Schlagwort-Archiv: Geschichte

Back to the roots – Ein Rheinländer auf den Spuren seiner Berliner Wurzeln

Im Gedenken an Matthias Kühnel
Ich war hoch erfreut, dass Matthias Kühnel 2014 zu einem Interview einwilligte und auch, dass dann der unten stehende Artikel über ihn erscheinen konnte. Denn so offen und hilfsbereit und rührig er im Kiez auch war, so wenig wollte er  – außer im persönlichen Kontakt – im Netz über sich preisgeben. Mit Bildern schon gar nicht. Und auch von seiner Laufbahn als Fotograf kann man nicht finden und das nicht nur damit zu tun, dass er sich der analogen Fotografie verschrieben hatte.

Doch fragte man NachbarInnen und seine MieterInnen, dann war viel Freundliches zu hören. Autoverleih, mit Anpacken bei Umzügen oder Reparaturen, Ratten bis in den Gleisdreieckpark bringen, wenn sie bei ihm im Gewerbehof auftauchten. Weiterlesen

Ernährung für Geist und Seele im Café Tietz

Das Café Tietz besticht mit Energie in Raum und Speisen. Ein neues Kaffeehaus in der Potsdamer Straße 77.

von HU-Gastbloggerin Miriam

Aus dem M85 an der Haltestelle Lützowsztraße/Potsdamer Straße gesprungen, einmal über die Straße und nach rechts geguckt, fallen einem Neuling in  der Potsdamer Straße sofort die dunkelbeigefarbenen Flaggen des Café Tietz & Cie ins Auge, die sich im seichten Frühlingswind wiegen. Wie die eines Hoteleingangs erscheint die Tür des Cafés, die in das biologisch wertvolle Geschmacksparadies führt. Ich bin heute überpünktlich dort und werde auf Englisch von den drei Mitarbeiterinnen begrüßt. Herr Tietz würde gleich kommen sagen sie, ob ich die drei Minuten Wartezeit mit einem Café Latte überbücken könnte? Kann ich. Weiterlesen

Den Potsdamer Platz “alt und neu” erleben

Von HU-Gastblogger Tony

Am Potsdamer Platz ist immer etwas los, nur geht es in dem heutigen Artikel nicht um ein neues Event oder eine Ladenneueröffnung. Es geht um eine neue Bodenplatte. So weit, so gewöhnlich, jedoch liegt die Besonderheit bei dessen Oberfläche: Auf dem weißen Stein prangt in schwarzer Schrift ein großer QR-Code, mit dem man sich auf eine Zeitreise begeben kann.
Sightseeing am Potsdamer Platz mal anders!

Was ist überhaupt ein QR-Code? Weiterlesen

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Seit fast einem Jahr ist leuchten die drei roten Punkte nun an der saniert glänzenden Fassade Ecke Lützowstraße. Viel Beachtung habe ich ihnen nie geschenkt. Vor Weihnachten erfahre ich jedoch, dass sich in diesem Haus Europas einziges Museum zur Geschichte der Sicherheit. Und melde mich für einen Besuch an.

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Zur Vorbereitung meines Treffens mit dem Unternehmenshistoriker Erich Kupferschmidt checke ich kurz das Internet: Securitas Holding GmBH – Potsdamer Straße 88, 10785 Berlin. Ich erfahre, dass es insgesamt 120 Niederlassungen in Deutschland gibt, die Bereiche der Dienstleistungen endlos und Securitas Deutschland mit einem Umsatz von 657 Millionen Euro und rund 19.000 Beschäftigten Deutschlands „Führender Sicherheitsdienstleiter“ sei.

Aha. Weiterlesen

Die vergessene Ära – Schönebergs Underground Szene

Von Gastblogger Alexander

Das Publikum kocht, der Boden bläht sich, die Wände rücken näher, die Luft ist dünn, Schweiß fließt in Strömen. Von der Bühne kreischt eine ewig junge Stimme der ersten Punkrock Generation, gesellschaftskritisch bis auf den letzten Knochen.

Der Bezirk Schöneberg war einst das Zentrum West-Berlins voll mit brodelndem Nachtleben und einer ergiebigen Kulturszene. In Klubs wie dem „Risiko“, der „Ruine“ oder dem „Dschungel“ spielte sich die Musikszene der 80er Jahre auf und ab. Die Westberliner Musikikone Blixa Bargeld gründete hier die Band „Einstürzende Neubaute“, Nick Cave formierte hier aufs Neue das Projekt „Nick Cave and the Bad Seeds“ und David Bowie fand hier zusammen mit Iggy Pop neue Inspiration für weitere Werke.

