Schlagwort-Archiv: Natur

Kon-Tiki – Pallas – Lilli Flora – Terra Petra

Eine Feuer so zu errichten, dass es von oben nach unten brennt. Und dann auch unten noch die Zugluftfuhr verschließen. „Das kann niemals funktionieren,“ stöhnt ein versierter Gartenkenner und verdreht mehrmals die Augen, als die anderen Workshopteilnehmer*innen einfach nur der papiernen Gebrauchsanleitung folgen wollen.

Zehn Neugierige stehen in den Pallasgärten um den Kon-Tiki Ofen herum. Die Initiatoren Julian Bohländer und Maik Billing sind genauso aufgeregt wie alle anderen. Sehr fachkundig führen sie zunächst in die Kunst des Kon-Tiki und der Terra Petra ein. Eifrig studiert haben sie im Internet und auch schon gefachsimpelt. Beim GartenPlausch des Projektes GartenAktiv im Schöneberger Norden haben sie den Vortrag „Mit Terra Petra den Boden verbessern“ gehalten. Sie haben auch Spender*innen mit ihrer Begeisterung motiviert den Ofen zu finanzieren, der jetzt zwischen den hohen Fassaden des Pallasseums, der Gründerzeitbauten der Pallas- und Winterfeldtstraße steht und fachgerecht befeurt seinen Teil dazu beitragen wird, den Gärten wunderbarste Erde zu bescheren. Weiterlesen

Das Lidl-Bike – grüne Welle auf der Potsdamer Straße

Gestern gegen 20.30 Uhr fuhr die Critical Mass von Norden her kommend auf die Potsdamer Straße ein. Die BesucherInnen des Gallery Weekends fanden das sehr unterhaltsam. Die abbiegenden Autofahrer – darüber gibt es keine direkten Zitate . Auf jeden Fall hatten die RadfahrerInnen nicht nur den nicht vorhanden Fahrradweg, sondern eine gesamte Fahrspurseite in der kompletten Länge für einige Zeit mit grüner Welle auch bei Rot für sich. Weiterlesen

GartenPlausch im Schöneberger Norden

von HU-Gastblogger Uwe

WASSER UND ERDE FÜR DEN SCHÖNEBERGER NORDEN

Graphik: gruppe F

Seit Anfang des Jahres 2017 gibt es den „GartenPlausch“ im Schöneberger Norden. Jeden zweiten Donnerstag im Monat treffen sich KiezgärtnerInnen in der Kiezoase Steinmetzstrasse 68, um zu fachsimpeln, sich erste Informationen zu holen oder sich zu vernetzen. Organisiert werden diese Treffen von der gruppe F, die das Projekt GartenAktiv bis Ende 2018 durchführt. Weiterlesen

„Verooonika, der Bagger ist da“ – Familiengarten Kluckstraße in Not

Von HU-Gastbloggerin Kaya

Vorabmeldung: Am Donnerstag, den 14. April zwischen 10 und 16 Uhr wird auf dem Gelände gegärtnert bzw sind GärtnerInnen dabei, das Grün vor dem Baggern zu retten. Wer dabei helfen möchte, geht am besten direkt dorthin und packt an, wo es etwas zu tun gibt. 

Es ist ruhig, dafür, dass wir uns mitten in Berlin befinden. Der Familiengarten in der Kluckstraße ist ein kleines grünes Idyll. Am Zaun hängen Schilder mit Aussagen wie „Wir gärtnern ohne Torf.“ Da juckt mein nachhaltig interessiertes Näschen und ich tauche ab ins langsam aufblühende Grün und lasse die Großstadt hinter mir. Nichts scheint diesem Ort etwas anhaben zu können. Weiterlesen

„Bin ich schön?“ – fragt die schlitzblättrige Buche im Kleistpark

Von HU-Gastbloggerin Kaya

Naturdenkmale nahe der Potsdamer Straße. „Ahh, Bäume!“ denke ich beglückt, genau mein Thema. Seit einem forstwirtschaftlichen Unikurs und dem Buch von Peter Wohlleben „Das geheime Leben der Bäume“ sind mir meine Waldspaziergänge noch lieber geworden. Bevor ich mir ‚meinen‘ Baum aussuche, sammele ich ein paar Fakten.

