Geschrieben von Gastblogger Tobias
Was treibt einen Menschen dazu an, sich jahrzehntelang seinem Stadtteil zu widmen? Oder in frustrierenden Situationen nicht aufzugeben und sich weiter für eine Sache einzusetzen? Die Frage nach der Motivation und den Menschen dahinter, mit ihren persönlichen Geschichten wird in diesem Artikel beleuchtet.
Das Gleisdreieck ist eine der letzten großen Brachflächen in der Mitte Berlins. Das ermöglicht einerseits viel Freiraum zur Gestaltung. Andererseits sind aber Konflikte zwischen Anwohnern und Investoren, die jeweils ihre Ideen vom Stadtbild verwirklichen wollen, vorprogrammiert. Am Beispiel der aktuellen Entwicklungen am Gleisdreieck wollte ich die Geschichten von Menschen hören, die sich jahrelang engagieren, um den Stadtteil lebenswerter zu machen.
Für eine bessere Atmosphäre
Josef Lückerath, ein alteingesessener Kiezbewohner, hat eine Menge erlebt. Seit nun mehr 43 Jahren lebt und engagiert er sich im Kiez. „In den 1980er Jahren fing ich auf eigene Faust an, mich bei verschiedenen Projekten und Aktionen im Stadtteil einzubringen“, erzählt er. Bei diesen ging es zum Beispiel darum, Baumfällungen und Parkplatzbauten zu verhindern. Überzeugen konnte er, da er auch selbst Ideen und Vorschläge einbrachte und nicht einfach nur dagegen war.
Motivation für seine aufwendige und zeitintensive Einbringung ist, die Lebensqualität im Stadtteil zu verbessern. „Mein Wunsch ist es, der Anonymität in der Großstadt entgegen zu wirken und eine angenehme Atmosphäre im Kiez zu schaffen“, sagt Josef Lückerath. Daher ist er auch über Bekannte in den Quartiersrat Tiergarten Süd gekommen, wo er seit 5 Jahren tätig ist. „Mir ist vor allem der Kontakt zu den Menschen hier wichtig“, betont er.
Das neue Gesicht des Gleisdreiecks
Besondere Erfolge zeigen, dass sich die Arbeit und Energie lohnt. „Wir sind froh darüber, dass das Kurfürstenzentrum umgestaltet wird. Das ist schon ein Erfolg“, erzählt Josef Lückerath, „Aber es gibt noch genug zu tun“. Die Entwicklung am Gleisdreieck sieht er kritisch. „Durch die Neubauten erwarten wir einen Bevölkerungszuwachs von 18 bis 20 Prozent. Die Frage ist, wie man damit umgeht“, bemerkt er. Er sieht die Lage realistisch: „Natürlich wäre mehr Park und Grünfläche schöner, aber es muss hingenommen werden, dass teilweise bebaut wird“. Seine eigentliche Befürchtung ist, dass durch den Zuzug von wohlhabenderen Bevölkerungsschichten die Mieten steigen. Ihm ist es wichtig, die neuen Bewohner einzubinden.
Für die Zukunft erhofft er sich einen lebenswerteren Stadtteil. Die bereits erreichten Erfolge „müssen aber gepflegt werden“, betont er. „Ich wünsche mir einfach eine gute Stimmung im Kiez“.
Engagement zahlt sich aus, hat aber seinen Preis
Gabriele Hulitschke ist über Umwege Mediengestalterin geworden. Ihre Erfahrungen im Beruf helfen ihr auch beim Ehrenamt. So hat sie die Öffentlichkeitsarbeit der Kinder-Magistrale übernommen und nach kurzer Zeit sogar die Leitung. Die Initiative organisiert zum Beispiel Kunstaktionen für Kindergruppen. „Da erfahren wir von allen Seiten positive Resonanz“, sagt Gabriele Hulitschke. Durch ihr Interesse für ihren Kiez ist sie schnell ins Ehrenamt gerutscht. Als Mediengestalterin vermisste sie einen Ort für Gleichgesinnte. „Da wurde ich direkt angesprochen, mich doch auch gleich für andere einzusetzen“, erzählt sie. „Engagement ist für mich lebensbereichernd, es ist ein Lernprozess. Wenn man selbst beginnt Projekte zu initiieren oder Verantwortung zu übernehmen, ist der Wandel aber deutlich zu merken“, sagt sie. Ansonsten kann man sich schnell überfordern und verausgaben. „Ich musste auch lernen nein zu sagen“, schmunzelt sie.
Bei ihren vielen Tätigkeiten, stellt sich die Frage, wie das eigentlich zu schaffen ist. Denn neben der Kinder-Magistrale unterstützt sie auch die projektbegleitende Arbeitsgruppe (PAG) zum Gleisdreieck und ist als Quartierrätin aktiv. „Man braucht eine Menge Kraft“, sagt Gabriele Hulitschke, „Aber es macht ja auch Spaß“. Sie meint, dass man die wichtigen Dinge im Hinterkopf behalten muss, um mit dem Druck umzugehen. „Es hilft auf jeden Fall Gleichgesinnte um sich zu haben“, stellt sie fest, „Manchmal gibt es mehr Unterstützer als man denkt“.
Ein Ausblick
Bezahlbare Mieten sind ihr Hauptziel für die Zukunft. „Außerdem wünsche ich mir Baugemeinschaften, die soziales Wohnen und WG-Formen ermöglichen“. Mit mehreren Kunstaktionen möchte sie den Menschen Probleme im Kiez vor Augen führen. „Mit Kunst kann man das auf eine ganz andere Art und Weise erreichen“, findet Gabriele Hulitschke.
Beide Aktivisten üben mit ihrem Engagement einen entscheidenden Einfluss auf das Stadtgebiet um die Potsdamer Straße aus und tragen ihren Teil dazu bei die Gegend lebenswerter zu machen. Mitmachen lohnt sich!