Schlagwort-Archiv: Pohlstrasse

Auf eine frische Minz-Limo ins „Cafe Eule“

Von HU-Gastbloggerin Marleen

Der Frühling steckt in den Startlöchern und was gibt es da Schöneres als die ersten Sonnenstrahlen in den zahlreichen Parks und Gärten Berlins zu genießen. Ein ganz besonders schönes Sonnenplätzchen ist das „Café Eule“  im Westteil des Parks am Gleisdreieck.

eule1.2Etwas versteckt, abseits der asphaltierten Wege, befindet sich der zum Café umgebaute Container, aus dem heraus die Betreiberin Kristiana Elig und ihre Mitarbeiter täglich herrlich leckeren italienischen Kaffee sowie zahlreiche hausgemachte Leckereien verkaufen. Weiterlesen

Rosario Jimenez – Eine Anwohnerin über ihren Kiez

Von Gastbloggerin Christine

Straßenstrich und Beachvolleyball im Park – in Tiergarten-Süd ist alles zu finden. Was diese Gegensätze für das alltägliche Leben bedeuten, erzählte mir eine Anwohnerin.

Rosario

Rosario Jimenez – seit 10 Jahren im Kiez

Rosario Jimenez lebt seit 13 Jahren in Berlin und seit 10 Jahren im Gebiet um die Potsdamer Straße. Hierin flüchtete sie vor der „Prenzlauer-Berg-Bewegung“, wie sie es nennt, wo damals ein Café neben dem anderen eröffnete. Die Entwicklungen, die ihr Kiez seitdem durchgemacht hat, konnte sie hautnah miterleben. Eine Zeit lang engagierte sie sich im Quartiersrat in Tiergarten-Süd. Vor allem die Allegro Grundschule ist ihr immer ein Anliegen gewesen, der früher ein schlechter Ruf vorauseilte und die heute vor allem durch die Veranstaltung von Konzerten und Theateraufführungen positiv auffällt. Mittlerweile hat sie zwei Kinder, eineinhalb und drei Jahre alt, und kaum noch Zeit für derartiges Engagement.

P1030026

Ein Ort zum Verweilen – der Park am Gleisdreieck

Lieblingsorte im Kiez hat sie so viele, dass ich sie hier gar nicht alle aufzählen kann. Den Park am Gleisdreieck findet sie „einfach sensationell“. Sie malt ein romantisches Bild von der Kurfürstenstraße östlich der Potsdamer Straße mit seinen schönen Gebäuden, den in Wolle gekleideten Pollern und Musikern, die bei offenem Fenster spielen. Besonders schön findet sie auch die Höfe bei der Camaro Stiftung.

Auf die Frage nach ihrem Verhältnis zum Kiez antwortet sie: „Es ist eine Liebe-/Hassbeziehung“. Einerseits gibt es hier die ruhigen Seitenstraßen, unzählige kleine, schöne Hinterhöfe und die Strick-Guerilla in der Kurfürstenstraße. Andrerseits beschreibt sie die Potsdamer Straße als „hart“. Dort gibt es viel Verkehr und zu wenig Licht, es ist nicht sauber, die Leute wirken gestresst. Es ist eine Straße zum Durchgehen, nicht zum Verweilen.

P1030042

Eine Straße mit vielen Gesichtern – die Kurfürstenstraße

Im Kiez gibt es die Zuhälterei und Streitigkeiten zwischen den Sexarbeiter_innen. Stören tun sie die herumliegenden Kondome und schlecht geparkten Autos. Am schlimmsten sei aber die Industrie dahinter: Zuhälterei, Drogen, Streit auf dem Straßenstrich. „Die Zuhälter sind das Problem“, sagt sie. Die Sexarbeiter_innen hingegen beschreibt sie als freundlich. Der Straßenstrich gehöre zum Kiez. Wen das stört, der zieht hier eben nicht her. „Ich bin als Letzte gekommen“, erklärt sie. Laut Rosario sind die Menschen im Kiez sehr engagiert: „Die Leute stehen zu ihrem Kiez und geben sich Mühe.“ Sie glaubt, dass gerade durch die Mischung an Leuten ein respektvolles Miteinander existiert.