Auf der Liste der Berliner Naturdenkmale sind 605 Denkmale verzeichnet. Diese sei aber nicht aktuell, erfahre ich vom Bezirksamt; einige Bäume stehen nicht mehr. Neuausweisungen – so der Fachjargon – gab es wohl 2001 das letzte Mal. Aus der Liste wähle ich ‚meinen‘ Baum. Weiterlesen

Kleingartenidylle à la Kreuzberg

von Gastbloggerin Lisa

Die Kleingartenkolonie Potsdamer Güterbahnhof POG gibt es schon seit 1948 und ist für viele AnwohnerInnen ein Ort zum Verschnaufen. Denn hier verliert man schnell das Gefühl von Großstadt und taucht in die Kreuzberger Kleingartenidylle ein.

Eine Armee von Gartenzwergen starrt mich an. Im Hintergrund weht die Deutschlandfahne. Ich bin in einer Kleingartenkolonie. Und wenn ich mir diesen Garten so ansehe, ist es hier genauso wie in allen anderen deutschen Kleingartenkolonien. Perfekt gestutzter Rasen, konzeptionell angelegte Beete. Es erinnert an einen Minigolf-Parcours.

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Im nächsten Garten ist davon nichts zu erkennen. Hier wächst alles so, wie es will, es wurden nur zwischendurch ein paar Beete eingezogen, in denen allerdings auch die Natur die Überhand gewonnen hat. Die Laube sieht aus, als wäre sie von jemandem mit Liebe aber ohne genaueres Fachwissen selbst zusammengezimmert worden und überall in den Bäumen, am Eingang der Laube und auf dem Boden hängt und steht Krimskrams wie ein Windspiel und Skulpturen aus Fundstücken. Ein Gartenzwerg ist nicht dabei.

Ich bin in der POG Kleingartenkolonie am Gleisdreieck, die schon seit rund 60 Jahren existiert. Damals hatten die AnwohnerInnen auf den Trümmern des Potsdamer Güterbahnhofs ihre Lauben errichtet und manche stehen da immer noch genau so. 75 Kleingärten gibt es auf dem Gelände, das inzwischen an den Park am Gleisdreieck angrenzt. Dafür musste gekämpft werden. 2009 – bei der Planung des Parks sollten eigentlich 50 Parzellen sechs Sportplätzen weichen.

Gemeinsam mit vielen AnwohnerInnen und lokalen Initiativen hat Klaus Trappmann, der Vorsitzende des Vereins, jahrelang gekämpft und nun ist die POG Kleingartenkolonie Teil des Parks am Gleisdreieck. Der nördlichste Teil ist sogar in den Park integriert. „Gärten im Garten“ heißt das Konzept.

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Das Erste, was mir beim Hineingehen über den „Eingang Westpark“ ins Auge sprang, war der „Naturraum“, ein eingezäunter Bereich, in dem, wie auf einem Schild erklärt wird, die Natur machen soll, was sie will, und besonders von Kindern erlebt werden kann.

Hinter dem Naturraum und den ersten Kleingärten öffnet sich der Marktplatz mit dem „Café Eule“, wo einige Familien trotz des durchwachsenen Wetters selbstgemachten Kuchen auf Baumstämmen und Weinkisten genossen. Keine der Familien hat eine Laube, doch kommen sie gerne am Wochenende hierher, um ein bisschen auszuspannen. Die Kleingartenanlage sei ihre „Oase in der Großstadt“, sagte eine junge Mutter. Der ganze Park sei eine tolle Möglichkeit für Stadtkinder, auch mal wieder ein Stück Natur zu erleben. „Und wenn man mal ein bisschen Ruhe will, kommt man hier her und spaziert durch die Anlage.“

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Der Marktplatz in den „Gärten im Garten“

Tatsächlich kam sofort Kleingartenidylle auf, als ich weiter in die Anlage hineinlief. Der repräsentative Teil der Gärten ist vorbei, hier wird gelebt. Kleine, verwunschene, teilweise verwucherte Wege führen an den unterschiedlichsten Lauben vorbei. Die meisten Menschen, die ich antreffe, sind gerade dabei, ihren Garten fit für den Sommer zu machen. Es wird gepflanzt und geharkt. Das Gemeinschaftsgefühl sei durch den Kampf um den Erhalt der Kolonie auf jeden Fall größer geworden, sagt ein älterer Mann, der gerade mit einer Schubkarre zu seinem Garten geht. Ansonsten könne man hier aber trotzdem schön seine Ruhe haben, wenn man will.

