefeld-Süd) bis Südosten (Stahnsdorf) 25 Kilometer quer durch die gesamte Stadt fahren kann, ohne das Steuer zu sehr nach rechts oder links reißen zu müssen. Und da – auf einmal: Tempo 30!

Super!Herzlichen Glückwunsch an das Aktionsbündnis.

Denn die Geschwindigkeitsbegrenzung ist hier genau richtig. Hier sind die Spreewaldgrundschule, die Sophie-Scholl-Oberschule, die Stadtteilbibliothek Schöneberg Nord, die Katholische Schule St. Franziskus. Also jede Menge junger Menschen unterwegs.

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Zehlendorf oder Neukölln – Egal – Hauptsache weg!

Im Mai fand in der Kita Sonnenschein, Pohlstraße, ein Elterncafé zum Thema Prostitution statt. Elterncafés sollen die Begegnungs-, Gesprächs- und Informationsmöglichkeiten für Eltern in Schulen und Kitas in Tiergarten-Süd ermöglichen. Ein weiteres Ziel ist die Eigeninitiative und Teilhabe von Eltern zu stärken und ihr Bewusstseins und ihre Bereitschaft für die Erziehungsverantwortung zu mehren.

In Tiergarten-Süd gibt es seit Ende 2009 Elterncafés und und für diesen Tag im April stand das Thema „Prostitution im Kiez“ auf dem Programm. Circa 40 Mütter waren anwesend, die überwiegende Mehrheit mit Migrationshintergrund, denn trotz einer fünfzig-fünfzig Mischung in der Gesamtbevölkerung von Tiergarten-Süd sind Kinder mit Migrationshintergrund in den Bildungseinrichtungen überproportional vertreten.

Zusammenhänge interessieren nicht

Ich war von der Projektleiterin Yasmin Masch gebeten worden, die Geschichte der Prostitution zu behandeln. Durch die 3.000 jährige Prostituionsgeschichte flog ich ein etwa vier Minuten und widmete mich dann der Situation vor Ort. Hier gibt es den Straßenstrich in verschiedenen Ausformungen seit ungefähr 1880.

Doch schon nach wenigen Minuten wurde ich unterbrochen: „Die Geschichte interessiert uns nicht, wir sind aus anderen Gründen hier.“ Als andere Mütter widersprachen fuhr ich mit meiner Schilderung fort. Doch mit der Erwähnung des Prostitutionsgesetz von 2002 und der damit verbundenen grundsätzlichen Legalisierung von Prostitution auch auf dem Straße um die Kurfürsten- und Frobenstraße war mein Vortrag zu Ende.

„Immer hören wir von den Rechten der Prostitutierten,“ kam eine erboste Reaktion. Es folgte: „Was sind denn unsere Rechte?“ und „Ich möchte wissen, ob die Frauen auf dem Podium Kinder haben, sonst können Sie überhaupt nicht mitreden.“

Erboste AnwohnerInnen gegen den Strich.

Ich habe mir die Namen der circa fünf Frauen, die sich an der eineinhalbstündigen Diskussion am intensivsten beteiligten nicht notiert. Es geht nicht um Einzelpersonen. Sondern um die Bevölkerungsgruppen, die den Straßenstrich hier weg haben wollen und dabei wenig kompromissbereit sind.

So gab es vor einiger Zeit eine Initiative von AnwohnerInnen in der Zietenstraße hinter der Zwölf-Apostel-Kirche, die nachts auf die Straße gingen, um Freier und Prostituierte von unziemlichen Treiben in dieser Sackgasse und den Nachbarstraßen abzuhalten. Beim letzten Sonderpräventionsrat Prostitution im November 2009 in Schöneberg-Nord ging es so lautstark und heftig zu, wie es meistens der Fall ist, wenn dieses Thema verhandelt wird.  In diesen beiden Fällen waren AnwohnerInnen ohne Migrationshintergrund die protestierenden WortführerInnen. Die Argumente beider Gruppen sind kongruent.

