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Jörg Borchardt

Von HU-Gastblogger Lukas Grimm.

Eine normale Woche sieht in etwa so aus: Ich habe 4 bis 5 meetings zu Tageszeiten und 3 bis 4 an Abenden.  Aber es gibt natürlich keine geregelten Arbeitszeiten.“ Jörg Borchardt, 73, ist einer von 4 Vorstandsmitgliedern bei

Foto J+Ârg Borchardtder Fipp e.V. Seit 2001 vertritt er ehrenamtlich den Verein und seine 700 Beschäftigte, wobei „unsere Aufgaben eher denen eines Aufsichtsrates entsprechen“.

Ganz nebenbei ist Jörg Borchardt auch Mitglied im Quartiersrat Tiergarten Süd. „Wir entscheiden mit dem Quartiersmanagement, wie wir die Fördermittel für Tiergarten Süd am besten einsetzen können. Wir schauen allerdings auch außerhalb dieses Rahmens, wie wir uns für den Bezirk stark machen.“ So hat der Quartiersrat zum Beispiel verhindert, dass ein Laufhaus an der Kurfürstenstraße Ecke Potsdamer Straße eingerichtet wird und dass anstatt eines Parkhauses Wohnungen an der Genthiner Straße Ecke Kurfürstenstraße gebaut werden.

Der gebürtige Kreuzberger zog 1971 in die Derfflingerstraße. Seit 44 Jahren residiert er nun schon dort in „verschiedenen Konstellationen“, wie er meint. Nach der Schule machte Jörg Borchardt eine Ausbildung zum Chemotechniker und arbeitete auch 12 Jahre lang in der Industrie bis er plötzlich seinen Beruf abbrach, um das Abitur nachzuholen. „Ich kann mich noch genau daran erinnern, man konnte bis zum 35. Lebensjahr Bafög beantragen und ich war damals 34 Jahre und 11 Monate alt. Das trug auf jeden Fall zu meiner Entscheidung bei,“ erzählt er mit einem Lächeln.

Nach dem Abitur folgte das Lehrerstudium für Chemie und Arbeitslehre. „Danach arbeitete ich bei dem Berufsfortbildungswerk und habe Erwachsenenbildung gemacht, vor allem im Bereich Umwelttechnik.“ Wenig später fing Jörg Borchardt parallel an, für eine Beratungsgesellschaft Förderprogramme zu Umwelt und Arbeitsförderung zu bearbeiten. „Ich kam über das Berufsfortbildungswerk dazu“ und mit der Zeit gab es dann immer mehr Förderprogramme, überall in Berlin, die er zu bearbeiten hatte.

Auf die Frage, was ihm wichtig sei, meint Jörg Borchardt „Die Benachteiligung anderer beschäftigt mich sehr.“ Sein soziales Engagement wurde 2010 auch öffentlich anerkannt als ihm der Ehrenamtspreis verliehen wurde. „Das war eine schöne Überraschung, aber mehr auch nicht“ meint er und winkt ab.

In seiner Freizeit ist Jörg Borchardt passionierter Radfahrer und begabter Handwerker. Ob Winter oder Sommer, er fährt fast alles mit dem Rad sowohl in Berlin als auch im Urlaub, wenn er zum Beispiel Freunde in Spanien besucht. Sein Talent für Handwerksarbeiten kann man an den Lehmöfen im Familiengarten in der Kluckstraße 11 erkennen.

 

Der Artikel ist entstanden im Rahmen des Kurses „Online Journalismus – Recherchieren und Bloggen“ des Career Centers an der Humboldt Universität

Marianne Breslauer Feilchenfeldt

Heute vor 10 Jahren starb die Fotografin und Kunsthändlerin Marianne Feilchenfeldt Breslauer. Erst im letzten Jahr widmete die Berlinische Galerie dieser unternehmungslustigen Frau eine Ausstellung, in der ihre Fotos zu bewundern waren.

2009 – zu ihrem 100. Geburtstag – erschien im Nimbus Verlag „Bilder meines Lebens“ , ihre hinreißend erfrischend geschriebene Autobiographie. Sie wurde posthum von ihren Söhnen Walter und Konrad herausgegeben.

Hier möchte ich einige Textstellen zitieren, die im Zusammenhang mit dem Gebiet um die Potsdamer Straße stehen.

Marianne Breslauers Großvater Julius Lessing starb 1908 – ein Jahr bevor sie selbst geboren wurde. Agathe und Julius Lessing lebten nach ihrer Hochzeit im Haus der Eltern Friedheim an der Potsdamer Straße. Dieses Haus ging später in den Besitz meiner Mutter und ihrer Geschwister über und gehörte der Familie bis zu Emigration. Lange Jahre hatte auch das Auktionshaus Lepke darin seine Geschäftsräume. (S. 9) Lepke hatte seine Räume in der Potsdamer Straße 122a (nach der Umbenennung bis heute 47) in der Nähe des Landwehrkanals.

Marianne Breslauer wurde 1909 in der Kurfürstenstraße 53 geboren, doch ihre Eltern zogen ein Jahr später nach Dahlem in die Rheinbabenallee. So bezeichnet sie sich selbst als „eine Art Kind vom Lande“ denn wir kamen nur relativ selten in die Stadt. Das war damals fast eine Reise.“ (bin mir gerade nicht sicher, ob da eine Umnumerierung stattgefunden hat, denn die Hausnummer ist heute die ehemalige Grips-Grundschule, die bereits 1886–1888 gebaut wurde)

Doch durch ihren Malerfreund Paul Citroen kam Marianne Breslauer zurück in die Gegend: „In den zwanziger Jahren wohnte Paul in der Derfflinger Straße, war noch gänzlich erfolglos und lag seinem Vater auf der Tasche. (S.60)

Dann lernte sie Walter Feilchenfeldt kennen, der sehr bald ihr Vertrauter und sehr sehr viel später ihr Mann wurde. Marianne Breslauer war 19, er 34 und die Situation für beide ungewohnt schreibt sie. Da er in der Galerie der Vettern Bruno und Paul Cassirer arbeitete lernte sie die Welt des Kunsthandels kennen. Die Galerie befand sich in der nicht mehr existierenden Viktoriastraße 35, nahe dem Kemperplatz. In der Galerie Cassirer bald ein- und ausgehen zu können war für mich ein besonderes Erlebnis. Trotz meiner Vorliebe für ältere Kunst war mir sehr wohl bewusst, welche Bedeutung diese Kunsthandlung besaß. Ich hatte dort die Munch-Ausstellung und dann, im Sommer 1928, die große van Gogh-Ausstellung gesehen, ……. Wie in einem Museum gab es dort einen Oberlichtsaal für die Ausstellungen, während sich die Handelsräume im ersten Stock befanden. In diesem privateren Rahmen traf man sich mit Kunden, zeigte ihnen Bilder und schloss Geschäfte ab. Feilchen lud mich bald dorthin ein, während das kleine Zimmer des Bilderlagers mir vorenthalten blieb.(S. 68/69).

Bruno Cassirer unterhielt außerdem einen Verlag in der Derfflinger Straße 15/16.

Marianne Breslauer konnte emigrieren. In ihrem Buch beschreibt sie die Wirren dieser Zeit, geht jedoch nicht mehr speziell auf die Gegend um die Potsdamer Straße ein.

Eine ausführliche Biographie über Marianne Breslauer Feilchenfeldt hat Annette Bußmann auf dem Portal fembio geschrieben.