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„Hier geht es zum Glück nicht so streng zu wie in anderen Kleingartenkolonien“, erzählt mir ein Gartenbesitzer, den ich ungefähr auf dreißig schätzen würde. Zusammen mit einem Freund befreit er gerade den Rasen von Laub. „Bis jetzt habe ich von niemandem mitbekommen, dem irgendwie reingeredet wurde.“ So wirkt es hier auch. Die Kulisse der U-Bahnbrücke, die über die Gärten führt, und die bemalten Häuserwände passen zum Lebensgefühl. HobbygärtnerInnen seien auch viele junge Leute, „und auch nicht immer nur Deutsche.“

Er empfiehlt mir noch im Deutschen Technikmuseum, das auch an den Park am Gleisdreieck angrenzt, das Modell der früheren Bahnhofsanlage rund um den Anhalter Bahnhof und das Gleisdreieck anzusehen, dann verabschiedet er sich und harkt weiter Laub.

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Bienen gibt es auch in der POG Kleingartenkolonie

 

 

Die obligatorischen Deutschlandfahnen wehen hier zwar und Gartenzwerge bewachen das ein oder andere Grundstück, aber trotzdem scheinen in der Kleingartenkolonie am ehemaligen Potsdamer Güterbahnhof alle ihr Plätzchen gefunden zu haben. Und da kriegt man sie so schnell auch nicht mehr weg.

An einem schwarzen Brett am Wegesrand hängt ein Zettel, auf dem steht: „An alle Interessenten für Lauben: Bitte NICHT anrufen, mailen oder faxen! Die Warteliste für Lauben ist unendlich groß und es wird kaum was frei! Tut uns Leid!“

 

Der Artikel ist entstanden im Rahmen des Kurses “Online Journalismus – Recherchieren und Bloggen” des Career Center der Humboldt Universität

 

Auf eine frische Minz-Limo ins „Cafe Eule“

Von HU-Gastbloggerin Marleen

Der Frühling steckt in den Startlöchern und was gibt es da Schöneres als die ersten Sonnenstrahlen in den zahlreichen Parks und Gärten Berlins zu genießen. Ein ganz besonders schönes Sonnenplätzchen ist das „Café Eule“  im Westteil des Parks am Gleisdreieck.

eule1.2Etwas versteckt, abseits der asphaltierten Wege, befindet sich der zum Café umgebaute Container, aus dem heraus die Betreiberin Kristiana Elig und ihre Mitarbeiter täglich herrlich leckeren italienischen Kaffee sowie zahlreiche hausgemachte Leckereien verkaufen. Weiterlesen

Leben mit Hund im Kiez um die Potsdamer Straße

Von HU-Gastbloggerin Vanessa

Auf dem Spaziergang durch den Kiez mit unserem Kurs der Humboldt-Uni fragte ich mich, wie wohl das Leben mit Hund hier wäre. Welche Vor- und Nachteile oder Besonderheiten bietet die Gegend um den Kiez der Potsdamer Straße für Hundehalter*innen und ihre Vierbeiner?

Der Eingang zum Hundeplatz

Der Eingang zum Hundeplatz

Ich mache mich also mit meinem eigenen Hund Dexter auf den Weg aus Neukölln nach Schöneberg, zuerst einmal Kontakte knüpfen auf dem Hundeplatz im Gleisdreieckpark.
Hundeplätze meide ich in der Regel lieber, weil die Menschen ihre Hunde dort oft machen lassen, was sie wollen und es deshalb regelmäßig Stress unter den Hunden gibt. So leider auch hier. Zur „Begrüßung“ bekommt mein Hund als erstes von einem Golden Retriever auf die Mütze, dessen Ball er zu nahe gekommen ist. Ich bitte die Frau, den Ball einzupacken, ernte aber nur einen bösen Blick.
Kurze Zeit später ist sie weg. Schon hängt der nächste Hund, ein Terrier, an meinem dran und belästigt ihn unentwegt. Als dann noch ein zweiter, ebenfalls ein Terrier, Interesse zeigt, kommt es zur Klopperei. Auch diese zwei Streithähne verschwinden kurz darauf.