Verständnis erbeten

An dem erwähnten Morgen wurden zumindest die erklärenden und zum Verständnis auffordernden Statements von Michaela Klose, der Leiterin des Frauentreffs Olga in der Kurfürstenstraße, höflich angenommen, doch eigentlich auch nicht weiter beachtet.

Anzeigen von Straftaten

Großes Interesse hingegen fand der Kontaktbereichsbeamte. Heftigen Vorwürfen, dass die Polizei ja doch nichts tue, erklärte er mehrere Male die einzige Vorgehensweise mit der AnwohnerInnen einen vermehrten Einsatz der Polizei erreichen können: Anzeigen, Anzeigen, Anzeigen von Straftaten.

Denn die Frauen berichteten von Vorkommnissen, bei denen eine Anzeige notwendig gewesen wäre. Eine Mutter berichtete, dass ihr Sohn und sein Großvater auf dem Weg zur Schule durch die Kurfürstenstraße gefahren seien und eine Prostituierte den Großvater sehr deutlich und vehement durch das offene Fenster hindurch als potenziellen Kunden angesprochen hatte. Eine andere Frau hatte offenen Vollzug der sexuellen Dienstleistung auf dem Parkplatz von Möbel Hübner beobachtet, einer weiteren war dies an der Schnittstelle Kluck- und Pohlstraße passiert. Glücklicherweise schauten ihre Kinder zu dem Zeitpunkt in eine andere Richtung. Eine weitere Frau berichtete von dem regelmäßigen Vollzug von Dienstleistungen in einem Hinterhof in der Pohlstraße.  Die nächste hatte eine Messerstecherei im Umkreis des LSD Sexkaufhauses beobachtet.

Die Frauen hätten Angst, sagte eine ihrer Sprecherinnen, die Polizei zu rufen. Sie wollten in Zukunft jedoch die Vorfälle auflisten und diese dann einmal im Monat an die Polizei übergeben. Doch auch dies kann von der Polizei nicht als ein Hinweis vermehrter Straftaten im Kiez angenommen werden.

Den Frauen wurde geraten, sich in sichere Entfernung zu der von ihnen beobachteten Straftat begeben und dann die Polizei rufen und eine Anzeige machen. Unumgänglich ist dabei die Nennung des Names. Anonyme Anzeigen tauchen in keiner Statistik auf. Doch es sei nicht gefährlich den Namen zu nennen, wurde immer wieder versichert, denn in den seltensten Fällen würden die Täter den Menschen nachstellen, die sie angezeigt hätten.

Doch warum ist es so wichtig, diese Fälle zur Anzeige zu bringen? Solange kein vermehrtes Anzeigenaufkommen statistisch nachweisbar ist, fährt die Polizei nicht vermehrt Streife durch die Straßen im Kiez. Auch die Zahl der Zivilbeamten, die regelmäßig vor Ort sind und natürlich nicht von der Bevölkerung als solche erkannt werden, kann nicht aufgestockt werden.

Die Frauen horchten auch interessiert auf, dass sie Vorfälle auch bei Olga melden könnten. Die Sozialarbeiterinnen suchen dann das Gespräch mit den Prostituierten und weisen immer wieder darauf hin, dass hier kein Sperrbezirk ist, sondern sie sich in einem Mischgebiet mit einem hohen Anteil an kinderreichen Familien befinden. Sie werden dann gebeten, sich an gewisse Spielregeln und Gesetze zu halten, zum Bespiel nicht direkt vor Kitas, Schulen und Jugendeinrichtungen zu stehen, PassantInnen nicht auf Deubel komm raus akquirieren zu wollen und auch das Umfeld der Moschee in Ruhe zu lassen.

