Schlagwort-Archiv: Kurfürstenstraße

Die sollen weg!

Die Prostitution in Gebiet rund um die Kurfüstenstraße ist alt. Die Beschwerden darüber sind es auch.

Bereits um 1885 gab es dort die ersten „Amüsierbetriebe“.

„Es sind Mädchen, die alle Unarten des Berliner Kleinbürgertums an sich haben, fast stets geschmacklos gekleidet sind, die sich anbieten, nicht (…) warten, bis sie angesprochen werden, sondern sich mit „Komm mit, Schatz!“, „Kleener, komm doch!“ aufdrängen und auch gelegentlich roh schimpfen.“

So beschreibt der Journalist Hans Ostwald die Situation im Jahre 1907.

Die Prostitution und die damit einhergehenden Problematiken sind also schon seit Anbeginn ihrer Existenz im Gebiet zwischen Bülow-, Potsdamer- und Kurfürstenstraße ein Thema, mit dem sich Anwohner und Kommunalpolitiker beschäftigen. Warum also erfährt die Straßenprostitution in der Kurfürstenstraße grade jetzt wieder mehr Aufmerksamkeit als sonst? Weiterlesen

Brahms, Turina, Mozart und Laborda erklingen für die Arbeit mit Sexarbeiter*innen und Heroinsüchtige

Donnerstag abend, Sturmtief Friederike fegt eisig durch die Kurfürstenstraße, das Gemisch aus Schnee und Regen brennt im Gesicht.

Selbst bei diesen ungemütlichen Bedingungen suchen Freier Sex auf der Straße, im Auto und in den noch wenigen verbliebenen Nischen im Straßenumfeld. Dicht gedrängt stehen heute die Sexarbeiterin auf der nördlichen Seite vor dem Bauzaun. Die Nachfrage gilt es zu bedienen. Weiterlesen

Back to the roots – Ein Rheinländer auf den Spuren seiner Berliner Wurzeln

Im Gedenken an Matthias Kühnel
Ich war hoch erfreut, dass Matthias Kühnel 2014 zu einem Interview einwilligte und auch, dass dann der unten stehende Artikel über ihn erscheinen konnte. Denn so offen und hilfsbereit und rührig er im Kiez auch war, so wenig wollte er  – außer im persönlichen Kontakt – im Netz über sich preisgeben. Mit Bildern schon gar nicht. Und auch von seiner Laufbahn als Fotograf kann man nicht finden und das nicht nur damit zu tun, dass er sich der analogen Fotografie verschrieben hatte.

Doch fragte man NachbarInnen und seine MieterInnen, dann war viel Freundliches zu hören. Autoverleih, mit Anpacken bei Umzügen oder Reparaturen, Ratten bis in den Gleisdreieckpark bringen, wenn sie bei ihm im Gewerbehof auftauchten. Weiterlesen

Nach 100 Jahren verblassen die Farben

Gerüste bedeuten dieser Tage nichts Gutes. Eine Leiter ist vielleicht noch zu ignorieren. Aber Gerüst und Container!

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Und dann noch ein Ausverkaufsschild. Alarmstufe rot !

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Eigentlich unbegreiflich, dass dieser Laden ab dem 1. Januar 2017 nicht mehr da sein soll. Seit 1968 – also seit fast fünfzig/50 Jahren = 5 Jahrzehnten  – gibt es ihn hier an dieser Stelle. Den Malereibedarf Fron in der Kurfürstenstraße 24. Weiterlesen

Auf eine frische Minz-Limo ins „Cafe Eule“

Von HU-Gastbloggerin Marleen

Der Frühling steckt in den Startlöchern und was gibt es da Schöneres als die ersten Sonnenstrahlen in den zahlreichen Parks und Gärten Berlins zu genießen. Ein ganz besonders schönes Sonnenplätzchen ist das „Café Eule“  im Westteil des Parks am Gleisdreieck.

eule1.2Etwas versteckt, abseits der asphaltierten Wege, befindet sich der zum Café umgebaute Container, aus dem heraus die Betreiberin Kristiana Elig und ihre Mitarbeiter täglich herrlich leckeren italienischen Kaffee sowie zahlreiche hausgemachte Leckereien verkaufen. Weiterlesen

Rosario Jimenez – Eine Anwohnerin über ihren Kiez

Von Gastbloggerin Christine

Straßenstrich und Beachvolleyball im Park – in Tiergarten-Süd ist alles zu finden. Was diese Gegensätze für das alltägliche Leben bedeuten, erzählte mir eine Anwohnerin.