Mein Begleiter Dexter

Mein Begleiter Dexter

Nun ist Ruhe und ich kann mit Manuel sprechen, der mit seiner zweijährigen Französischen Bulldogge Cash – benannt nach Johnny Cash – auf dem Platz ist. Unsere Hunde verstehen sich gut und wir haben Gelegenheit für ein nettes Gespräch. Manuel wohnt im Kiez und ist Stammgast auf dem Hundeplatz im Gleisdreieckpark. Cash benötige nicht so viel Auslauf, nach einer Runde Toben und Ballspielen auf dem Platz sei er glücklich. Trotzdem wünscht sich Manuel, der eingezäunte Bereich wäre größer. Das ist auch mir gleich aufgefallen – viel Platz ist hier wirklich nicht. Da ist es auch kein Wunder, dass vom Rasen nicht mehr viel übrig und es sehr staubig ist. Mit meiner schwarzen Hose und meinem schwarzen Hund, der sich gerne mal auf dem Boden wälzt, wird man uns den Besuch hier noch den Rest des Tages ansehen.
Durch den Mangel an anderen Möglichkeiten im Kiez, den Hund mal von der Leine zu lassen, kenne man sich hier im Gleisdreieckpark, erzählt Manuel. Er trifft sich hier regelmäßig mit anderen Besitzer*innen Französischer Bulldoggen – jedes Mal ein großer Spaß für Mensch und Tier. Hin und wieder würde er auch mal in das beliebte große Hundeauslaufgebiet im Grunewald fahren für ausgedehntere Spaziergänge, aber um die Ecke wäre das ja auch nicht gerade.

Leerer Kotbeutelspender, machte sich leider auch auf dem Platz bemerkbar

Leerer Kotbeutelspender, machte sich leider auch auf dem Platz bemerkbar

Ein weiterer Hund auf dem Platz ist Susi, eine Mischlingshündin, ca. 10 Jahre alt. Susi ist jedoch nicht mit ihrer Besitzerin unterwegs, sondern mit Freundinnen von ihr, eine davon Mascha. Auch wenn sie nicht alles über Susis Alltag weiß, ergibt sich ein interessanter und netter Gedankenaustausch Es stellt sich heraus, dass Susis Frauchen einen Laden für Hundebedarf, handgefertigten Hundeschmuck und Accessoires hat. Das Geschäft mit dem Namen SusiWau befindet sich auf der anderen Seite des Parks in der Hornstraße. Eins der selbstgemachten Halsbänder trägt Susi gerade und eigentlich wären sie auf dem Platz, um Fotos von Susi zu machen, damit Mascha Susis Portrait auf eine Tasche malen könne. Sie ist Künstlerin und verkauft handbemalte Taschen.
Ich frage, warum sie mit Susi spazieren gehen, abgesehen vom heutigen Fototermin. Der Hund hätte Probleme mit dem Alleinbleiben und ihnen würde es viel Spaß machen, sich zeitweise um Susi zu kümmern. Da ich ein ähnliches Problem habe, kommt uns die Idee eines Kiez-Netzwerks für Hundebesitzer*innen, die gegenseitig mal auf ihre Vierbeiner aufpassen könnten, als Gelegenheit für Teenager, um sich das Taschengeld aufzubessern, oder Menschen, die einfach keinen eigenen Hund halten können, aber trotzdem gerne Vierbeiner um sich herum haben. Durchaus eine spannende Idee, die es sich zu verfolgen lohnt, aber ich muss hier leider passen, da ich ja aus einer ganz anderen Ecke Berlins komme.

