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Portrait Izabella

Ein kleiner Tisch, Stift und Papier liegen bereit. Erwartungsvoll warte ich auf die ersten Worte, die schon ein kleines Geheimnis über die junge Frau gegenüber von mir lüften. Izabella ist ihr Name, zumindest steht es so in ihrer Geburtsurkunde. Die Studentin rückt ihre Brille zurecht und erkennt meinen fragenden Blick. Seit Izabella Slavistik studiert, befasst sie sich nun mehr mit ihren Wurzeln, dem wunderschönen Polen. Lange Zeit schrieb sie ihren Namen, wie man es hier in Zulande gewohnt ist, als Isabella. Doch diese Zeiten sind jetzt vorbei.

Mit vier Jahren kam sie von Polen in das bezaubernde Heidelberg und verbrachte dort ihre Kindheit und Jugend. Damals schloss sie eine Ausbildung als Einzelhandelskauffrau ab, was allerdings nicht genug für sie war.  Bewundernswert ist ihr Ehrgeiz, das Abitur in der Abendschule neben der Arbeit als Kellnerin nachzuholen.

K1024_krakauINachdem sie ihr  Abiturzeugnis in der Hand hielt, kam sie vor acht Jahren das erste mal nach Berlin. Hier  begann sie Slavistik und VWL zu studieren. Doch das war nicht, was sie wollte. „Nun stehen mir doch alle Wege offen, ich hatte nun mein Abitur“ sind ihre Worte. Sie wollte nach der anstrengenden Zeit der Abendschule auch das machen, was ihr gefällt.

Also begann sie an einer Kunstakademie in Holland zu studieren. Doch schnell merkt die lebenslustige Studentin, dass Berlin nach ihr ruft. 2011 kehrt sie zurück und genießt den Trubel der Großstadt, den sie in ihrer Zeit in Holland so vermisste.

Nun studiert sie Slavistik und Genderwissenschaften in Nebenfach. Das Nebenfach ist „transdisziplinär, das gefällt mir“, betont sie, als ich sie auf den Wechsel der Wirtschaftswissenschaften anspreche. Sie ist offenherzig und hat vor allem Freude an ihrem Studium. „Die Zeit ging zu schnell um“, leicht nostalgisch seufzt sie bei dem Gedanken an ihre Bachelorarbeit im nächsten Semester. Als überzeugte Studentin überlegt Izabella auch ihren Master anzuhängen, um natürlich auch noch ein wenig der Studentenzeit zu genießen.

Außerhalb ihres Studiums verfolgt sie leidenschaftlich die Fotografie Ihre Augen leuchten, als die davon erzählt, wie sie „viel auf Hochzeiten unterwegs ist, um die glücklichsten und schönsten Momente“ einzufangen. Aber das ist nicht ihre einzige Beschäftigung neben der Uni.

Zurzeit arbeitet sie noch neben dem Studium als Videoassistentin bei der „Deutschen Welle“. Als ob das nicht genug wäre, arbeitet sie auch sehr engagiert bei einer neuen Zeitung mit anderen Stundeten zusammen. Im Mai soll diese schon Premiere  haben.

 Izabella ist eine vielseitige junge Frau, voller Elan und Lebenslust. Sie hat auf jeden Fall noch viel vor und ist voller Tatendrang dabei ihr Leben zu gestalten.

Von Gastbloggerin Senta

 Das Portrait ist entstanden im Rahmen des Kurses “Online Journalismus – Recherbchieren und Bloggen” des Career Centers an der Humboldt Universität

Analoge Fotografie gestern, heute und morgen

von HU-Gastbloggerin Jennifer Borth

Anmerkung der Redaktion vom 4.4.2016: Obwohl das Fotolabor inzwischen geschlossen ist, behalten wir den Artikel auf dem Blog, denn es war ein wichtiger Beitrag zum „Fotozentrum“ in dieser Gegend.

Wie sich die klassische Fotografie behauptet, zum Beispiel im Fotolabor Gröger und Gerstenberg in der Genthiner Straße

Fotografie hat sich in den letzten Jahren immer weiter entwickelt und wurde zunehmend automatisiert und digitalisiert. Parallel existieren jedoch analoge Techniken weiter. Sie bleiben relevant, nicht nur trotz, sondern vorallem aufgrund der Digitalisierung.

Das digitale Bild ist omnipräsent. Jeder knipst und lädt Bilder hoch. Soll es etwas „retro“ wirken, wird einfach die entsprechende Application benutzt und das Bild erscheint im Polaroid-, Lomo-, oder Holga-Style. Der allgemeine Fokus liegt auf dem digitalen Umgang mit Bildmaterial. In vielen Bereichen ist es jedoch nicht mit einer App getan und das digitale Bild kann schlichtweg nicht das klassisch analoge ersetzen.