Auch die Entwicklungen im Kiez betrachtet sie ambivalent. Sie sieht in den Veränderungen Ähnlichkeiten zur „Prenzlauer-Berg-Bewegung“. Früher war der Kiez „wilder“, es gab mehr Drogen. Viele Wohnungen und Gewerberäume standen leer. Es gab viele Friseure und Spielotheken, aber zu wenig Supermärkte. Weil die Wohnungen so günstig waren, kamen viele junge Leute, die blieben und mittlerweile Kinder haben.

„Und dann gab es die ersten Kunstleute. Wir brauchten eigentlich einen Supermarkt und stattdessen kamen Galerien.“ Sie befürchtet, dass durch die vielen Galerien die Vielfalt des Kiez verloren geht. Vor allem aber wehrt sie sich gegen die Darstellung, ihr Kiez müsste auf diese Art gerettet werden. Andererseits eröffneten in der Potsdamer Straße mittlerweile einige Cafés. „Wir haben uns gefragt, wer geht denn dort hin? Heute machen wir das alle“, sagt sie etwas selbstironisch. Dennoch würde sie ihre Kinder nicht mal schnell zum Bäcker schicken. Denn der ist in der Potsdamer Straße und „dort ist alles zu finden, gut und böse“.

Der Artikel ist entstanden im Rahmen des Winterkurses 2015 “Online Journalismus – Recherchieren und Bloggen” des Career Center der Humboldt Universität

EBE ANO – Nigerian Soul Food

Afrikanisch, kreativ, einzigartig.

Geheimtipps_Ebe Ano_Bild

Valentine Nnamani | Foto: Carmen Jasmyn Hoffmann

Verwinkelt und dennoch gut besucht zeigt sich das Ebe Ano in der Pohlstraße. Im rustikalen Ambiente, mit grob verputzten Backsteinwänden, lockt das interkulturelle Unternehmerpaar mit einer bunten Vielfalt an traditionell nigerianischen Gerichten. Fleischesser, Vegetarier und auch Veganer finden im Ebe Ano das Passende: „Soul Food” im afrikanischen Gewand – im Ebe Ano isst die Seele mit. Als einziges nigerianisches Restaurant in Berlin ist es ein Treffpunkt für die nigerianische Community geworden, findet aber ebenfalls Anklang bei den zahlreichen Kulturen, die auf der Potsdamer Straße verkehren. „Es ist genau das, was wir wollten“, sagt Valentine Nnamani, der bereits auf Sylt als Koch arbeitete. Seit 2009 führt Nnamani mit seiner Frau – das italienische Temperament des Restaurants – den Laden. Und er läuft immer besser: Mundpropaganda und gute Erfahrungen der Gäste lassen das etwas entlegene Ebe Ano aufblühen. Nicht zuletzt wegen der Mischung aus traditioneller Küche, die Nnamani in kreativen Variationen weiterentwickelt und so Tradition und Moderne verzahnt.

Geheimtipps_Ebe Ano_KartePohlstr. 52, 10785 Berlin
Telefon: 030 47 38 45 90
www.ebe-ano.de | info@ebe-ano.de
Ebe Ano auf Facebook

Montag bis Freitag 12.00 bis 23.30 Uhr
Samstag 15.00 bis 24.00 Uhr und Sonntag 15.00 bis 23.00 Uhr

 

Text: Göran Halit

Geheimtipps Potsdamer Straße

Geheimtipps_cover_gesamt_gross

Anfang Mai 2014 erschien die zweite Auflage des Booklets „Geheimtipps Potsdamer Straße“, das Geschäfte und Restaurants im Gebiet vorstellen, die in ihrer Art einzigartig sind. In ihrer Gesamtheit zeigen sie die vielen Kleinodien, die AnwohnerInnen und BesucherInnen der Potsdamer Straße entdecken können. Sie machen den Charme der Straße aus, die von dem international geprägten Einzelhandel geprägt ist.

