Schlagwort-Archiv: Café

Ernährung für Geist und Seele im Café Tietz

Das Café Tietz besticht mit Energie in Raum und Speisen. Ein neues Kaffeehaus in der Potsdamer Straße 77.

von HU-Gastbloggerin Miriam

Aus dem M85 an der Haltestelle Lützowsztraße/Potsdamer Straße gesprungen, einmal über die Straße und nach rechts geguckt, fallen einem Neuling in  der Potsdamer Straße sofort die dunkelbeigefarbenen Flaggen des Café Tietz & Cie ins Auge, die sich im seichten Frühlingswind wiegen. Wie die eines Hoteleingangs erscheint die Tür des Cafés, die in das biologisch wertvolle Geschmacksparadies führt. Ich bin heute überpünktlich dort und werde auf Englisch von den drei Mitarbeiterinnen begrüßt. Herr Tietz würde gleich kommen sagen sie, ob ich die drei Minuten Wartezeit mit einem Café Latte überbücken könnte? Kann ich. Weiterlesen

Auf eine frische Minz-Limo ins „Cafe Eule“

Von HU-Gastbloggerin Marleen

Der Frühling steckt in den Startlöchern und was gibt es da Schöneres als die ersten Sonnenstrahlen in den zahlreichen Parks und Gärten Berlins zu genießen. Ein ganz besonders schönes Sonnenplätzchen ist das „Café Eule“  im Westteil des Parks am Gleisdreieck.

eule1.2Etwas versteckt, abseits der asphaltierten Wege, befindet sich der zum Café umgebaute Container, aus dem heraus die Betreiberin Kristiana Elig und ihre Mitarbeiter täglich herrlich leckeren italienischen Kaffee sowie zahlreiche hausgemachte Leckereien verkaufen. Weiterlesen

Diskussionen als Selbstzweck

Von HU-Gastbloggerin Marleen

Vorbei unter den Schienen der S-Bahn, biege ich in die MansteinstraßeSAM_4005 ein, eine kleine, eher unauffällige Seitenstraße der Yorckstraße. Hier fällt mir zuallererst ein großes, hell erleuchtetes Werbeschild mit der Aufschrift „Weinhandlung“ auf, welches sich über die gesamte Ladenfront der Mansteinstraße 4 erstreckt. Erst auf den zweiten Blick entdecke ich das Café Manstein4 unter der Reklame. An der Bartheke des gemütlichen Cafés im Kaffeehaus-Stil empfängt mich Inhaber Michael Heermant und wir kommen sofort in ein freundliches Gespräch..

Das Gebäude aus dem 19. Jahrhundert hat eine ganz besondere Geschichte, wie mir Micha erzählt. Damals beherbergte es eine Schnaps- und Likörbrennerei mit angrenzender Weinhandlung. Die Likörfabrik und Kneipe Leydicke ist geblieben. Die Weinhandlung ist erst einem Künstleratelier gewichen und nach mühevoller Renovierungsarbeit entstand 2011 dieses gemütliches „Wohnzimmer“ für den Kiez. Einzig das große Werbeschild über dem Café erinnert noch an vergangene Zeiten und ist ein fester Bestandteil der denkmalgeschützten Fassade. Allerdings unterscheiden sich beide Läden vom Konzept ganz klar voneinander, wie Micha betont – nicht einmal die hausgebrannten Spirituosen des Nachbarns werden bei ihm ausgeschenkt.

Das Konzept des Ladens ist absolut einzigartig in Berlin und ich hake genauer nach. Micha erzählt mir, wie aus der Idee ein Diskussionsforum für Menschen zu schaffen das heutige Café Manstein4 entstanden ist. Zuvor traf man sich zu Diskussionsrunden privat in den Wohnungen von Freunden, doch da wurde das anschließende Aufräumen schnell lästig. Also werden nun die Räumlichkeiten des Cafés als Forum allabendlicher Diskussionsrunden und Lesungen genutzt. Und der Erfolg gibt Micha recht, wie ich im weiteren Verlauf unseres Gespräches erfahren werde.