True Filou, Bülowstr. 65

True Filou, Bülowstr. 65

Viel mehr los ist an diesem Nachmittag auf dem Hundeplatz im Gleisdreieckpark nicht, aber mein Hund hatte Spaß und ich konnte einen guten ersten Eindruck gewinnen.
Wir ziehen weiter in die Bülowstraße. Dort befindet sich true FILOU, ein kleines aber feines Geschäft für Hunde- und Katzenaccessoires. Den Laden in der Nr. 65 gibt es seit Dezember 2012 und es war nicht einfach, passende Räume und einen Vermieter zu finden, der sich für die Geschäftsidee begeistern ließ, erzählt mir Inhaberin Ana-Luisa Buthenhoff. Diese Geschäftsidee besteht zum einen Teil aus dem Ladengeschäft, zum anderen aus einem Online-Shop. Die Kundinnen und Kunden, die den Laden besuchen, kämen sowohl aus dem Kiez als auch aus dem Rest Berlins und Umgebung. Gute Beratung spricht sich herum, davon kann ich mich direkt vor Ort überzeugen. Ana-Luisa Buthenhoff zeigt mir das Biothane (ein besonders robuster Kunststoff, den es in vielen verschiedenen Farben gibt), aus dem sie selbst Leinen und Halsbänder nach Maß anfertigt. Außerdem darf mein Hund ein paar Maulkörbe anprobieren. Ladenhund Satchmo lässt ihn dabei nicht aus den Augen und auch bei mir holt sich der freundliche Mischling hinter der Theke ein paar Streicheleinheiten ab. Ich verabschiede mich für heute und werde bestimmt noch mal zum Einkaufen zurück kehren.

Wir spazieren noch ein wenig durch den Kiez und ich ziehe ein Fazit des heutigen Tages. Die Hunde und ihre Menschen unterscheiden sich auf jeden Fall nicht groß von denen in anderen Teilen Berlins. Es gibt freundliche und es gibt weniger freundliche, das ist halt überall so. Die Umgebung kam mir mit meinem Hund, der viel Auslauf im Grünen gewohnt ist, nicht ganz ideal vor. Der Hundeplatz im Gleisdreieckpark ist klein und schmutzig und kann einen ausgedehnten Spaziergang niemals ersetzen. Der Rest des Parks werde relativ streng vom Ordnungsamt überwacht, wurde mir erzählt, ein Spaziergang ohne Leine sei dort fast unmöglich. Was bleibt da noch? Der Tiergarten, in dem ebenfalls Leinenpflicht gilt? Der Grunewald, das nächste größere offizielle Hundeauslaufgebiet, das allerdings deutlich weiter weg ist? Es müssen auf jeden Fall größere Strecken zurück gelegt werden, ohne Auto umständlich.
Die sonstige kanine Infrastruktur ist jedoch gut – auch bei Hellweg gibt es eine Zooabteilung und diverse Tierärzt*innen stehen im Kiez ebenfalls zur Verfügung. Mit einem weniger lauffreudigen Hund oder einem Auto lässt es sich hier bestimmt gut leben, für Dexter und mich geht es jetzt aber zurück nach Neukölln.

Buchhandlung am Kleistpark – Ein Kleinod

Artikel von Gastblogger Moritz, geschrieben im Rahmen des Sommerkurses 2012 “Online-Journalismus – Recherchieren und Bloggen” am Career Center der Humboldt Universität

Fast an historischer Stelle gelegen, ist die Fachbuchhandlung am Kleistpark schon so etwas wie eine Rarität in der Potse. Nicht alleine wegen des Fokus auf Botanik und Zoologie, sondern schon weil es eine Buchhandlung ist, und diese sind in der Tat rar geworden.

Die Buchhandlung in der Potsdamer Straße 180 gibt es schon fast 60 Jahre, seit 1954 um genau zu sein. Und das Mobiliar ist genauso alt, was man ihm aber nicht ansieht. Wenn man das Geschäft betritt, so tritt man in einen Raum der Ruhe. Die hektische und lärmende Potsdamer Straße rückt in weite Ferne, der Duft von Büchern und Wissen umfängt einen, aber auch der von Beständigkeit mischt sich unter.

Wer sich in dem Geschäft ein wenig umschaut, findet auch den Grund für Letzteren. Zwischen den verschweißten Neuerscheinungen und den leuchtenden Buchrücken des neueren Bestands, erblickt das Auge auch die matten Buchrücken von Büchern aus anderen Zeiten. Bücher, die wegen des Inhalts gekauft wurden, nicht aufgrund von Marketingmaßnahmen. Hier stehen ein paar, dort stehen ein paar, fast versteckt, einfach herrlich.