Sperrbezirk oder am besten ganz weg

Der Kampf gegen den Straßenstrich hat die Mütter inzwischen soweit aktiviert, dass sie eine Unterschriftenaktion gestartet haben. „Wir Anwohner in Berlin-Tiergarten,“ heißt es da, „freuen uns über die Initiative von Stadtrat Carsten Spallek, die Prostitution örtlich und zeitlich zu begrenzen (Berliner Woche vom 14.4.2010). Es ist uns unbegreiflich, warum Bezirksbürgermeister Hanke seit Jahren nichts unternommen hat. Wir fordern eine zeitliche Begrenzung von 21 bis 6 Uhr und weitere Maßnahmen.“

Ob ein Sperrbezirk in Berlin durchsetzbar ist, ob er die Situation entschärfen oder im Gegenteil kriminalisieren wird – diese Fragen wurden im Elterncafé nicht diskutiert. Es war anscheinend nicht von Interesse. Die Mehrzahl der Frauen wollen den Straßenstrich nicht, Punktum.
Und so brausten zum Schluss die Emotionen auch noch einmal hoch. Soll der Straßenstrich doch woanders hin verlagert werden! Nach Zehlendorf? „Gute Idee, da haben wir keine Verwandte und Bekannte“. Nach Neukölln? „Egal, Hauptsache weg.“

Weit aus nicht so bunt wie es scheint

In einer Touristenbroschüre wäre dieser Satz vernichtend. Doch als der Polizeipressesprecher ihn heute im Zusammenhang mit Tiergarten-Süd mir gegenüber äußerte, lächelte ich glücklich.

ZWEI GESICHTER
Kiez-Report: Gutes Berlin, böses Berlin
19. April 2010 21.20 Uhr, B.Z.

Tiergarten und Müggelheim: Laut Kriminalitätsstatistik “Guter Kiez, Schlechter Kiez”.
Eine Reportage.

Bei diesem Bericht in der BZ war mir vor fast einem Monat das Lachen vergangen. Ich lese ich diese Zeitung nicht, um gut recherchierte Informationen zu erhalten. Nein, ich lese sie eigentlich nur dann, wenn mal wieder das Gebiet um die Potsdamer Straße herunter geschrieben wird. Und so war es auch hier:

SCHLECHTER KIEZ
Tiergarten (12.500 Einwohner) ist rein statistisch Berlins gefährlichster Kiez. Viele Anwohner stört vor allem die Prostitution an der Kurfürstenstraße.

„Aber auch der Drogenhandel ist schlimm“, berichtet Grundschul-Hausmeister Achim Neumann (44). „Mir haben sie über den Kopf geschlagen, als ich morgens das Schultor aufschloss. Der Hof wurde als Drogenversteck genutzt. Einen Zahn habe ich auch verloren.“ Am Magdeburger Platz klagen Anwohner über nächtlichen Lärm durch Freier und Prostituierte. Eine Kioskbesitzerin: „Ich werde oft beklaut und bedroht. Telefonkarten und Zigaretten sind gefragt, einmal hat man mir auch den ganzen Laden leer geräumt. 15.000 Euro futsch.“
Karolina Filipiak (20, FSJlerin) fühlt sich eigentlich wohl im Kiez, doch sie warnt: „Bei Dunkelheit sollte man gewisse Ecken meiden, nämlich die, wo Prostituierte und Dealer stehen.“

Ich weiß, dass Tiergarten-Süd und Schöneberg-Nord in der Kriminalitätsstatistik immer in den Farben erleuchten, die nichts Gutes verheißen. Doch von all den erwähnten Ereignissen hatte ich im letzten Jahr gar nichts mitbekommen. Also entschloss ich mich zur Nachfrage. Heute erhielt ich telefonisch die Antwort des Polizeisprechers:

Weit aus nicht so bunt wie es scheint

ZITAT 1: „Aber auch der Drogenhandel ist schlimm“, berichtet Grundschul-Hausmeister Achim Neumann (44). „Mir haben sie über den Kopf geschlagen, als ich morgens das Schultor aufschloss. Der Hof wurde als Drogenversteck genutzt. Einen Zahn habe ich auch verloren.“
ANTWORT DER POLIZEIPRESSESTELLE: Der Vorfall ereignete sich im Jahr 2007. Der Hausmeister hat damals keine Anzeige gemacht. Warum er dies nicht tat, ist der  Polizei nicht bekannt. Jetzt hat die Polizei Anzeige gegen unbekannt gestellt.
AUSSAGE : Am Magdeburger Platz klagen Anwohner über nächtlichen Lärm durch Freier und Prostituierte.
ANTWORT DER POLIZEIPRESSESTELLE: Es gibt mündliche Beschwerden gegenüber dem KOB über Partylärm und ähnliches. Es gibt jedoch keine einzige Anzeige aus dem Gebiet über die Ordnungswidrigkeit Lärm in Verbindung mit Freiern und Prostituierten.
ZITAT2: Eine Kioskbesitzerin: „Ich werde oft beklaut und bedroht. Telefonkarten und Zigaretten sind gefragt, einmal hat man mir auch den ganzen Laden leer geräumt. 15.000 Euro futsch.“
ANTWORT DER POLIZEIPRESSTELLE: Es liegen drei Anzeigen wegen Einbruchsdiebstahls in einem Kiosk vor. Diese stammen aus den Jahren 2000, 2001 und 2004. Seitdem ist kein weiterer Diebstahl oder ähnliches bei der Polizei angezeigt worden.
Eine Anzeige wegen Raubes ist nie gestellt worden. Zur Erklärung: Der Straftatbestand des Raubes entspricht dem des Diebstahls. Hinzukommen die Komponenten der Gewalt oder Drohung, d.h. einer Nötigung.

ZITAT3: Karolina Filipiak (20, FSJlerin) fühlt sich eigentlich wohl im Kiez, doch sie warnt: „Bei Dunkelheit sollte man gewisse Ecken meiden, nämlich die, wo Prostituierte und Dealer stehen.“
ANTWORT DER POLIZEIPRESSESTELLE: dazu ist nichts gesagt worden.

Die heile Welt ist nicht entlang der Potsdamer Straße zu Hause. Das behaupte ich nicht.

Und ich finde es nur ärgerlich, wenn JournalistInnen mit Hilfe von KiezbewohnerInnen dann noch immer einen drauf setzen und so tun, als wäre hier Sodom und Gomorrha. Denn das ist hier ebenfalls nicht zu Hause.

Und übrigens. Bunt ist es hier auch.  Irgendwie.

Integrationspreis für Boxer

Unscheinbar die Tür der Potsdamerstraße 152. Öffnet sie sich, erhascht man einen Blick auf Fitnessgeräte und einen Boxring. Das deutet auf Kraftmeierei.

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Doch wenn man hineingeht und hört man Sätze wie „Hast du schon Schularbeiten gemacht? Dann darfst du in den Ring.“ Oder „Entschuldige dich bei ihm, so spricht man nicht.“ Was ist das?

Auf jeden Fall ungewöhnlich. Und deshalb hat „Wir aktiv.Boxsport & mehr“ im März 2010 auch den ersten Integrationspreis Tempelhof-Schöneberg gewonnen.

Erstmal herzlichen Glückwunsch. Und dann die Frage: Was ist Isigym?

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Hier engagiert sich der ehemalige Profiboxer Izzet Magratoglu seit fünf Jahren ehrenamtlich für die Integration von Schöneberger Kindern und Jugendlichen. Zusammen mit der GEWOBAG hat er ein 90-Quadratmeter-Pilotprojekt zu einer 500-Quadratmeter-Kiezeinrichtung ausgebaut. Rund 150 Kinder und Jugendliche werden hier in verschiedenen Boxgruppen betreut.

„Mit unserem Angebot wollen wir dem Herumziehen gelangweilter Jugendlicher im Wohnquartier entgegen steuern,“ sagt Izzet Mafratoglu.