Die Texte des Booklets, das von LOK.a.Motion GmbH im Rahmen des Projektes „gemeinsam wirtschaften an der Potsdamer Straße“ erstellt worden ist, basieren auf ausführlichen Interviews mit den GeschäftsführerInnen. Dr. Sibyll Klotz, Stadträtin für Gesundheit, Soziales, Stadtentwicklung, war begeistert, denn auch sie als gute Kennerin des Gebietes entdeckte in ihm neue Orte: „Es zahlt sich aus, dass das Quartiersmanagement Schöneberger Norden seit Jahren einen hohen Wert auf das Arbeits- und Wirtschaftsleben im Kiez legt“, lobte sie und betonte, dass durch die persönlichen Geschichten und guten Informationen die Vernetzung von UnternehmerInnen im Kiez bestens gefördert werden.

Insgesamt 16 Geschäfte entlang der Potsdamer Straße und in den Nebenstraße sind portraitiert worden. Hier findet man sie im Überblick. Das Booklet im Printformat erhält man in den jeweiligen Geschäften und im VorOrtBüro des Quartiersmanagements Pallasstraße 5, 10781 Berlin .

Geheimtipps_Liste_Karte

Fotos: Carmen Jasmyn Hoffmann | Text & Layout: Göran Halit

Architektonischer Spaziergang: Mikrokosmos Pohlstraße

Der Artikel ist entstanden im Rahmen des Winterkurses “Online Journalismus – Recherchieren und Bloggen” des Career Center der Humboldt Universität

Von HU-Gastbloggerin Bettina

Bis vor kurzem kannte ich diese Gegend nur vom Hörensagen, aber das Career Center-Seminar brachte mich hierher – so bin ich also eher zufällig hier gelandet und bilde mir meine subjektive Meinung. Die Pohlstraße, die vom Gleisdreieckgelände bis zum Möbel-Hübner-Turm reicht, ist einer der Mikrokosmen, die zum Potse-Kiez gehören. Leider muss man sagen, daß die Potsdamer Straße selbst in weiten Teilen einfach nur dem Auge wehtut, abgesehen von einzelnen Altbauperlen und gelungenen Neubauten, die sich unaufdringlich in die vorhandene Bausubstanz einfügen – wie der ehemaligen Malschule für Frauen mit ihren zauberhaften Höfen als Beispiel für erstere und dem Hutatelier von Fiona Benett für letztere. Weiterlesen

Ebe Ano – wo kulinarische Wünsche wahr werden

Geschrieben von Gastbloggerin Christina Hirsch

Ebe Ano bedeutet „wo es passiert“. Doch was passiert hier genau? Valentin Nnamani, der Koch des Hauses, kennt die Antwort. Die Leute kommen zusammen, entspannen sich, genießen das Essen, reden und fühlen ein Stück zu Hause, weit weg von zu Hause.

Außenansicht Ebe Ano

Das Ebe Ano – so karg wie gemütlich

Er und seine Partnerin Antonella haben sich mitten im Kiez, in der Pohlstraße Ecke Potsdamer Straße, ein kleines nigerianisches Paradies aufgebaut. Von außen unscheinbar, nur ein paar Tische und Stühle machen auf das Restaurant aufmerksam. Doch sobald ich die Tür durchschreite, befinde ich mich in einer anderen Welt, einem liebevoll gestalteten Ort, geschmückt mit traditioneller und moderner afrikanischer Kunst, Figuren, Trommeln und Bildern. Weiterlesen

Kunst an der Potsdamer Straße: Begegnungen mit Künstlern, Galeristen und Besuchern

von Christian Kaiser

Die Gegend um die Potsdamer Straße ist zu einem Kunstquartier geworden. Im Straßenbild sind die Galerien und Ateliers deutlich sichtbar. Fährt man etwa die Potsdamer Straße entlang, so kann man vom Doppeldecker aus in die weißen Räume von Galerien hineinschauen. In deren Inneren sieht man mitunter ein Paar Stiefel schrittweit auseinander stehen oder einen Farbklecks an der Wand – „Ist das Kunst oder kann das weg?“ ist ja längst ein Running Gag.