Es sei so schon häufiger vorgekommen, dass Kunden beim Anblick eines älteren Buches ein freudiges „genau dieses Buch habe ich lange gesucht“ entfährt.

Fachbuchhandlung für Botanik und Zoologie mit Geschichte

Es ist zwar eine Fachbuchhandlung, aber das war die Buchhandlung am Kleistpark nicht immer. Am Anfang war es eine „normale“ Buchhandlung, und keine Fachbuchhandlung, zwar in derselben Räumlichkeit, allerdings mit gesonderten Büros, einem Keller und einem begehbaren zweiten Stock im Hauptraum dazu.

Die heutige Inhaberin, Frau Gajewsky, leitet das Geschäft zwar erst sei Mai letzten Jahres, aber das Datum täuscht. Sie hat das Geschäft von ihrem Mann übernommen, der dies schon 1995 von den damaligen Eigentümern übernahm, bei denen er seit 1974 angestellt war. Kein Wunder also, dass sie über das Geschäft, aber auch über Berlin, so einiges erzählen kann. Und eigentlich kommt sie gar aus Schweden, aber das ist schon mehr als 40 Jahre her. Auch wenn sie jetzt das Geschäft leitet, so ist ihr Mann weiter mit dabei und kümmert sich vor allem um die älteren Schätze, nur eben nicht mehr den ganzen Tag. Wer also einen speziellen Wunsch hat, sollte sich vormittags auf den Weg in die Buchhandlung machen.

Kleiner aber feiner

Das gleiche Angebot konnte nicht behalten werden, dafür war nach dem Verkauf des die Buchhandlung beherbergenden Gebäudes einfach nicht genügend Platz. Eine neue Ausrichtung musste her und da der andere Buchladen in der Straße sich auf Karten und Atlanten spezialisiert hatte, entschied man sich eben für Botanik. Dass dies auch genau dem Interesse des Ehepaars Gajewsky entsprach, wird hier wohl den Ausschlag gegeben haben – und weniger die Tatsache, dass dann eine Fachbuchhandlung für Botanik und Zoologie wieder fast an historischer Stelle stünde.

Denn der Heinrich-von-Kleist-Park, der auch der Buchhandlung seinen Namen verlieh, war tatsächlich früher ein botanischer Garten. Der Bestand an Pflanzen und Bäumen wurde zwar bis auf einen vor längerem bereits nach Berlin-Dahlem gebracht, um den dortigen Botanischen Garten aufzubauen, trotzdem schließt sich der Kreis. Immer dann, wenn dort eine Ausstellung oder ein Markt stattfindet, ist auch die Buchhandlung mit einem Stand vertreten.

Buchhandlung bleibt Buchhandlung

Trotz der Fachausrichtung hat die Buchhandlung natürlich auch das normale Angebot an Büchern im Sortiment. Wer eine Sprache lernen will oder kochen möchte, findet hier sein Nachschlagewerk, und wer Spannung mag, dem wird mit einer guten Auswahl an Krimis gedient.

Der Tod ist bunt – und blüht

Von HU-Gastbloggerin Nadine Arndt

Wir kennen uns schon lange
Der Phönix und ich
Ich lehrte ihn zwei Worte
Damit er mit mir spricht:
Ende Neu
(Einstürzende Neubauten – Ende Neu)

Düster wirkende alte Eiben und Efeu, verwitterte Grabmale mit schon lange nicht mehr lesbaren Inschriften, gebeugte Frauen in Schwarz die mühsam das welke Laub auf einem Grab entfernen. Stille und Trauer.
So stellt man sich einen typischen Friedhof vor. Doch der Alte Sankt Matthäus-Kirchhof in der Großgörschenstraße entspricht diesem Bild nicht.
Im Norden Schönebergs, am äußersten Rand der berühmten „Roten Insel“ liegt er – ein traditionsreicher Friedhof mit wechselvoller Geschichte.

1856 geweiht war er Begräbnisstätte wohlhabender Kaufleute, Künstler und Wissenschaftler.