Die Räumlichkeiten werden kostenlos von der GEWOBAG zur Verfügung gestellt, die in Schöneberg-Nord 3.800 Wohnungen bewirtschaftet. Es gibt eine enge Zusammenarbeit mit den Quartiersmanagementgebieten Schöneberg-Nord und Tiergarten-Süd.

Und der Sport steht bei allem im Mittelpunkt. Das Studio ISIGYM ist seit Oktober 2009 Olympiastützpunkt und somit ein Herzstück des Berliner Boxens. Mehrere deutsche Meister kommen von dieser Adresse. Und so kommt es, dass jugendlichen Lokalcracks neben Profis trainieren. Pedro Carrión, zum Beispiel, trainiert hier regelmäßig. 2007 gewann er die Internationale Deutsche Meisterschaft.

Der Strauß von Angeboten bei Isigym hält für alle AnwohnerInnen eine Attraktion bereit. Neben Taekwondo, gibt es Präventionskurse für Schulanfänger sowie Senioren-Selbstbehauptungskurse angeboten.

Im Februar und März 2010 fand der Boxworkshop “Mädchen in Aktion” statt. In diesem Kooperationsprojekt zwischen Isigym und dem FrauenLesben Sportverein „Seitenwechsel“ trainierten hier 15 motivierte Mädchen zwischen 7 – 14 Jahren aus dem Schöneberger Norden mit ihren Trainerinnen Silke Hünneke und Christina Ahren.

Auch die „Schöneberger Boxpaten“ haben ihren Standort bei Isigym. Das Projekt „Boxpaten“ wurde 2007 vom Verein Trainingsoffensive an die Potsdamer Straße gebracht. Die Jugendlichen erhielten ihre Ausbildung an zwei Wochenenden und acht Seminartagen. Sie lernten, Konflikte zu lösen und mit gutem, fairem Vorbild voranzugehen. Außerdem wurden sie für die Themen Antirassismus und Antisexismus sensibilisiert und sie lernten ihre ganz eigenen kulturellen Qualifikationen kennen und schätzen.

Seit März 2010 sind die Schöneberger Boxpaten beim Projekt Boxen mit dem Cop wieder für SchülerInnen der fünften und sechsten Klasse in Tiergarten-Süd Trainer, Coach und Vorbild. Mit im Team ist der Polizist und Präventionsbeauftragten des Polizeiabschnittes 34 Rocco Röske und das MediationsZentrum Berlin. Rocco Röske hat jahrelang selbst geboxt und macht auf charmante Art sehr deutlich, dass es im Leben nicht darum geht, den anderen k.o. zu schlagen, sondern die Kräfte gut einzusetzen und Aggressionen eher am Boxsack als an Gegenständen oder andere Jugendliche auszulassen.

Das also ist Isigym. Ein Boxsportuniversum mit ganz eigenen Mottos:

Boxen als Mittel zur Gewaltprävention.
Boxen als Mittel zur Integration.

IsiGym Boxsport Berlin e.V.
Potsdamerstr. 152
10783 Berlin – Schöneberg

Vereinsleitung:  Hr. Izzet Mafratoglu
Telefon: 0174 393 92 06
www.boxverein-berlin.de

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Wie tickert die Polizei?