Ursprünglich kommt Micha aus der Finanzwirtschaft, in der er nebenbei auch weiterhin arbeitet. Denn er habe den Laden im Jahre 2014 nicht als „Umsatzmaschine“ übernommen, sondern im Vordergrund stehe die Verbesserung der humanistischen Bildung, wie er mir versichert. Man solle verschiedene Erkenntnismethoden erlernen, um selbständig zu einer neuen Erkenntnis zu gelangen. Genau etwas, wonach man heutzutage an der Uni vergeblich suche, wie Micha sagt.

Hierfür sei eine lockere und entspannte Atmosphäre äußerst wichtig – ganz ohne Hierarchien, ohne Fixpunkte. Das gemeinsame Diskussionsziel sei nicht, andere von seiner eigenen Meinung überzeugen zu wollen, sondern sich gemeinsam zu begegnen, um zusammen vielleicht etwas klüger zu werden. Die Produkte, die aus einem solchen Diskussionsabend hervorgehen sollen sind bestenfalls Offenheit und die Irritation des Anderen. So spricht Micha auch von der „Diskussion als Selbstzweck“, denn alle sind Veranstalter, die den Abend gestalten und zusammen etwas produzieren – gemeinsam zu einer Erkenntnis zu gelangen.

Dadurch dass an jedem Wochentag ein bestimmter Themenbereich behandelt wird, sollte für jeden Geschmack etwas dabei sein. Ganz entspannt beginnt die Woche mit Methoden zum Thema „Feldenkrais“ – erst theoretisch und danach „werden dann auch mal die Gymnastikmatten im Café ausgerollt und es wird etwas geturnt“. Am Dienstag geht es dann weiter rund um das Thema „Philosophie“. Der „Politische Salon“ und die „Debattierlounge“ wechseln sich mittwochs im zweiwöchentlichen Rhythmus ab. Einzig an diesem Tag werden Experten eingeladen, die über bestimmte Themen referieren. Doch an allen anderen Tagen wird gezielt auf eine „Frontalbeschallung“ verzichtet, vielmehr sollen alle Diskussionsteilnehmer gemeinsam entscheiden, wie der Abend gestaltet wird. Der Donnerstag Abend steht unter dem Motto der „Kapitalwirtschaft“ und am Freitags beschließt „Logik und Argumentation“ das Wochenprogramm. Und wer am Wochenende das Tanzbein schwingen möchte, bekommt am Samstag Abend reichlich Gelegenheit dazu. Beim „Tanztee“ werden Standart- und Lateinamerikanischen Tänze aufs Parkett gelegt. Das Wochenende lässt sich dann gut ab Sonntag Nachmittag rund um das Thema Liebe und Partnerschaft in „Die Beziehungskiste“ im Café Manstein4 ausklingen.

Doch damit nicht genug- das Café bietet auch Raum für wechselnde Kunstausstellungen. Aktuell sind die „Kaltnadelradierungen“ von Eberhard Franke zu bewundern. Ab April werden dann, pünktlich zum Frühlingsbeginn, „Vespa“-Fotos zu sehen sein. Ich frage, ob bei der Kunstauswahl ein besonderer thematischer Schwerpunkt festgelegt sei. Doch auch hierbei, ebenso wie bei allen allabendlichen Veranstaltungen, sei der Rahmen völlig frei. Wichtig sei nur, betont Micha, dass fundamentalistischen Strömungen kein Forum geboten werde.

Die Nachfrage nach Diskussions- oder Leseabenden ist mittlerweile so gestiegen, dass derzeit meist zwei Veranstaltungen pro Abend stattfinden. Und es kommen auch Leute weit über die Nachbarschaft hinaus regelmäßig zum Diskutieren hierher. Und das obwohl auf Werbung komplett verzichtet wird. Die meisten Gäste, fast nur Stammgäste, finden durch die Mundpropaganda in den Laden. „So wie wir beim Essen darauf achten, dieses ohne Zusatzstoffe zuzubereiten, genauso tun wir es bei den Diskussionen auch“, sagt Micha.