Noch heute zeugen viele opulent gestalteten Gräber, Gruften und Mausoleen aus der Gründerzeit vom Reichtum der hier Begrabenen und bieten einen ungewöhnlichen Kontrast zu den vielen, mit Pflanzen, Keramikkatzen, Windspielen, Regenbogenflaggen und roten AIDS-Schleifen liebevoll geschmückten Gräbern aus neuerer Zeit.
Doch beinahe wären die Wirren der Zeit auch dem Kirchhof zum Verhängnis geworden: die Umbettungen auf den Südwestkirchhof in Stahnsdorf,  die zunächst Platz schaffen sollten für Albert Speers monumentale Nord-Süd-Achse, wurden abgelöst von Krieg und Zerstörung und Vergessen & Verfall bis in die 1970er Jahre tat ein Übriges.

Die Liste der hier begrabenen mehr oder weniger bekannten Persönlichkeiten ist lang: Neben den Gebrüdern Grimm, Kaufmann Bolle und dem Mediziner Rudolf Virchow liegen hier auch die Frauenrechtlerinnen Hedwig Dohm und Minna Cauer und die Schriftstellerin May Ayim; den Verschwörern vom 20. Juli 1944 um Graf von Stauffenberg ist ein Gedenkstein gewidmet – nach ihrer Hinrichtung wurden sie hier begraben, aber später von den Nazis ausgegraben und verbrannt, ihre Asche wurde in den Riesenfeldern verstreut.

Auch Ton Steine Scherben-Sänger Rio Reiser hat hier inzwischen seine letzte Ruhestätte gefunden. Vor einem Jahr wurde er von Fresenhagen auf den Matthäus-Kirchhof umgebettet.


Der „König von Deutschland“ ist allerdings nicht der einzige schwule Aktivist der hier begraben ist. Neben der berühmten Berliner Tunte „Ovo Maltine“ findet sich hier auch das Grab des im Jahr 2000 verstorbenen Napoleon Seyfarth, der mit seinem autobiographisch inszenierten Roman „Schweine müssen nackt sein“ als erster deutschsprachiger Autor offensiv mit seiner AIDS-Erkrankung umging.



Da paßt es dann auch ins gar nicht düstere Bild, daß das auf dem Friedhofsgelände gelegene „Café Finovo“ von Bernd Boßmann – in der Berliner Tuntenszene besser bekannt als „Ichgola Androgyn“ – betrieben wird.


Das in einem alten Latrinenhaus gelegene Café ist wohl DAS Aushängeschild einer der ungewöhnlichsten Friedhöfe der Stadt. Das Café nebst Blumenladen „Roter Mohn“ bietet neben Blumen, Kränzen und Trauergestecken auch täglich frisch gebackenen Kuchen und kleine Leckereien, einen Raum für Trauerfeiern, die Selbsthilfegruppe für die Eltern von „Sternenkindern“ sowie für die mobile Sozialberatung durch den „Hartzer Roller“.

Doch wie kommt man dazu, ein Café auf einem Friedhof zu eröffnen?
Bernd Boßmann ist schon um das Jahr 2000 das leer stehende Haus aufgefallen. Der Tod des engen Freundes Ovo Maltine im Jahr 2005 führte dann zu regelmäßigen Besuchen auf dem Friedhof und zur Idee, einen Ort für die existenziellen Bedürfnisse von Menschen schaffen: Weinen, Lachen, Essen und Trinken, Ausruhen und vor allem: Kommunikation.
Boßmann merkt kritisch an: „Friedhöfe sind nicht für die Lebenden gemacht, der Gang auf den Friedhof ist für die meisten Menschen reine Pflicht.“
Auf den Matthäus-Kirchhof hingegen soll man gerne kommen.

Der Name „Finovo“ ist abgeleitet von den lateinischen Wörtern für „Ende“ und „neu“ – das einzelne „n“ in der Mitte des Wortes soll daran erinnern, daß aus dem, was endet (finis), immer auch schon das Neue beginnt (novus). In diesem Sinne steht es auch für die ewige Wiederkehr.
Der ehemalige Krankenpfleger mag es nicht, daß der Tod so häufig einseitig negativ dargestellt und das Leben überbewertet wird. Leben und Tod gehören zusammen und was „besser“ ist, sollte aus der Perspektive des Einzelnen betrachtet werden. Für einen Sterbenden, für einen Kranken mit unerträglichen Schmerzen, für einen Hoffnungslosen kann der Tod das Ziel der Sehnsucht werden und die Erlösung versprechen während das Leben nur noch eine Bürde ist. So sind auch Geboren-Werden und Sterben für ihn einfach nur Phasen des Übergangs die nicht pauschal positiv oder negativ gewertet werden sollten.