Vor genau 3 Monate – am 17. Oktober 2009 – erschien auf dem potseblog der letzte Polizeitickerbeitrag. Seitdem ist die Zeit kriminaltechnisch und -ereignismäßig nicht spurlos an der Potsdamer Straße vorbeigegangen. Es gab Verkehrsunfälle, Schlägereien, Verletzungen und vieles mehr.
Der potseblog hat nicht darüber berichtet, sondern innegehalten und ein Experiment durchgeführt über Sinn und Zweck dieser Art von Nachrichtendienst.
Polizeiticker, sprich die Meldungen der Polizeipressestelle sind beliebt. Blogs, Twitter posten sie. Presseagenturen, Zeitungen, Nachrichtenmagazine übernehmen sie.
Die Meldungen stillen unseren Erlebnishunger, Krimikitzel, Voyerismus, Informationsbegierde, Sicherheitswunsch und noch-mal-davongekommen-Syndrom. Sind sie eigentlich zu irgendetwas nütze?
Doch seit ich den Polizeiticker am 24. August 2009 mit mit Polizei Ticker #2360
begann und Tag für Tag die Meldungen aus der Pressestelle erhielt, taten sich für mich diverse Fragen auf.
2007 gab der Polizeipräsident einen Bericht heraus zur „Kriminalitätsbelastung in öffentlichen Räumen.“ http://www.berlin.de/imperia/md/content/seninn/abteilungiii/kriminalitaetsstatistiken2007/bericht.pdf?start&ts=1255947079&file=bericht.pdf
Schaut man dort auf die Karten sind Tiergarten-Süd und Schöneberg-Nord häufig gut eingefärbt, sprich die Kriminalitätszahlen tendieren eher nach oben denn nach unten. Hier einige Beispiele:
Kiezbezogene Straftaten:
Tiergarten-Süd: 5.000 und mehr (S. 24 )
Schöneberg-Nord: 2.500-3.750 (S. 30)
Fahrraddiebstahl:
Tiergarten-Süd: 700-900 (S. 141 )
Schöneberg-Nord: 500-700 (S. 147)
Sachbeschädigung Graffiti:
Tiergarten-Süd: 450-650 (S. 206)
Schöneberg-Nord: 250-450 (S. 212)
http://www.berlin.de/imperia/md/content/seninn/abteilungiii/kriminalitaetsstatistiken2/2008/pks_2008.pdf?start&ts=1238759626&file=pks_2008.pdf
Der Polizeiticker spiegelt das nicht wieder.
Zwischen dem 2. Januar und dem 16. Januar haben sich bei mir per rss-feed 99 Pressemitteilungen angesammelt.   http://www.berlin.de/polizei/presse-fahndung/presse.html
Davon sind 12 aus Mitte und 5 aus Tempelhof-Schöneberg.
Von diesen wiederum ist die Meldung #0038 (Die Polizeit titelt: Fünfjährige bei Unfall verletzt  http://www.berlin.de/polizei/presse-fahndung/archiv/151209/index.html ) konkret aus Tiergarten-
Die Meldungen #0063 (Die Polizei titelt: Räuber kam zum Geschäftsbeginn http://www.berlin.de/polizei/presse-fahndung/archiv/151544/index.html ) und  #0118 (Die Polizei titelt: Vier Linienbusse beschädigt http://www.berlin.de/polizei/presse-fahndung/archiv/152193/index.html ) aus Schöneberg-Nord.
Fragen:
Nach welchen Kriterien werden die Pressemitteilugen bei der Polizei herausgegeben?
Für wen sind dieses Meldungen von Interesse?
Was sagt diese Auswahl über die Sicherheitslage eines Gebietes in Berlin aus?
Inwiefern beeinflussen diese Meldungen unser Sicherheitsgefühl in einem Gebiet?
Diesen Fragen wird potseblog in loser Folge in der näheren Zukunft nachgehen.
Haben Sie weitere Fragen zu diesem Thema? Dann stellen Sie sie.
potseblog wird an geeigneter Stelle für Sie nachfragen und die Antworten posten.
Logo Polizeipräsident  http://www.berlin.de/polizei/presse-fahndung/archiv/151209/index.html

Vor genau 3 Monate – am 17. Oktober 2009 – erschien auf dem potseblog der letzte Polizeitickerbeitrag. Nix mehr los? Nein, die Zeit ist seitdem nicht kriminaltechnisch und -ereignismäßig spurlos an der Potsdamer Straße vorbeigegangen. Es gab weiterhin Verkehrsunfälle, Schlägereien, Verletzungen und vieles mehr.

Der potseblog hat nicht darüber berichtet, sondern innegehalten und ein Experiment durchgeführt über Sinn und Zweck dieser Art von Nachrichtendienst.