„pcd 4“ von Daniel Gonzales Fuster

Das Analoge birgt Optionen, die dem Digitalen entgleiten. Die qualitativen Vorteile liegen im Bereich Schwarz Weiß Film und künstlerische Fotografie- das macht Labore für klassische Fotografie unverzichtbar. Ein Labor dieser Art findet sich um die Ecke der Potsdamer Straße in der Genthiner Straße 3. Seit 1983 arbeiten hier Horst Gröger und Hans-Joachim Gerstenberg in ihrem Labor für klassische Photographie:

„Wir sind sozusagen die Analog-Opas“, bezeichnet Hans-Joachim Gerstenberg sich und seinen Kollegen mit einem Schmunzeln aber selbstbewusst. Tatsächlich teilen die beiden langjährige Erfahrung in der Arbeit mit Fotomaterial. Als Gerstenberg Anfang der 1970er Jahre privat in die Genthiner Straße 3 zog, wählte er auch die direkte Nachbarschaft zu einer renommierten Adresse für Fotografie. Damals befand sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite, Genthiner Straße 8, das Fotofachlabor Niggemeyer.

Zunächst arbeitete der Fotograf Gerstenberg in der eigenen Wohnung, bis er 1983 mit Horst Gröger das Farbumkehr und Schwarz Weiss Labor im Souterrain desselben Hauses etablierte. Später schloss Niggemeyer und hinterließ orientierungslose Kunden. „Mir taten die Leute auf der Straße mir ihren Diakästen leid“, erinnert sich Gerstenberg. Sie erweiterten daraufhin auf Diaentwicklung und fingen diese Kunden auf.

„caroline special (1964)“ von Hunter-Desportes

Die Kundschaft des Labors heute beschreibt Horst Gröger als bunt gemischt: Viele Interessierte stammen aus dem Kunstbereich, darunter seien professionelle bis semiprofessionelle. Regelmäßige Besucher seien auch Liebhaberfotografen, wie sogenannte trainspotter: ihre Motive sind ausschließlich Lokomotiven und viele reisen für ihre Bilder durch ganz Europa. Aus den Erzählungen wird deutlich, es gibt Stammkundschaft und Kunden, die das Labor gezielt aufsuchen. Denn vergleichbare Fotofachlabore sind inzwischen eine Rarität- und zwar bundesweit.

Der Schwerpunkt der Anfragen liegt auf Schwarz Weiß Arbeiten, welche von Horst Gröger neben Negativentwicklungen und Vergrößerungen bearbeitet werden. Hans-Joachim Gerstenberg ist derweil Ansprechpartner für alle Fragen zur Diaentwicklung und Belichtung von digitalen Daten auf Diamaterial. Dieser umgekehrte Weg von digital nach analog wird zum Beispiel für Dauerprojektionen in Kunstausstellungen genutzt. So sind auch die Museen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz auf klassische Fototechniken angewiesen. Oder die Galerie Bassenge, eines der ältesten Auktionshäuser Berlins mit der Abteilung Fotografie, die sich mit dem Medium von den Anfängen des 19. Jahrhunderts bis zur zeitgenössischen Fotokunst befasst.

„canal“ von Daniel Gonzales Fuster

Gerstenberg spricht außerdem einen wichtigen Aspekt an, der abgesehen von Nostalgie oder künstlerischem Anspruch für die analoge Form spricht. Es geht um den Datenträger an sich. Er beschreibt, wie nach wie vor riesige Filmarchive existieren, in denen analoges Material teilweise seit einhundert Jahren lagert. So wird einem bewusst, dass heute noch niemand wissen kann, wie lange und in welcher Qualität digitale Daten halten werden. Sichere Aufbewahrung und langfristige Archivierung liegen also nahe in analoger Form. Hinzu kommt, dass entsprechende Anschlüsse für Datenträger sich weiterhin immer wieder ablösen werden, man muss nur erste Disketten und USB-Sticks vergleichen.

Auf der Website von Gröger und Gerstenberg findet sich übrigens auch ein Verweis auf „die Wiedergeburt des Polaroid“. Man landet über einen Link auf der Seite von the impossible project, einem Projekt das von Florian Kaps ins Leben gerufen wurde. Als Polaroid 2008 die Produktion der Sofortbilder einstellte, machte er es sich zum Ziel wieder Polaroidfilme herzustellen. Diese Initiative fand viele Unterstützer, für die beim Fotografieren der künstlerische Aspekt wichtiger ist als digitale Auflösungsperfektion. Inzwischen ist sogar von einer „Analog-Wiedergeburt“ die Rede und das Comeback des Polaroid ist Teil eines Lifestyle geworden.

Im Verhältnis zur dominierenden Digitalisierung scheint zwar die Nachfrage nach analogen Materialien und Techniken zu schwinden, klassische Fototechnik, vor allem aber auch die Belichtung von gängigen Datenformaten auf klassisches Diamaterial werden dennoch bedeutend und gefragt bleiben. Impossible? Possible.