Der westliche Teil Berlins, eine westdeutsche Enklave inmitten der DDR, war dafür wie geschaffen, denn man wurde hier mit Subventionen regelrecht überschüttet. Es gab keinen Wehrdienst, geringere Steuersätze, niedrigere Preise und größere Freizügigkeit, welche man woanders so nicht kannte. Ausschlaggebend war jedoch die große Menge an Künstlern, welche der Stadt eine enorme Anziehungskraft verliehen. Gleichgesinnte aus aller Welt strömten nach West-Berlin, einem Kreativmekka der besonderen Art. Doch wie viel ist heute noch vom ruppigen Geist der wilden 80er in Schöneberg zu spüren?

Vereinsmitglied Jack an der Bar im Ex'n'Pop e.V.

Ex’n’Pop Vereinsmitglied Jack an der Bar im Ex’n’Pop e.V.

Der anarchistische Geist scheint nur noch im Gedächtnis geblieben zu sein, die Underground Szene ist so gut wie verschwunden und zahlreiche Klubs haben geschlossen. Nun säumen Matratzenläden und Apotheken all die glorreichen Ecken aus den alten Zeiten. Der zuvor stets in der Luft schwebende Nonkonformismus Westberlins scheint nicht mehr zu halten. „Der Staat ist nun viel präsenter geworden“, sagte Jack, ein Mitglied der damaligen Korona. „Das Parken auf dem Bürgersteig“, fügte er hinzu, „eine Lappalie nach damaliger Sicht und heute symbolträchtig für die ganze Entwicklung, ist nicht mehr möglich.“

Ein Stück jener Zeit wurde jedoch trotz zahlreicher Schließungen und Umzüge im Ex’n’Pop e.V. auf der Potsdamer Straße 157 erhalten. Ein Ort, den man heutzutage leicht übersehen kann, denn es finden sich hier keine großen Aushänge, offene Türen oder generell Fenster. Auffällig sind nur die auf dem Bürgersteig stehenden Badewannen gefüllt mit ungezähmter Natur. Nichts verrät jedoch über das wilde Treiben im Inneren. Der einzige Weg um hinter die Fassade zu blicken führt nach 22:00 Uhr an der Klingel, einer rabenschwarzen Schleuse und der Gesichtskon­t­rol­le vorbei.

Das Ex'n'Pop in der Potsdamer Straße 157

Das Ex’n’Pop in der Potsdamer Straße 157

Das Ex’n’Pop gibt es schon seit 30 Jahren und seit 2001 wurde daraus ein Verein. Die Betreiber sehen sich als eine Art Forum für alle möglichen kulturellen Veranstaltungen. Man bietet hier dem eingeweihten Publikum je nach Programm Musik, Theater, Kino oder Lesungen. Wenn jemand keinen Platz für seine Musik in der strikt kommerziell orientierten Nachbarschaft findet, kann er sich immer an den Verein wenden. So spielen hier freitags und sonnabends Bands aller Stilrichtungen und Gewichtsklassen. Von Anfängern über Underground-Bands bis Rock-Legenden, alle finden sie ihren Weg ins Ex’n’Pop.

T.V. Smith auf der Bühne im Ex'n'Pop.

T.V. Smith auf der Bühne im Ex’n’Pop.

So auch T.V. Smith, eine in Vergessenheit geratene englische Punkrockgröße. Dürr, eckig und kantig in eng anliegende Stofffetzen gehüllt, verbreitet er von der Bühne mit durchdringender Stimme eine ungewohnt vertrauenserweckende Atmosphäre. Die Worte fließen mal hypnotisch weich, mal zerrissen und scharf. Das Gesicht singt mit jeder Gesichtsfalte bis zur letzten Gefühlswallung mit. Nach fast 40 Jahren auf der Bühne scheint bereits jedes einzelne Wort mehrfach durchlitten und sorgfältig in Songs verpackt zu sein. Die rohe und ungeschliffene Wände des Ex’n’Pop bieten eine Lebensfülle, wie man sie woanders noch zu finden vermag. Punk’s not dead at Potsdamer Straße!

Zeitreise – Die Potsdamer Straße vor 100 Jahren

Europa und die Welt gedenken dieses Jahr dem 1. Weltkrieg, der vor einem Jahrhundert begann. Gerade Historische Ereignisse regen zum Nachdenken an. Wie sah sie aus, unsere Stadt? Wie war es vor 100 Jahren an der Potsdamer Straße?