Selbst Größen aus Politik und Wirtschaft sind immer häufiger Gäste des Manstein4. Neulich waren sogar die Geschäftsführerin der Parlamentarischen Linke und der Nigerianische Botschafter aus Frankfurt zu Gast. Das nächste angestrebte Ziel ist die Eröffnung eines zweiten Ladens. So richtig spruchreif ist das allerdings noch nicht, denn erstmal sollen alle Tage noch weiter mit Veranstaltungen gefüllt werden.

Und auch das leibliche Wohl kommt natürlich nicht zu kurz. So reicht das Speise- und Getränkeangebot von italienischen Kaffeespezialitäten über Kuchen bis hin zu Suppen und einfachen Gerichten. Bei allen Produkten wird besonders auf die Qualität Wert gelegt, wie mir Micha versichert. So werde mit regionalen Zulieferern gearbeitet und weitestgehend der Biostandard eingehalten. Und das alles zu einem äußerst erschwinglichen Preis – ab 1€ pro Gericht. Denn der gemeinsame Diskussionsgedanke stehe im Fokus und die Teilnahme daran solle auch sozialschwächeren Menschen ermöglicht werden, wie Micha mir erklärt.

Darüber hinaus können die Räumlichkeiten des Cafés auch für private Feierlichkeiten aller Art gemietet werden.

Wer jetzt neugierig geworden ist sollte unbedingt mal im Café Manstein4 vorbeischauen. Zu finden in der Mansteinstraße 4, nahe des S- und U-Bahnhofs Yorckstraße. Öffnungszeiten sind Montag-Samstag ab 12:00Uhr, Sonntag ab 13:00Uhr und weiter Informationen gibt es unter Tel: 030 – 54 46 49 86.

Der Artikel ist entstanden im Rahmen des Winterkurses 2015 “Online Journalismus – Recherchieren und Bloggen”des Career Center der Humboldt Universität

Auf einen Kaffee mit Thomas Mann

Von HU-Gastbloggerin Angela

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Es ist gleich 19 Uhr. Engür Sastimdur, verantwortlich für „Konzeption und Kunst“ im Café P103 Mischkonzern, zieht einen schwarzen Vorhang zu, der das Café mittig teilt. Ein Vorführraum entsteht. Eine dunkel gekleidete Dame bittet um Aufmerksamkeit und stellt das Abendprogramm vor. Vorher hatte sie noch jeden einzelnen Gast persönlich angesprochen und für den nun auf die Leinwand projizierten Film begeistert; es wird ein Dokumentarfilm über Werner Tübke gezeigt, einem Künstler der sogenannten Leipziger Schule. Über jene künstlerische Strömung erfahre ich an diesem Abend noch einiges, als ich mich mit Engür Sastimdur über das P103 unterhalte.

Engür Sastimdur möchte mit dem P103 einen Ort schaffen, der künstlerisches Potential fördert, der inspiriert. Der Raum nimmt sich dabei zurück, um der Kunst Platz zu geben. „Das Konzept beruht auf Klarheit,“ erzählt er mir von seiner Vision. Die Einrichtung besteht folgerichtig aus gepolsterten Vintage-Sesseln und Tischen mit Sperrholzplattencharme; keine Deckchen, keine Kerzen, sondern Minimalismus in seiner gemütlichsten Form: die wunderschöne Jugendstil-Immobilie, 1894 erbaut, lange Zeit traditionsreiche Autorenbuchhandlung, Lesungen von Thomas Mann inklusive, wurde sorgfältig restauriert. Eine Stuckateurin legte die Deckenverzierung frei, die Wände wurden nicht überstrichen, sondern belassen.

Der Betreiber verfügt über viele Kontakte zu Kulturschaffenden, gerade auch zu Künstlern der Leipziger Schule; zu Jürgen Gustav Haase beispielsweise, von dem auch die Idee stammte, das Café mit dem Attribut „Mischkonzern“ zu versehen. Denn im P103 Mischkonzern gibt es nicht nur Espresso und Kuchen, sondern auch Kunst: Vernissagen, Lesungen, Klavierabende, Filmvorführungen. Das Programm ist ambitioniert und vielfältig.