Wie aber sehen Künstler und Galeristen eigentlich ihre jeweilige Tätigkeit, was bedeutet sie ihnen persönlich?

Was macht überhaupt ein Galerist genau? Und wie wird man zum Künstler? Ist Kunst noch immer gelebte Selbstentfaltung? Und wie gehen dann Künstler und Galeristen mit der Notwendigkeit um, ihre Werke vermarkten zu müssen?

Wieso gibt es eigentlich so viele Galerien und Künstler im Gebiet der Potsdamer Straße?

Gibt es eine Vernetzung zwischen den Galerien und den hier ansässigen Künstlern? Wer kauft denn Kunst, wer besucht Galerien? Kann man tatsächlich von einem Kunst-Boom sprechen?

Gesprochen habe ich über diese Fragen mit zwei Künstlern, die in den U-Bahnbögen der Pohlstraße 11 ihre Ateliers haben, Bettina Lüdicke und Rolf Hemmerich, mit der Managerin der Krome Gallery in der Potsdamer Straße 98, Selina Lai, und mit Alfons Klosterfelde, dem Galeristen der Helga Maria Klosterfelde Galerie in der Potsdamer Straße 97, sowie mit zufällig angetroffenen Besuchern dieser beiden Galerien.

Von diesen Begegnungen berichte ich in fünf Artikeln, zu deren Lektüre ich Sie herzlich einladen möchte:

Urknall im Keller – eine Begegnung mit dem Künstler Rolf Hemmerich in seinem Atelier in der Pohlstaße 11

Skulpturen schaffen, um Raum zu gewinnen – Bettina Lüdicke erzählt in ihrem Atelier in der Pohlstraße 11 von ihrer künstlerischen Arbeit

Von ‚Nieeje‘ und der großen Liebe – Galerien-Besucher. Eine Momentaufnahme

„Es geht darum, den Künstler in seiner ganzen Persönlichkeit zu verstehen“ – ein Gespräch mit Selina Lai, Managerin der Krome Gallery (Potsdamer Straße 98), über die Tätigkeit einer Galerie

Über das Verkaufen von Genuss – eine Begegnung mit Alfons Klosterfelde, Galerist der Helga Maria Klosterfelde Galerie (Potsdamer Straße 97)

Urknall im Keller. Eine Begegnung mit dem Künstler Rolf Hemmerich in seinem Atelier in der Pohlstraße 11

Dieser Beitrag ist Teil des Artikels: Kunst an der Potsdamer Straße. Begegnungen mit Künstlern, Galeristen und Besuchern.

von Christian Kaiser

Atelier Rolf HemmerichParallel zur Pohlstraße, nahe am neuen Gleisdreieck-Park, lässt eine Kuriosität des U-Bahnbaus Raum für Ateliers entstehen: Denn die zunächst oberirdisch über eine eiserne Brücke geleitete U-Bahnlinie 1 fährt hier plötzlich mitten durch die zweite Etage eines roten Mietshauses und wird dann von einem ebenfalls noch oberirdisch verlaufenden Tunnel peu a peu in den Untergrund geführt. Die Besonderheit dieses Tunnels nimmt, wer von der Pohlstraße herüberschaut, nicht wahr, doch läuft man nun zwischen Spielplatz und Neubau durch einen versteckten Torbogen hindurch, findet man sich unerwartet in einer geschützten, aber dennoch sonnenbestrahlten langgestreckten Grünanlage wieder, in der man vom angenehmen Flair eines mediterranen Dorfes meint empfangen zu werden; geht der Besucher nun den Weg am Tunnel entlang, so wird er sehen, dass der Tunnel von Gewölben getragen wird, in denen sich Jugendtreff, Metall- und Holzwerkstatt, Flamenco-Tanzschule und mehrere Künstler mit ihren Ateliers und Ausstellungsräumen eingerichtet haben, unter ihnen auch Rolf Hemmerich, mit dem ich heute verabredet bin.