 

 

 

 

 

Pumpe, Kumpel und Maultaschen

Schnellen Schrittes am Casino vorbei. Dann rechts um die Ecke. Ich bin angekommen: Lützowstraße, Berlin, Tiergarten Süd. Viel Zeit habe ich nicht. Mal sehn ob mir die Straße in unserem spontanen Blitzdate trotzdem etwas offenbart.

Frischer Asphalt liegt ihr zugrunde. Nicht minder frisch der Wind, der mir entgegen schlägt. In beide Richtungen breite Fahrradstreifen. Mangels Drahtesel ziehe ich notgedrungen den Gehweg vor. Doch das erweist sich als Glücksfall. So fällt mir nach wenigen Metern sofort die bunt bemalte Backsteinmauer auf. Jeder Backstein hält ein eigenes Bild für das wachsame Auge parat. Teils das Übliche wie es in alte Bäume in Parks geritzt ist: Menschen die ihre Zuneigung für einander verewigen. Aber auch Steine, die kleine bescheidene Gemälde andeuten. Und andere, die einfach schlicht bemalt sind. Was ist das bloß? Ein Blick in den Hauseingang verschafft Aufklärung: Ich habe das Kiezmosaik entdeckt.

Doch ich muss weiter. Die Lützowstraße ist lang und die Zeit knapp. Vorbei an der Elisabeth-Klinik, die sich hinter einem flachen Bauzaun nicht zu verstecken vermag. Dann folgt ein kleines Ensemble an Bauten, die einer Bungalowsiedlung ähneln. Die halbrunden Dächer fallen ins Auge. Wirkt irgendwie einladend. Und das ist auch gut so. Viel zu oft wirken Bibliotheken mehr abschreckend. Wer die Kommode am Bebelplatz kennt, weiß wovon ich rede. Aber die Stadtteilbibliothek Tiergarten-Süd heißt jeden bereits mit ihrer Architektur willkommen. Und wer viel Lesefutter seinem Hirn einverleibt, der braucht auch was für den Magen. Da hilft der Familiengarten gleich direkt neben der Bibliothek weiter. Doch wer hier etwas essen will, der muss auch vorher auch etwas angebaut haben.

Ohne Stärkung zieht es mich weiter. Von weitem sehe ich ein Schild, das mich nach links zum Arbeitsgericht schicken will. Passend dazu erkenne ich, dass de Gruyter seinen Sitz gleich um die Ecke hat. Man hat wohl nie so ganz Semesterferien. Doch meine Aufmerksamkeit wird von einer anderen Richtung her in den Bann gezogen: Calumet Photographics. Ein Blick durch die Schaufenster und ich bin mir sicher, dass Handykameras niemals eine richtige Spiegelreflex ersetzen werden können. Ein Geschäft als Paradies für Fotografen jeder Art: ob professionell oder auch nur hobbymäßig.

Mich von der Schaufensterscheibe wegzuzwingen fällt mir schwer. Doch lohnt es sich. Ein paar Schritte weiter, ein Blick um die Ecke und ich werde daran erinnert, dass Berlin vor langer Zeit einmal eine Industriestadt war. Ein hoher schmaler Schornstein aus Backstein lugt aus der Tiefe des Raumes hervor. Früher befand sich hier das alte Pumpwerk VII. Heutzutage ist hier die Eventlocation Alte Pumpe angesiedelt. Auf demselben Gelände unterhält die AWO das Jugendkulturzentrum Pumpe.

Fast habe ich das westliche Ende der Lützowstraße erreicht, welches am Lützowplatz mündet. Vorbeigehend an Backsteinhäuser 2.0 denke ich mir, es wäre angebracht ein wenig Namensforschung zu betreiben. Das Handy mit dem abgebissenen Apfel hilft mir weiter. Namensgeber für die Straße ist das ehemalige Dorf Lützow, welches 1719 von Charlottenburg okkupiert wurde. Handy schnell weggesteckt. Man möchte schließlich den morgendlichen Biertrinkern am Späti keine unnötige Angriffsfläche bieten.

Kehrtmarsch. Rückzug gen Osten. Ein Ziel hat die Lützow für mich noch zu bieten. Auf ein Absacker denke ich mir. Um die Eindrücke zu verarbeiten. Die Potsdamer ist erreicht nach einer Zigarettenlänge. Geschwind überquert. Schon stehe ich davor. Berlins berühmteste Absackerbar: Das Kumpelnest. Oder halt! Habe ich mich falsch erinnert? Sieht etwas marode aus. Ach ja: Berlin berühmteste Absturzbar. Das kommt der Sache begrifflich deutlich näher. Dann lieber konservativ. Man soll schließlich bei dem bleiben, was man ist. Die Maultaschen Manufaktur in unmittelbarer Nachbarschaft empfinde ich als einladender. Die schwäbische Kultur hat also nicht im Prenzlberg halt gemacht. Schlecht zu wissen.