Polizeiticker, sprich die Meldungen der Polizeipressestelle sind beliebt. Blogs, Twitter posten sie. Presseagenturen, Zeitungen, Nachrichtenmagazine übernehmen sie. Die Meldungen stillen unseren Erlebnishunger, Krimikitzel, Voyerismus, Informationsbegierde, Sicherheitswunsch und noch-mal-davongekommen-Syndrom. Sind sie eigentlich zu irgendetwas nütze?

Doch seit ich den Polizeiticker am 24. August 2009 mit mit Polizei Ticker #2360 begann und Tag für Tag die Meldungen aus der Pressestelle erhielt, taten sich für mich diverse Fragen auf. Hierzu die Hintergründe.

2007 gab der Polizeipräsident einen Bericht heraus zur „Kriminalitätsbelastung in öffentlichen Räumen.“

Schaut man dort auf die einzelen Karten sind Tiergarten-Süd und Schöneberg-Nord häufig gut eingefärbt, sprich die Kriminalitätszahlen tendieren eher nach oben denn nach unten. Zu beachten ist hier, dass die Zahlen sich auf die geographischen Gebiete Tiergarten und Schöneberg beziehen und nicht nur auf die Umgebung der Potsdamer Straße. Hier einige Beispiele:

Kiezbezogene Straftaten:
Tiergarten-Süd: 5.000 und mehr (S. 24 )
Schöneberg-Nord: 2.500-3.750 (S. 30)

Fahrraddiebstahl:
Tiergarten-Süd: 700-900 (S. 141 )
Schöneberg-Nord: 500-700 (S. 147)

Sachbeschädigung Graffiti:
Tiergarten-Süd: 450-650 (S. 206)
Schöneberg-Nord: 250-450 (S. 212)

Der Polizeiticker spiegelt das nicht wieder:
Zwischen dem 2. Januar und dem 16. Januar 2010 haben sich bei mir per rss-feed
99 Pressemitteilungen angesammelt.
Davon sind 12 aus Mitte und 5 aus Tempelhof-Schöneberg.
Von diesen wiederum ist die Meldung #0038 (Die Polizeit
titelt: Fünfjährige bei Unfall verletzt ) konkret aus Tiergarten.
Die Meldungen #0063 (Die Polizei
titelt: Räuber kam zum Geschäftsbeginn ) und  #0118 (Die Polizei titelt: Vier Linienbusse beschädigt ) aus Schöneberg-Nord.

Mögliche Fragen:

Nach welchen Kriterien gibt die Polizei Pressemitteilugen heraus?
Für wen sind dieses Meldungen von Interesse?
Was sagt diese Auswahl über die Sicherheitslage eines Gebietes in Berlin aus?
Inwiefern beeinflussen diese Meldungen unser Sicherheitsgefühl?
Wie beurteilen die Sicherheitsbeamten vor Ort die Situation?

Diesen Fragen wird potseblog in loser Folge in der näheren Zukunft nachgehen. Haben Sie weitere Fragen zu diesem Thema? Dann stellen Sie sie.

potseblog wird an geeigneter Stelle für Sie nachfragen und die Antworten hier posten.

Zum Schluss die gute Nachricht:

Dieselbe örtliche Kriminalitätsstatistik berichtet auch, dass die Fälle von 2006 auf 2007 in beiden Gebieten zurückgegangen sind:

In Tiergarten um 23 Prozent (S. 10)

In Schöneberg um 4,6 Prozent ( S. 16)

Polizei Ticker # 2844

Die Polizei titelt:  Alkoholisierter Autofahrer raste in Absperrgitter und verletzte sich schwer