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Rosario Jimenez – seit 10 Jahren im Kiez

Rosario Jimenez lebt seit 13 Jahren in Berlin und seit 10 Jahren im Gebiet um die Potsdamer Straße. Hierin flüchtete sie vor der „Prenzlauer-Berg-Bewegung“, wie sie es nennt, wo damals ein Café neben dem anderen eröffnete. Die Entwicklungen, die ihr Kiez seitdem durchgemacht hat, konnte sie hautnah miterleben. Eine Zeit lang engagierte sie sich im Quartiersrat in Tiergarten-Süd. Vor allem die Allegro Grundschule ist ihr immer ein Anliegen gewesen, der früher ein schlechter Ruf vorauseilte und die heute vor allem durch die Veranstaltung von Konzerten und Theateraufführungen positiv auffällt. Mittlerweile hat sie zwei Kinder, eineinhalb und drei Jahre alt, und kaum noch Zeit für derartiges Engagement.

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Ein Ort zum Verweilen – der Park am Gleisdreieck

Lieblingsorte im Kiez hat sie so viele, dass ich sie hier gar nicht alle aufzählen kann. Den Park am Gleisdreieck findet sie „einfach sensationell“. Sie malt ein romantisches Bild von der Kurfürstenstraße östlich der Potsdamer Straße mit seinen schönen Gebäuden, den in Wolle gekleideten Pollern und Musikern, die bei offenem Fenster spielen. Besonders schön findet sie auch die Höfe bei der Camaro Stiftung.

Auf die Frage nach ihrem Verhältnis zum Kiez antwortet sie: „Es ist eine Liebe-/Hassbeziehung“. Einerseits gibt es hier die ruhigen Seitenstraßen, unzählige kleine, schöne Hinterhöfe und die Strick-Guerilla in der Kurfürstenstraße. Andrerseits beschreibt sie die Potsdamer Straße als „hart“. Dort gibt es viel Verkehr und zu wenig Licht, es ist nicht sauber, die Leute wirken gestresst. Es ist eine Straße zum Durchgehen, nicht zum Verweilen.

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Eine Straße mit vielen Gesichtern – die Kurfürstenstraße

Im Kiez gibt es die Zuhälterei und Streitigkeiten zwischen den Sexarbeiter_innen. Stören tun sie die herumliegenden Kondome und schlecht geparkten Autos. Am schlimmsten sei aber die Industrie dahinter: Zuhälterei, Drogen, Streit auf dem Straßenstrich. „Die Zuhälter sind das Problem“, sagt sie. Die Sexarbeiter_innen hingegen beschreibt sie als freundlich. Der Straßenstrich gehöre zum Kiez. Wen das stört, der zieht hier eben nicht her. „Ich bin als Letzte gekommen“, erklärt sie. Laut Rosario sind die Menschen im Kiez sehr engagiert: „Die Leute stehen zu ihrem Kiez und geben sich Mühe.“ Sie glaubt, dass gerade durch die Mischung an Leuten ein respektvolles Miteinander existiert.

Auch die Entwicklungen im Kiez betrachtet sie ambivalent. Sie sieht in den Veränderungen Ähnlichkeiten zur „Prenzlauer-Berg-Bewegung“. Früher war der Kiez „wilder“, es gab mehr Drogen. Viele Wohnungen und Gewerberäume standen leer. Es gab viele Friseure und Spielotheken, aber zu wenig Supermärkte. Weil die Wohnungen so günstig waren, kamen viele junge Leute, die blieben und mittlerweile Kinder haben.