Die Potsdamer Straße , ehemals vornehme Ausfallstraße, entwickelte sich Anfang des 20. Jahrhunderts rasant zu einer der verkehrsreichsten Straßen Deutschlands. Ursprünglich eine Chaussee, wurde sie zuerst zur Allee und  danach zu einer ordentlich befestigten Straße ausgebaut. Einem weit verbreiteten Mythos zu Folge gehörte sie zur Reichsstraße 1, die dem mittelalterlichen West-Ost-Handelsweg von Aachen nach Königsberg folgte.  Jedoch erst die NS-Regime erklärte den Verlauf durch Potsdam und Berlin zum Teil der Reichsstraße 1. Heute gehört sie zur Bundesstraße 1, die nahezu dem Verlauf der Reichsstraße 1  folgt.

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Potsdamer Straße um 1902

Auf der Straße waren vor ca. 100 Jahren nicht nur Privatmenschen mit ihren Kutschen, Fahrrädern und immer mehr Automobilen unterwegs. Damals fuhren auf der Potsdamer Straße Straßenbahnen und zwar gleich mehrere Linien. In und um Berlin wuchs schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts ein Straßenschienennetz. Die Bahnen wurden anfangs von Pferden gezogen und hießen Pferdebahnen, doch bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts wurde auf die elektrische Straßenbahn umgerüstet und ausgebaut.

Während der Teilung Berlins wurde im Westen der Stadt jedoch fast das gesamte Straßenbahnnetz entfernt. Die Verkehrspolitik in West-Berlin betrachtete es als veraltet und überflüssig. So wurde es nach und nach bis Oktober 1967 zurückgebaut. Heute fahren jedoch viele Metrobuslinien beinahe genau (bzw. exakt) die ehemaligen Straßenbahnstrecken ab.

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Der U Bülowstraße um 1902

Die Potsdamer Straße war schon immer ein Magnet für Kreative. Künstler aller Art, sowie die Zeitungsindustrie siedelten sich hier an. Ein Beispiel ist der Architekt Bruno Möhring, einer der bedeutendsten deutschen Architekten des Jugendstils. Ab 1892 hatte er sein Büro in der Potsdamer Straße 109. Er entwarf unter anderem den U Bülowstraße der 1902 eröffnet wurde. Er ist auch nach den Bombardierungen währed des 2. Weltkrieges, immer noch zum Großteil Original erhalten. Gemeinsam mit Rudolf Eberstadt und Richard Petersen entwarf er 1910 einen Bebauungsplan für Groß-Berlin, der vor allem auf den Ausbau des Verkehrsnetzes und eine enge Wohnhausbebauung mit Innenhöfen setzte. Der Architekt Albert Speer, der für das NS-Regime arbeitete, übernahm eine Vielzahl der Ideen in seinen Bebauungsplan für Groß-Berlin. Auch  noch heute prägen die Berliner Innenhöfe und ein großes öffentliches Verkehrsnetz die Stadt.

Eine der berühmtesten Bewohnerinnen der Potsdamer Straße ist die deutsche Schauspielerin Marlene Dietrich. Als Kind wohnte Sie in dem 1906 errichteten Wohnhaus in der Potsdamer Straße 116.

Zwischen 1910 und 1911 wurde das Bild der Straße dauerhaft verändert. An den gerade neu angelegten Heinrich-von-Kleist-Park wurden die Königskolonnaden transloziert.

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Königskolonnaden an der Königstraße vor der Translozierung um 1909

Ursprünglich standen Sie als Ensemble mit der Königsbrücke am Alexanderplatz und flankierten die Königsstraße. Sie mussten nach Schöneberg ziehen, da für die Errichtung des Warenhauses Wertheim und der damit verbundenen Verbreiterung der Königsstraße der Platz fehlte. Viele Zeitgenossen sahen in der Translozierung eine Degradierung der Wertigkeit der Kolonnaden. Nachdem Sie eine Hauptverkehrsstraße flankiert hatten, zogen sie nun an eine mäßig große Parkanlage, wo seit 1909 das neue Kammergerichtsgebäude gebaut wurde. Die Kolonnaden wurden auf den Eingang des zukünftigen Gebäudes ausgerichtet. Erst 1913 waren die Bauarbeiten beendet und das Kammergericht zog in den Neubau ein. Nach einiger Zweckentfremdung während der Nachkriegszeit und der Deutschen Teilung ist seit 1989 das Berliner Kammer- und Verfassungsgericht wieder in dem Gebäude ansässig.