Herr Hemmerich begrüßt mich und führt mich ins Innere seines Ateliers in der Pohlstraße 11. Ich setze mich an einen langen Holztisch und blicke mich um: Es ist ein hohes, lichtes Gewölbe, über das ab und an die U-Bahn rumpelt. Kunstwerke sind im Raum verteilt: am Fenster ein zackiges Sonnenrad, von einer Stange getragen, daneben ein feingliedriger metallener Strahlenkreis, umrahmt und halb verdeckt von hölzernen Rechtecken. An der Wand gegenüber eine Art plastisches Bild, in dessen Mitte das Innere eines alten Türschlosses zu sehen ist, um das herum schwarze Hölzer angeordnet sind.

Schattenwesen IV, Mooreiche 100x100, Rolf Hemmerich

Schattenwesen IV, Mooreiche 100×100, Rolf Hemmerich, Foto: Rolf Hemmerich

An einer anderen Wand des Ateliers hängen „Schattenwesen“ aus braun-schwarzer Mooreiche. Das Rohmaterial liegt auf einem Tisch in der Ecke, viel ist nicht mehr da. „In den letzten zwei Jahren habe ich mich bemüht, neue Formen, neue Ausdrucksmittel zu entwickeln“, erzählt Rolf Hemmerich. „Ich hatte dabei das Glück, in Polen dieses schwarze Holz zu bekommen, das ist Mooreiche, die ist ein paar Tausend Jahre alt.
Ich war immer schon fasziniert von der Evolutionsgeschichte der gesamten existierenden Lebenswelt, wie sich das Neue aus dem Alten herausbildet bei gleichzeitiger Beibehaltung dessen, was mal war. Das Alte verschwindet ja nicht, das taucht in anderen Formen immer wieder auf. Das konnte ich mit diesem Material, der Mooreiche, zeigen.“

Fossilien sind für seine künstlerische Arbeit eine seiner Inspirationsquellen. Herr Hemmerich hat selbst an Ausgrabungen in einem Steinbruch teilgenommen, in „Solnhofen, wo sie den Urvogel gefunden haben“, und im Rahmen seiner 30-jährigen Tätigkeit als Studienrat für Biologie Evolutionstheorie gelehrt.

„Ich habe Kunst überhaupt nicht studiert. Vor 10 Jahren wollte ich mal an die Akademie gehen, aber dachte dann, dass das doch lieber ein Prozess sein soll, der ganz aus mir selber herauskommt.“ Angefangen hat seine künstlerische Tätigkeit vor etwa 30 Jahren, „mit Fundstücken aus Holz, die ich dann mit dem Messer bearbeitet habe. In einem solchen Prozess  entwickelt man dann eine bestimmte Ästhetik, ein bestimmtes Gefallen an der Sache.“
Heute hat er als pensionierter Studienrat den „Vorteil, dass ich nicht Klinkenputzen gehen muss, sondern wirklich machen kann, was ich will“.