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Engür Sastimdur organisiert jene Veranstaltungen. Er akquiriert die Künstler nach dem  „Flaschenpostprinzip“, wie er es nennt. „Da muss man nicht mit Flyern oder Facebook kommen.“, weiß er. Persönliche Kontakte zählen. Und was ihm neben seinem großen Bekanntenkreis zu gute kommt: „Hinter einem Künstler stehen zehn weitere.“

Probleme, interessante Künstler für Veranstaltungen zu finden, hatte er schon früher nicht, als in seiner Taxizentrale (die es heute auch noch gibt) Vernissagen stattfanden: im Büro versammelten manchmal 200 Kulturbeflissene. Das P103 sollte sein zweites Standbein werden. Engür Sastimdur  und seine beiden Mitstreiter, die  Taxizentrale und Café mit ihm leiten, suchten fast zwei Jahre lang nach einem Ort für ihr Café. Als dann jene Immobilie in der Potsdamer Str. 103 gefunden war, sollte eigentlich gerade ein Mietvertrag für ein Objekt auf der gegenüberliegenden Straßenseite unterzeichnet werden. Den Jugendstil-Bau, in dem das Café nun zu finden ist, ließ man sich aber glücklicherweise nicht entgehen, Engür Sastimdur und seine Vertragspartner mieteten den Altbau in der Potsdamer Str. 103 spontan. Seit Mai 2013 exisitert das Café.

Vor hundert Jahren hatte Thomas Mann hier Lesungen. Heute betrachtet man staunend den Stuck und fühlt sich in die Kaffeehaus-Kultur der 20er Jahre versetzt. Wer inspirierende Gespräche und Einblicke in künstlerisches Schaffen sucht, bekommt hier, was das Herz begehrt – und guten Kaffee übrigens auch.

Potsdamer Str. 103 – Öffnungszeiten: 9 – 24 Uhr – Frühstück ab 10 Uhr – keine EC-Zahlung möglich

Der Tod ist bunt – und blüht

Von HU-Gastbloggerin Nadine Arndt

Wir kennen uns schon lange
Der Phönix und ich
Ich lehrte ihn zwei Worte
Damit er mit mir spricht:
Ende Neu
(Einstürzende Neubauten – Ende Neu)

Düster wirkende alte Eiben und Efeu, verwitterte Grabmale mit schon lange nicht mehr lesbaren Inschriften, gebeugte Frauen in Schwarz die mühsam das welke Laub auf einem Grab entfernen. Stille und Trauer.
So stellt man sich einen typischen Friedhof vor. Doch der Alte Sankt Matthäus-Kirchhof in der Großgörschenstraße entspricht diesem Bild nicht.
Im Norden Schönebergs, am äußersten Rand der berühmten „Roten Insel“ liegt er – ein traditionsreicher Friedhof mit wechselvoller Geschichte.

1856 geweiht war er Begräbnisstätte wohlhabender Kaufleute, Künstler und Wissenschaftler.

Noch heute zeugen viele opulent gestalteten Gräber, Gruften und Mausoleen aus der Gründerzeit vom Reichtum der hier Begrabenen und bieten einen ungewöhnlichen Kontrast zu den vielen, mit Pflanzen, Keramikkatzen, Windspielen, Regenbogenflaggen und roten AIDS-Schleifen liebevoll geschmückten Gräbern aus neuerer Zeit.
Doch beinahe wären die Wirren der Zeit auch dem Kirchhof zum Verhängnis geworden: die Umbettungen auf den Südwestkirchhof in Stahnsdorf,  die zunächst Platz schaffen sollten für Albert Speers monumentale Nord-Süd-Achse, wurden abgelöst von Krieg und Zerstörung und Vergessen & Verfall bis in die 1970er Jahre tat ein Übriges.

Die Liste der hier begrabenen mehr oder weniger bekannten Persönlichkeiten ist lang: Neben den Gebrüdern Grimm, Kaufmann Bolle und dem Mediziner Rudolf Virchow liegen hier auch die Frauenrechtlerinnen Hedwig Dohm und Minna Cauer und die Schriftstellerin May Ayim; den Verschwörern vom 20. Juli 1944 um Graf von Stauffenberg ist ein Gedenkstein gewidmet – nach ihrer Hinrichtung wurden sie hier begraben, aber später von den Nazis ausgegraben und verbrannt, ihre Asche wurde in den Riesenfeldern verstreut.

