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Nissim Zacouto in der Lützowstraße

Menschen machen Orte lebendig. Und Menschen bekommen durch ihren Namen eine Identität.

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Der Ort in Tiergarten-Süd, von dem ich hier spreche, ist die Lützowstraße 111 (Ecke Flottwellstraße). Auf dem heutigen Brachgelände, war Anfang des 20. Jahrhunderts die erste Synagoge osmanischer und türkischer Juden in der Stadt.

Dort war Nissim Zacouto Schatzmeister. Im Jahr 1907 reiste er das erste Mal aus Konstantinopel nach Berlin, erkannte den Markt für Teppiche, zog mit Frau Norma und Sohn Fred hierher, baute eine Großhandlung auf und belieferte Wertheim ebenso wie das KaDeWe.

Als türkischer Staatsbürger war Zacouto nach 1933 zwar anfangs vor direkten Übergriffen geschützt. Da einige Konkurrenten antisemitischen Rufmord betrieben, wurden ihm aber ab 1935 die dringend benötignten Devisen nicht mehr zugestanden. Als im 1938 die türkische Staatsbürgerschaft aberkannt wurde, entschloss sich Zacouto endgültig zur Auswanderung. Es gelang ihm, den Status eines protegé spécial français zu erlangen und 1939 mit seiner Familie nach Frankreich auszuwandern. Seine wertvollen Teppiche, die er zurücklassen musste, wurden an nicht-jüdische Konkurrenten verscherbelt,“ schreiben die Autoren Christoph Kreutzmüller und Björn Weigel in der Dezemberausgabe des Gemeindeblattes „Jüdisches Berlin“

Zacouto und seine Familie überlebte die Greuel des Dritten Reiches. Die gesamte Biographie dieses ungewöhnlichen Mannes entdeckten Christoph Kreutzmüller und Björn Weigel im Zusammenhang mit der Ausstellung „Verraten und Verkauft“ des Aktiven Museums Berlin. Ihre umfangreichen Recherchen haben Sie nun beim Verlag „Hentrich & Hentrich auf Deutsch und Türkisch veröffentlicht.

Nissim Zacouto

Nissim Zacouto. Jüdischer Wunderknabe und türkischer Teppichgroßhändler, Hentrich & Hentrich 2010, 64 S., per Klick zur deutschen Kurzbeschreibung und zur Bestellung

Nesim Zacouto

Nesim Zacouto: Mucize yahudi çocuğlu türk hali tüccari. per Klick zur türkischen Kurzbeschreibung und zur Bestellung

Die Autoren schreiben: Diese Übersetzung soll gerade in einer Zeit hitziger Integrationsdebatten einen Beitrag zur interkulturellen und interreligiösen Verständigung leisten und vor allem türkischstämmige Jugendliche über die faszinierende Lebensgeschichte Nissim Zacoutos mit zwei bisher noch wenig bekannten Aspekten türkisch-jüdischen Lebens vertraut machen: der Geschichte der sefardischen Gemeinde in Deutschland sowie der systematischen Entrechtung und Verfolgung türkischer Staatsbürger jüdischen Glaubens im Dritten Reich.