„Und dann gab es die ersten Kunstleute. Wir brauchten eigentlich einen Supermarkt und stattdessen kamen Galerien.“ Sie befürchtet, dass durch die vielen Galerien die Vielfalt des Kiez verloren geht. Vor allem aber wehrt sie sich gegen die Darstellung, ihr Kiez müsste auf diese Art gerettet werden. Andererseits eröffneten in der Potsdamer Straße mittlerweile einige Cafés. „Wir haben uns gefragt, wer geht denn dort hin? Heute machen wir das alle“, sagt sie etwas selbstironisch. Dennoch würde sie ihre Kinder nicht mal schnell zum Bäcker schicken. Denn der ist in der Potsdamer Straße und „dort ist alles zu finden, gut und böse“.

Der Artikel ist entstanden im Rahmen des Winterkurses 2015 “Online Journalismus – Recherchieren und Bloggen” des Career Center der Humboldt Universität

Strohauer – Immobilienverwaltung mit sozialem Anspruch

„Komm doch rein. Ich darf doch du sagen?!“ bittet mich eine Angestellte in das Büro der Strohauer Immobilienverwaltung an der Kurfürstenstraße. Mit gleicher Offenheit entwickelt sich schnell ein Gespräch mit der Geschäftsführerin Anna Strohauer. Ganz anders als man sich das mit jemandem aus der Immobilienbranche vorstellt, welche in Berlin eher durch Gentrifizierungswahn, denn durch offene Gesprächsbereitschaft auffällt. Doch schnell wird klar, diese Immobilienverwaltung ist anders als diejenigen, von welchen man im Zusammenhang mit horrenden Mieterhöhungen und Verdrängung täglich liest und hört.

Im Gegensatz zu den meisten Hausverwaltungen, ist der Bestand an Wohnraum auch im Besitz des Familienunternehmens Strohauer. Der Regelfall ist auf dem Immobilienmarkt, dass der Eigentümer eine Verwaltungsgesellschaft mit der Betreuung der Objekte beauftragt. „Dabei kommt es oft zu einem Konflikt zwischen Verwalter und Eigentümer. Während der Eigentümer finanziell das Beste rausholen will, muss die Verwaltung sehen, wie sie selber lukrativ arbeitet“, sagt Anna Strohauer. „Diesen Fall haben wir bei uns nicht. So können wir uns auf die Gebäude an sich fokussieren, ohne großen Profit aus diesen pressen zu müssen.“ Dadurch kann die Verwaltung nachhaltiger arbeiten, was auch den Mietern zugute kommt.

„Wenn sich beispielsweise eine alleinerziehende Mutter in hohem Mietrückstand befindet, versuchen wir zuerst persönlich oder Mittels eines Sozialarbeiters auf sie zuzugehen und eine Lösung zu finden. Der rechtliche Schritt ist für uns das allerletzte Mittel. Das ist bei üblichen Hausverwaltungen oftmals nicht der Fall. Die haben weder die Zeit, noch die Mittel sich um solche Fälle persönlich zu kümmern oder aber kein Interesse daran, wenn Eigentümer vorhaben die Bestände sowieso in absehbarer Zeit wieder zu verkaufen. Wir dagegen haben immer den Anspruch etwaige Probleme sozial verträglich zu lösen“, erklärt Frau Strohauer.

Die aktuelle Mietpreisbremse hält Frau Strohauer für ein Instrument bezahlbaren Wohnraum zu ermöglichen und die steigende Überteuerung zumindest einzugrenzen. Dabei lasse dieses jedoch viele Aspekte unberücksichtigt, so z.B. den Zugang zu dem Wohnraum. Wer den Zuschlag für eine Wohnung bekommt, entscheide immer noch das Einkommen, daran werde auch eine Mietpreisbremse nichts ändern. Für den Strohauer’schen Bestand wird diese jedoch ohnehin nicht greifen, da dieser sowieso nicht massiv über dem aktuellen Mietspiegel neuvermietet wird. Dies geschieht auch aus Eigeninteresse: „Wozu sollen wir die Miete so stark erhöhen, um am Ende Mieter zu haben, die diese nicht bezahlen können und unzufrieden sind. Davon haben auch wir nichts“, sagt Frau Strohauer.