Rolf Hemmerich führt mich in den Keller seines Ateliers, den er mit einiger technischer Raffinesse als Ausstellungsraum hergerichtet hat, so dass jedes seiner Kunstwerke ausgeleuchtet ist. Mein Blick fällt auf eine Art bronzenen Ritterhelm, den er zusammen mit einem Freund selbst gegossen hat. Und auf eine Hunde-Figur (spanisch „Perro“) aus der aztekischen Kultur.
Doch Herr Hemmerich will mir noch etwas Spezielles zeigen: Er dunkelt den Raum ab, steckt einen Stecker in eine Leiste und – plötzlich ist der Raum ganz in Schwarz-Licht getaucht. Aber in Kniehöhe funkeln tausende Farbpunkte auf, gruppiert auf einem x-förmigen Holzgebilde und umrahmt von einem leuchtenden Uhr-Kreis am Boden. Eine kurze, beeindruckte Stille in der farbigen Dunkelheit. Dann seine Erklärung: „Der Urknall!!“
„Da steckt ganz viel Leidenschaft drin. Wenn ich in diesem künstlerischen Schaffensprozess bin, dann vergesse ich Zeit und Raum. Und ich kann mich dem so lange hergeben, wie meine Schaffenskraft an einem Tag reicht. Da freut man sich auch jahrelang über die Produkte, die bedeuten einem was.“

Wieder oben am Tageslicht erläutert mir Herr Hemmerich, warum ihn Inka-Figuren, bronzene Ritterhelme oder der Urknall im Schwarz-Licht interessieren:

Helm-Maske, Esche, 45cm, Rolf Hemmerich

Helm-Maske, Esche, 45cm, Rolf Hemmerich, Foto: Rolf Hemmerich

„Mich interessiert das, was sich im Laufe der Menschheitsgeschichte an Symboliken entwickelt hat, mit denen wir heute noch genauso leben, ohne dass sie uns so bewusst sind, und wir stattdessen so tun, als ob das Alltägliche für uns das allein Ausschlag Gebende wäre. „Archetypen“  – der Begriff stammt von C.G. Jung – ist beispielsweise ein Begriff, der mir sehr viel sagt. Er bezeichnet Strukturen, die sich im Laufe der Entwicklung von Welt und Menschheit immer wieder in anderen Konstellationen verdeutlicht haben. In uns stecken bestimmt auch bildliche Archetypen, woher soll sonst dieses Gefühl von Ästhetik herkommen, wenn viele Leute bestimmte Dinge, Naturerscheinungen etwa, als schön bezeichnen?“

Rolf Hemmerich legt allerdings Wert darauf, seinen Besuchern keine Interpretation oder Sichtweise nahezulegen oder gar vorzuschreiben, im Gegenteil, „ich bin wahnsinnig neugierig darauf, wie die Leute reagieren. Die Rezeption eröffnet ganze Horizonte, an die man vorher gar nicht gedacht hat. Dann gefallen manche Dinge, von denen ich mir das gar nicht hätte vorstellen können.“
„Soll ich ein Beispiel erzählen?“, fragt mich Herr Hemmerich. Aber gerne! „Vor zwei Jahren wurde dieses Gebäude da draußen gebaut und dann lag da auf der Baustelle so ein alter Zinkeimer rum, bisschen verbeult, so einen, wie man ihn vor Jahren benutzt hat. Und mir kam die Idee, den müsste man jetzt irgendwie platt machen. Ja, dann habe ich den Zinkeimer zwischen zwei Holzbretter gelegt und hab` den Baggerfahrer gebeten, da mal drüber zu fahren. Das hat er auch gemacht! Und dann sah das gleich ganz anders aus, nämlich richtig platt, ausgewalzt. Diesen plattgewalzten Eimer habe ich durch die Schlosserei nebenan links und rechts so knicken lassen, dass er genau in eine ehemalige Weinkiste hineinpasst. Den Kasten habe ich schwarz eingefärbt und dann blinkte natürlich dieser Eimer, den habe ich dann poliert, und das sah ganz nett aus. Dieses Objekt lag da anderthalb Jahre und jetzt, auf der letzten Ausstellung, da ging ein Besucher genau darauf zu und sagte: ‚Ach, das ist ja toll, das erinnert mich an so viele Sachen aus meiner Vergangenheit, das muss ich unbedingt haben!‘
Das bestätigt einen immer wieder: Da hast du eine Sache gesehen, die Wirkung auf jemanden hat. Von solchen Dingen bin ich fasziniert!“