Der Cafébesitzer ist auch im Vorstand es Vereins „Efeu e.V.“ der sich nicht nur der Erhaltung des Friedhofs widmet, sondern auch mit Infomappen zu Themen wie „Frauen“ oder „Kreuz und Queer“, Vorträgen & Führungen die Lebendigkeit des Kirchhofs unterstreicht. Das Projekt „Kinder und Kirchhof“, das Kindern den Friedhof mit all seinen existenziellen Themen näher bringen soll, wird nicht ganz so häufig in Anspruch genommen, dafür ziehen die verschiedenen Themenführungen immer wieder Interessierte an.
Der „Garten der Sternenkinder“ ist ein Platz für die „Sternenkinder“, die während der Schwangerschaft oder kurz nach der Geburt verstarben. Hier finden sie ihre liebevoll von Eltern & Geschwistern gestaltete letzte Ruhestätte.


Die Elterngruppe, die sich in den Räumen des Cafés trifft, ist eine Selbsthilfegruppe – abseits von professionellen Therapien wird hier auf das Prinzip „von Mensch zu Mensch“ gesetzt.
Im Eingangsbereich des „Finovo“ finden sich dann neben den Themenmappen auch Bücher zu Trauerarbeit, Begräbnisritualen und Werke der Gebrüder Grimm, von Rio Reiser, Hedwig Dohm oder May Ayim.
Individualität und Selbstentfaltung werden hier groß geschrieben – niemandem soll ein „richtiger“ Umgang mit dem Tod, mit dem Begräbnis, mit dem Glauben, eine „richtige“ Art zu leben und zu fühlen aufgezwungen werden, und so ist auf diesem besonderen Fleckchen Erde jeder ein gern gesehener Gast – die regelmäßigen Besucher mit Harke und Gießkanne ebenso wie die neugierigen amerikanischen Touristen, der ältere, türkische Anwohner, der hier seinen schwarzen Tee trinkt, ebenso wie die junge Mutter, die hier nur schnell ein paar Blumen für eine Feier kaufen will.
Für den Idealisten Boßmann ist das „Gemeindearbeit“. Gemeinde definiert er als Gemeinschaft – das Zusammengehörigkeitsgefühl und die gewachsenen Strukturen im Kiez, die Offenheit für neue Menschen, die Rechte und Pflichten, die sich aus dem Zusammenleben verschiedener Menschen ergeben. Füreinander da sein: für ihn ist das die Basis der Religionen, sich in aller Unterschiedlichkeit respektvoll begegnen können, die Idee des Cafés. Von Besuchern aufgrund seines Schwul-Seins diskriminiert wurde er noch nicht, merkt er an. Und sagt weiter: „Es ist das absolut Unsinnigste, sich selbst zu verleugnen.“ Er ist überzeugt davon, daß, wer sich & sein Sein versteckt, so erst recht Ablehnung, Feindschaft & Diskriminierung herausfordert.

Einfach ist das Leben als Engagierter trotzdem nicht – das ewige Ringen mit den Behörden um die verschiedenen Genehmigungen, fehlende Subventionen, immer wieder die Angst um die Existenz der vielen Projekte.
„Mit Hartz IV hätte ich mehr Geld“, so der trockene Kommentar zum nicht enden wollenden Kampf als Selbstständiger und Ehrenamtlicher.
Einen Kampf hat er allerdings schon gewonnen: Seine „Berlinade“, eine in zwei Geschmacksrichtungen erhältliche Limonade, deren Verkaufserlös in alternative Projekte fließen soll, darf auch weiterhin so heißen. Die Klägerin Bionade scheiterte vor Gericht mit ihrem Vorwurf der Produktpiraterie.

Einen leckeren Birnen-Käsekuchen und viele Eindrücke später, in der Beobachtung des bunten, herzlichen Treibens auf dem Friedhofsgelände wird mir dann eines klar: Friedhöfe sind lebendige Wesen mit einem ganz eigenen Charakter.