In den vergangenen 100 Jahren hat sich das Stadtbild drastisch verändert. Durch die Bombardierung im 2. Weltkrieg, Teilung und Wiedervereinigung. Doch trotz allem ist vieles, was vor über 100 Jahren der Potsdamer Straße ihr Aussehen verlieh noch immer vorhanden.

Dieser Artikel ist entstanden im Rahmen des Kurses „Online-Journalismus – Recherchieren und Bloggen“ des Career Center der Humboldt Universtität zu Berlin.

von Gastbloggerin Janina

Jahrhundertwende an der Potsdamer Straße

Von HU-Gastblogger Pascal

Während eines Interviews mit dem Direktor des Berliner Hotels „Alt-Berlin“ kommen familiäre Geschichte, persönliche Ambitionen und das Hotel an der Potsdamer Straße zur Rede. Wir fingen mit seiner Mitgliedschaft in der Interessengemeinschaft Potsdamer Straße an.

DSC00520Im Innenhof neben den restaurierten Brunnen fand das Interview statt. Es begann mit Fragen um sein Gewerbe. Der Direktor des Hotel Altberlin betont den Charme und das Ambiente seines Hauses. Es ist im Stil der Gründerzeit gehalten, vom Interieur bis zum Kleidungsstil der Angestellten.  Das Hotel ist außerdem Mitglied im „Verbund für historische Gasthäuser und Hotels“ und gleichzeitig das einzige aus Berlin. Seine Eltern sind Gesellschafter des Hotels, speziell seine Mutter hatte die Idee für das Ambiente im Stil der Jahrhundertwende. Von ihr stammt auch „Rikes Gasthaus“, wo Gäste mit den preußischen Rezepten seiner Urgroßmutter gespeist werden. Rikes Gasthaus ist im Hotel ansässig. Weiterlesen

Optiker Wunder: Klare Sicht auf die Potsdamer Straße

Von HU-Gastbloggerin Vanessa

Erinnern Sie sich noch an Optiker Wunder in der Potsdamer Straße 151? Über 100 Jahre war das traditionsreiche Geschäft von Stefan Wunder dort eine eine Institution.

Die Anfänge

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Joseph Wunder und seine Mitarbeiter vor dem Geschäft, damals noch Hausnummer 89.

Gegründet wurde das Geschäft im Jahre 1905 von Stefan Wunders Großvater Joseph, der eigentlich Schlachter in Schlesien war. Doch erfüllt hat ihn dieser Beruf nicht und es zog ihn in die Großstadt. In Berlin angekommen führte ihn sein Interesse für Optik und Astronomie letztendlich zu einer Optikerlehre. Er machte seinen Meister und eröffnete einen eigenen Laden. Für die Unternehmensgründung musste er sich 2000 Goldmark (ca. 10.000€) leihen, doch das Geschäft lief gut und so konnte er den Kredit bereits nach zwei Jahren zurück zahlen. Großvater Wunder, sein Sohn und sein Enkel lebten immer im Kiez um die Potsdamer Straße, nie jedoch im Haus des Geschäfts, um den Feierabend auch wirklich genießen zu können. Weiterlesen

Gruß an Frank Wedekind zum 150. Geburtstag

MaggikrautWas dem Einen fehlt, das findet
In dem Andern sich bereit;
Wo sich Mann und Weib verbindet
Keimen Glück und Seligkeit.

Alles Wohl beruht auf Paarung;
Wie dem Leben Poesie
Fehle Maggi’s Suppennahrung
Maggi’s Speise-Würze nie! –

So dichtete der Frank Wedekind im Alter von 22 oder 23 Jahren im Auftrag von Julius Maggi. Weiterlesen

Zeitläufte – 20. Juli

Grab Juli 20_01_kleinAm 20. Juli 1944 wurde Claus Graf Schenk von Stauffenberg gemeinsam mit Werner von Haeften, Albrecht Ritter Mertz von Quirnheim und Friedrich Olbricht im Hof des Bendlerblocks in der heutigen Stauffenbergstraße in Tiergarten exekutiert und auf dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof in der Großgörschenstraße bestattet. Doch bereits am nächsten Tag befahl Himmler die Leichen zu exhumieren und zu verbrennen. Dann wurde ihre Asche über Berliner Rieselfelder verstreut. Weiterlesen