Bei der Vermietung versucht die Hausverwaltung auch die Situation im Kiez mitzudenken und sich über die aktuelle Lage zu informieren. „Wir als Privateigentümer identifizieren uns auch mit der Gegend in der sich unsere Objekte befinden und auch mit den Menschen die dort wohnen. Dementsprechend ist uns deren gute Entwicklung für alle wichtig“, so Anna Strohauer. Letztendlich glaubt sie, ist die Kommunikation zwischen Eigentümern und den Mietern wichtig, um gemeinsam einen Plan zu erstellen, wie sich der Kiez und die Wohnsituation entwickeln soll, so wie dies aktuell im Rahmen des „Quartiersmanagements“ an der Potsdamer Straße stattfindet. Nur so könnten alle den aktuellen Umgestaltungsprozess der Potsdamer Straße konstruktiv mitgestalten. „Mit den meisten großen Gesellschaften wird ein solcher Dialog allerdings schwieriger zu machen sein“, vermutet Frau Strohauer.

Von Hu-Gastblogger Johannes

Heut/Morgen bleibt die Küche kalt

Christiane Latendorf_Urzeitvogel_2013

Christiane Latendorf „Urzeitvogel“ 2013

Mittwoch und Donnerstag sind die kulinarischen Tage in der Zwölf-Apostel-Kirchengemeinde in der Kurfürstenstraße. Nur selten schließen die Pforten so wie heute und morgen zur Feier der Jahreswende 2014/2015.

Sonst wird – wochein/wochaus – am Nachmittag wird geschnippelt und gekocht. Am Abend wird geschlemmt.

Und wie bei jeder köstlichen Mahlzeit trägt jedes Ingredienz zum Wohlgeschmack bei. Wobei zur Zeit wieder Menschen gesucht werden, die Lust haben, die Kochtöpfe zu füllen und die Gäste zu bewirten. *(Infos am Ende des Artikels)

Wie Sie auf den Geschmack zum Mitmachen kommen, erfahren Sie in der folgenden Suppenküchen-Kochanleitung Weiterlesen

Widersprüche erleben – der Pfarrer und sein Kiez

Pfarrer Burkhard Bornemann

Pfarrer Burkhard Bornemann im beschaulichen Hofgarten des Gemeindetreffpunktes

Von Gastblogger Kay

Pfarrer in Berlin-Schöneberg sein. Das hat Burkhard Bornemann (50) sich ausgesucht. Der Ur-Berliner, in Steglitz geboren, wusste, worauf er sich einlässt, als er vor einem Jahr seine Dorf-Kirche in Alt-Reinickendorf verließ und die Stelle an der Zwölf-Apostel-Kirchengemeinde übernahm . Vor der Haustür der Straßenstrich, Drogenabhängige tummeln sich rund um die imposante Zwölf-Apostel-Kirche, im Süden erhebt sich der Bahnhof Nollendorfplatz. Westlich davon beginnt der Regenbogenkiez. Im Osten die geschichtsträchtige Potsdamer Straße. Weiterlesen

Gruß an Frank Wedekind zum 150. Geburtstag

MaggikrautWas dem Einen fehlt, das findet
In dem Andern sich bereit;
Wo sich Mann und Weib verbindet
Keimen Glück und Seligkeit.

Alles Wohl beruht auf Paarung;
Wie dem Leben Poesie
Fehle Maggi’s Suppennahrung
Maggi’s Speise-Würze nie! –

So dichtete der Frank Wedekind im Alter von 22 oder 23 Jahren im Auftrag von Julius Maggi. Weiterlesen