Ein alkoholisierter Autofahrer verursachte heute früh (17. Oktober) einen Verkehrsunfall in Schöneberg.
Gegen 4 Uhr 30 fiel der 31-Jährige den Beamten des Polizeiabschnitts 41 auf, als er die Kleistraße in Fahrtrichtung Bülowstraße mit überhöhter Geschwindigkeit und eingeschaltetem Warnblinklicht befuhr. Nachdem der alkoholisierte Mann im Kreuzungsbereich Nollendorfplatz über die linke Abbiegespur geradeaus weiterfuhr, verlor er die Kontrolle über sein Auto und raste durch die Umzäunung des Viadukts der U-Bahn. Der 31-Jährige wurde durch Teile des Absperrgitters, die in den Fahrzeuginnenraum flogen, schwer verletzt. Rettungskräfte der Feuerwehr befreiten den Verletzten aus seinem Fahrzeug. Nachdem der Fahrer durch einen Notarzt medizinisch erstversorgt wurde, kam er zur stationären Behandlung in ein Krankenhaus. Er befindet sich außer Lebensgefahr. Der Führerschein wurde beschlagnahmt. Während der Rettungsmaßnahmen war der linke und mittlere Fahrstreifen der Bülowstraße für rund eine Stunde für den Fahrzeugverkehr gesperrt.

Polizei Ticker # 2756

Die Polizei titelt: Verletzter Fußgänger

Schwere Verletzungen erlitt ein 69-jähriger Fußgänger gestern Abend (6. Oktober) bei einem Verkehrsunfall in Schöneberg. Die 59-jährige Fahrerin eines „Volkswagen“ übersah gegen 20 Uhr 20 beim Abbiegen aus der Gleditschstraße in die Pallasstraße den Mann und erfasste ihn in der Fußgängerfurt. Der 69-Jährige kam zur stationären Behandlung in ein Krankenhaus.

Polizei Ticker # 2766

Die Polizei titelt:  Zwei Schwerverletzte nach Verkehrsunfall

Bei einem Verkehrsunfall gestern Nachmittag (7. Oktober) in Schöneberg wurden ein Autofahrer und ein Fußgänger schwer verletzt.
Nach den bisherigen Ermittlungen befuhr ein 49-jähriger „Mercedes“-Fahrer gegen 16 Uhr 15 den linken Fahrstreifen der Kulmer Straße in Fahrtrichtung Dennewitzplatz. Unmittelbar vor dem Kreuzungsbereich Kulmer– Ecke Bülowstraße wechselte der Mann in den mittleren Fahrstreifen und kollidierte mit einem 52-jährigen „Fiat“-Fahrer, der die Alvenslebenstraße in Fahrtrichtung Bülowstraße befuhr. Durch die Wucht des Aufpralls gerieten beide Fahrzeuge auf den Gehweg der Bülowstraße, schleuderten gegen die am Fahrbahnrand aufgestellten Straßenpoller und streiften einen Verkehrszeichenmast. Kurz darauf erfasste der „Fiat“-Fahrer einen 16-jährigen Fußgänger, der sich in unmittelbarer Nähe auf dem Gehweg befand. Der 52-Jährige sowie der 16-Jährige wurden bei dem Verkehrsunfall schwer verletzt und kamen zur stationären Behandlung in ein Krankenhaus. Beide befinden sich außer Lebensgefahr. Der 49-Jährige wurde leicht verletzt in einem Krankenhaus ambulant behandelt. Der Bereich Bülow- Ecke Kulmer Straße war zwischen Goebenstraße und Dennewitzplatz aufgrund der Rettungsmaßnahmen rund eine Stunde für den Fahrzeugverkehr gesperrt.

Polizei Ticker #2689

Die Polizei titelt:  Feuer im Keller eines Restaurants

Rauchentwicklung bemerkte vergangene Nacht gegen 22 Uhr 15 ein 44-jähriger Angestellter im Keller eines Lokals in der Kurfürstenstraße in Tiergarten. Die alarmierte Feuerwehr löschte den Brand. Verletzt wurde niemand. Die Brandursache ist unklar. Ein Brandkommissariat des Landeskriminalamtes hat die Ermittlungen übernommen.