„Ja, ich fühle mich hier ausgesprochen wohl.“ Im Frühjahr könne er draußen im Freien arbeiten und komme dabei mit Passanten ins Gespräch. Wie er denn an dieses Atelier in der Pohlstraße 11 gekommen ist? „Ich wohne seit 30, 35 Jahren in dieser Gegend. Durch meine Tätigkeit im Quartiersrat und im Quartier habe ich einige Projekte mit durchgeführt und dabei einen guten Einblick  bekommen, nicht nur in das soziale und ökonomische Geschehen, sondern auch in die Gebäude, die es hier gibt, und was mit diesen Gebäuden geschieht.“

Und zum Schluss erzählt mir Herr Hemmerich noch verschmitzt, wofür so ein Atelier in einem U-Bahnbogen noch so alles gut sei: Für eine Geburtstagsfeier zum Beispiel! In jenem Keller mit dem Schwarz-Licht rückten dann nämlich die Kunstwerke an den Rand des Raumes, Bierbänke würden hineingestellt, der Raum werde geschmückt – und in der Ecke, in der der „Urknall“ zu sehen war, da spiele dann eine Band, mit sattem Klang und ordentlicher Laustärke!

 

Hier geht`s weiter:

Skulpturen schaffen, um Raum zu gewinnen – Bettina Lüdicke erzählt in ihrem Atelier in der Pohlstraße 11 von ihrer künstlerischen Arbeit

Von ‚Nieeje‘ und der großen Liebe – Galerien-Besucher. Eine Momentaufnahme

„Es geht darum, den Künstler in seiner ganzen Persönlichkeit zu verstehen“ – ein Gespräch mit Selina Lai, Managerin der Krome Gallery (Potsdamer Straße 98), über die Tätigkeit einer Galerie

Über das Verkaufen von Genuss – eine Begegnung mit Alfons Klosterfelde, Galerist der Helga Maria Klosterfelde Galerie (Potsdamer Straße 97)

Die kleine(n) Kneipe(n) in unserer Straße…

Geschrieben von Tanja

Bierdurstigen mangelt es an Gelegenheiten in der Potse nicht. Doch was und vor allem wer verbirgt sich hinter den magischen Toren? Ich wollte es genau wissen und testete 2 Spelunken. Etablissements, in die ich vielleicht aus freien Stücken nicht eingekehrt wäre, aus Angst vor einer Überdosis Schlager und Fußball.

19:15 Uhr

Ein Montagabend im verschneiten Januar. Mit einer guten Freundin treffe ich mich an der Kurfürstenstraße. Erhobenen Hauptes bPuschel's Pubetreten wir Puschels Pub.

Direkt zwischen Kurfürstenstraße und Pohlstraße gelegen, ein wahrer Magnet für alle, die aus diversen Gründen noch nicht nach Hause wollen – oder gerade von dort kommen.

Eine Rauchwolke erschwert uns den Weg zum fast leeren Tresen. 2 ältere Herren am Tisch nahe des Eingangs schauen kurz auf, diskutieren jedoch gleich weiter, nippen am Bier, entzünden ein weiteres Lungenbrötchen. Im hinteren Bereich zwei weitere Herren, die selbiges tun. Weiterlesen

Galerie cubus-m – Kunst an der Potsdamer Straße

Geschrieben von Gastblogger Jan im Rahmen des Sommerkurses 2012 „Online-Journalismus – Recherchieren und Bloggen“ am CareerCenter der Humboldt-Universität

Das Bild der Potsdamer Straße befindet sich im Wandel. Einen festen Bestandteil  bilden dabei die vielen Galerien, die sich in den letzten Jahren rund um das Gebiert niedergelassen haben. Im Jahr 2010 wurde in der Pohlstraße 75 schließlich die Galerie cubus-m eröffnet. Auf zwei Ebenen und rund 80 m² finden hier pro Jahr bis zu acht Ausstellungen statt. Weiterlesen