Auch Ton Steine Scherben-Sänger Rio Reiser hat hier inzwischen seine letzte Ruhestätte gefunden. Vor einem Jahr wurde er von Fresenhagen auf den Matthäus-Kirchhof umgebettet.


Der „König von Deutschland“ ist allerdings nicht der einzige schwule Aktivist der hier begraben ist. Neben der berühmten Berliner Tunte „Ovo Maltine“ findet sich hier auch das Grab des im Jahr 2000 verstorbenen Napoleon Seyfarth, der mit seinem autobiographisch inszenierten Roman „Schweine müssen nackt sein“ als erster deutschsprachiger Autor offensiv mit seiner AIDS-Erkrankung umging.



Da paßt es dann auch ins gar nicht düstere Bild, daß das auf dem Friedhofsgelände gelegene „Café Finovo“ von Bernd Boßmann – in der Berliner Tuntenszene besser bekannt als „Ichgola Androgyn“ – betrieben wird.


Das in einem alten Latrinenhaus gelegene Café ist wohl DAS Aushängeschild einer der ungewöhnlichsten Friedhöfe der Stadt. Das Café nebst Blumenladen „Roter Mohn“ bietet neben Blumen, Kränzen und Trauergestecken auch täglich frisch gebackenen Kuchen und kleine Leckereien, einen Raum für Trauerfeiern, die Selbsthilfegruppe für die Eltern von „Sternenkindern“ sowie für die mobile Sozialberatung durch den „Hartzer Roller“.

Doch wie kommt man dazu, ein Café auf einem Friedhof zu eröffnen?
Bernd Boßmann ist schon um das Jahr 2000 das leer stehende Haus aufgefallen. Der Tod des engen Freundes Ovo Maltine im Jahr 2005 führte dann zu regelmäßigen Besuchen auf dem Friedhof und zur Idee, einen Ort für die existenziellen Bedürfnisse von Menschen schaffen: Weinen, Lachen, Essen und Trinken, Ausruhen und vor allem: Kommunikation.
Boßmann merkt kritisch an: „Friedhöfe sind nicht für die Lebenden gemacht, der Gang auf den Friedhof ist für die meisten Menschen reine Pflicht.“
Auf den Matthäus-Kirchhof hingegen soll man gerne kommen.

Der Name „Finovo“ ist abgeleitet von den lateinischen Wörtern für „Ende“ und „neu“ – das einzelne „n“ in der Mitte des Wortes soll daran erinnern, daß aus dem, was endet (finis), immer auch schon das Neue beginnt (novus). In diesem Sinne steht es auch für die ewige Wiederkehr.
Der ehemalige Krankenpfleger mag es nicht, daß der Tod so häufig einseitig negativ dargestellt und das Leben überbewertet wird. Leben und Tod gehören zusammen und was „besser“ ist, sollte aus der Perspektive des Einzelnen betrachtet werden. Für einen Sterbenden, für einen Kranken mit unerträglichen Schmerzen, für einen Hoffnungslosen kann der Tod das Ziel der Sehnsucht werden und die Erlösung versprechen während das Leben nur noch eine Bürde ist. So sind auch Geboren-Werden und Sterben für ihn einfach nur Phasen des Übergangs die nicht pauschal positiv oder negativ gewertet werden sollten.

Der Cafébesitzer ist auch im Vorstand es Vereins „Efeu e.V.“ der sich nicht nur der Erhaltung des Friedhofs widmet, sondern auch mit Infomappen zu Themen wie „Frauen“ oder „Kreuz und Queer“, Vorträgen & Führungen die Lebendigkeit des Kirchhofs unterstreicht. Das Projekt „Kinder und Kirchhof“, das Kindern den Friedhof mit all seinen existenziellen Themen näher bringen soll, wird nicht ganz so häufig in Anspruch genommen, dafür ziehen die verschiedenen Themenführungen immer wieder Interessierte an.
Der „Garten der Sternenkinder“ ist ein Platz für die „Sternenkinder“, die während der Schwangerschaft oder kurz nach der Geburt verstarben. Hier finden sie ihre liebevoll von Eltern & Geschwistern gestaltete letzte Ruhestätte.


Die Elterngruppe, die sich in den Räumen des Cafés trifft, ist eine Selbsthilfegruppe – abseits von professionellen Therapien wird hier auf das Prinzip „von Mensch zu Mensch“ gesetzt.
Im Eingangsbereich des „Finovo“ finden sich dann neben den Themenmappen auch Bücher zu Trauerarbeit, Begräbnisritualen und Werke der Gebrüder Grimm, von Rio Reiser, Hedwig Dohm oder May Ayim.
Individualität und Selbstentfaltung werden hier groß geschrieben – niemandem soll ein „richtiger“ Umgang mit dem Tod, mit dem Begräbnis, mit dem Glauben, eine „richtige“ Art zu leben und zu fühlen aufgezwungen werden, und so ist auf diesem besonderen Fleckchen Erde jeder ein gern gesehener Gast – die regelmäßigen Besucher mit Harke und Gießkanne ebenso wie die neugierigen amerikanischen Touristen, der ältere, türkische Anwohner, der hier seinen schwarzen Tee trinkt, ebenso wie die junge Mutter, die hier nur schnell ein paar Blumen für eine Feier kaufen will.
Für den Idealisten Boßmann ist das „Gemeindearbeit“. Gemeinde definiert er als Gemeinschaft – das Zusammengehörigkeitsgefühl und die gewachsenen Strukturen im Kiez, die Offenheit für neue Menschen, die Rechte und Pflichten, die sich aus dem Zusammenleben verschiedener Menschen ergeben. Füreinander da sein: für ihn ist das die Basis der Religionen, sich in aller Unterschiedlichkeit respektvoll begegnen können, die Idee des Cafés. Von Besuchern aufgrund seines Schwul-Seins diskriminiert wurde er noch nicht, merkt er an. Und sagt weiter: „Es ist das absolut Unsinnigste, sich selbst zu verleugnen.“ Er ist überzeugt davon, daß, wer sich & sein Sein versteckt, so erst recht Ablehnung, Feindschaft & Diskriminierung herausfordert.

Einfach ist das Leben als Engagierter trotzdem nicht – das ewige Ringen mit den Behörden um die verschiedenen Genehmigungen, fehlende Subventionen, immer wieder die Angst um die Existenz der vielen Projekte.
„Mit Hartz IV hätte ich mehr Geld“, so der trockene Kommentar zum nicht enden wollenden Kampf als Selbstständiger und Ehrenamtlicher.
Einen Kampf hat er allerdings schon gewonnen: Seine „Berlinade“, eine in zwei Geschmacksrichtungen erhältliche Limonade, deren Verkaufserlös in alternative Projekte fließen soll, darf auch weiterhin so heißen. Die Klägerin Bionade scheiterte vor Gericht mit ihrem Vorwurf der Produktpiraterie.

Einen leckeren Birnen-Käsekuchen und viele Eindrücke später, in der Beobachtung des bunten, herzlichen Treibens auf dem Friedhofsgelände wird mir dann eines klar: Friedhöfe sind lebendige Wesen mit einem ganz eigenen Charakter.

Yorck52: Café und Coworking Space in Grün

Von HU Gastblogger Ines Sieland

Die Yorckstraße scheint menschenleer, nur Autos rauschen in Massen an mir vorbei.  Ich bin auf dem Weg zum Yorck52, einem biologisch veganen  Café und Coworking Space, welches im Juni 2010 eröffnet wurde.

Es liegt nur circa fünf Minuten vom S/U-Bahnhof Yorckstraße entfernt. Von außen wirkt es klein und unscheinbar; gegenüber ist eine Baustelle. Dort wird ein Baumarkt mit einem Fußballplatz auf dem Dach und dahinter ein großer Park entstehen.

Yorck52

Ich trete ein. Mein Blick fällt auf eine gemütliche Couchecke und auf eine Vitrine mit leckeren belegten Brötchen, Kuchen und vielen gesund aussehenden Säften. Einige Gäste sitzen hier im Cafébereich vor ihren Laptops, andere unterhalten sich leise. Weiterlesen