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Kettensägemassaker an Bäumen und Bürgerbeteiligung

Warum kam kein Anruf, keine email, keine Information? Nicht von den Bezirksämtern, nicht von Grün Berlin, nicht von der Vivico oder sonstwem.

Statt Informationen: Kahlschlag am 26. Januar 2011.

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Es ist nicht zu erwarten, dass die Arbeiter von den Vorgängen wissen. Doch die Mitarbeiter der Firma Berolina-Baumpflege nannten einer aufmerksamen Bürgerin zumindest die Bahn als Auftraggeber. Sie sagten, ihr Auftrag sei es, Pflegemaßnahmen durchzuführen. Das hieße, nicht mehr standsichere Bäumen unter 30 cm Stammumfang zu entfernen. Ahorne und Eschen hätten sie alle entfernt.

Jedoch: Stämme unter 30 cm sehen anders aus.

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Statt Informationen: Unzuständigkeiten

Ein Anruf führte über die für die Flächen zuständige Vivico, zur Firma EPM, die die Grundstücke für die Vivico verwaltet. Konkrete Aussagen waren nicht zu haben. Viele wussten nichts und niemand hatte Ahnung.

Statt Informationen: Unbestätigte Gerüchte

Alles sei bereits an zwei Baufirmen verkauft ist, heißt es aus anderer Quelle. Eine, die da schon mehr gebaut hat und irgendeine aus Freiburg. Aber es seien noch nicht alle Wohnungen verkauft. Bis das erreicht sei, passiere nichts.

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So entsteht: Erneut aufflammendes Mißtrauen. Ein herber Rückschlag in der Bürgerbeteiligung am entstehenden Park auf dem Gleisdreieck.

Den aktiven AnwohnerInnen und QuartiersrätInnen, die sich hier seit Jahren engagieren, ist klar, dass die Fläche, die gerade massakriert wird, nicht zum Westpark gehören. Ja, es sind Bauflächen. Ja, es ist allen klar, dass sie irgendwann bebaut werden.

Doch die letzten Angaben, die auch ich von Grün Berlin gehört habe, waren: nichts ist entschieden, nein, es noch nicht mal irgendetwas angedacht.

Also ist von dem, was hier gerade passiert, auch dem Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg, in dessen Zuständigkeit das gesamte Gleisdreieck gehört, nichts bekannt? Wenn dies so ist, dann ist etwas super faul. Aber auch sonst.

In Kreuzberg gibt es eine lange Tradition der Bürgerbeteiligung. In den östlich an das Gleisdreieck angrenzenden Quartiersmanagementgebieten Schöneberg Nord und Tiergarten Süd ist Bürgeraktivierung und Bürgerbeteiligung ein seit über zehn Jahren aus Steuermitteln finanziertes Ziel.

Die Bezirksämter in Friedrichshain-Kreuzberg, Tempelhof-Schöneberg und Mitte wissen, die beteiligten Planungsämter, Grün Berlin und die Vivico wissen, dass die BürgerInnen, die produktiv in der planungsbeteiligten Arbeitsgruppe mitarbeiten, sich auch für diese Fläche und die Entwicklungen entlang der Flottwellstraße interessieren.

AnwohnerInnen und Bürgerbeteiligten beobachten alle Baumaßnahmen um das Gleisdreick und entlang der Flottwellstraße mit sehr gemischten Gefühlen betrachtet. (siehe: Was bringt das neue Jahr 2011 am Gleisdreieck? )

Die Freifläche vor den S-Bahn Bögen in der Pohlstraße 11, die in den letzten Jahren auch der Jugendarbeit zur Verfügung stand, musste in der ersten Januarwoche an den Liegenschaftsfonds zurückgeben werde. Dieser hat die Fläche an den Projektentwickler des Bauprojektes „Dennewitz Zwei“ übergeben. Im März wird voraussichtlich Baubegin für die drei Wohnhäuser (Bauherrenmodell) sein. Im Augenblick beginnen die vorbereitenden Maßnahmen, wie Vermessen, Bodengutachten und ganz aktuell die Rodung von (wenigen) Bäumen, welche bis spätestens Ende Februar bewerkstelligt sein muß.

Einige der Baugemeinschaften haben den Kontakt zu den hier lebenden Menschen aufgenommen. Da ist zu hoffen, dass sich ein nachbarschaftliches Verhältnis entwickelt. Bei anderen sind nur Luxuswohnungen im Internet zu bestaunen.

Das lässt nichts gutes erwarten. Besonders nicht in Tiergarten Süd, wo AnwohnerInnen in den letzten Wochen von Investoren missachtend und brutal behandelt werden. In der Pohlstraße, zum Beispiel, gibt es Mieterhöhungen von bis zu 60%, das heißt MieterInnen werden auf dem finanziellen Weg rausgemobbt. Die Vermutung ist, dass die Wohnungen alle in Eigentum umgewandelt werden sollen.

Im Bezirksamt Mitte waren bis vor einer Woche weder diese Vorgänge bekannt, noch die Initiativen aus Friedrichshain-Kreuzberg, diese Umwandlungen zu verhindern.

Investoren, Wohnungsspekulanten und Hausverwaltungen haben keine gesetzliche Pflicht, MieterInnen gut zu behandeln, sie zu informieren oder mit ihnen zu sprechen.

Bei öffentlichen Stellen ist das anders. Und auch nicht kompliziert. Es gibt in Verbindung mit den Planungen am Gleisdreieck ein sehr gutes Netzwerk (online und offline), an das leicht Informationen gegeben werden können. Per Fax, per Telefon, per email. Meinetwegen auch per Trommel.

Aber nicht mit Kettensägen.

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Photos:

Vor der Party ist bei der Wahl

Am Freitag, den 26. November 2010, wird von 14 – 19 Uhr der Quartiersrat im QM-Gebiet Magdeburger Platz in Tiergarten-Süd gewählt.

Der Quartiersrat (QR) ist ein gewähltes Bürgergremium mit Vertreter/innen der Anwohner, des Gewerbes vor Ort und der Einrichtungen und Initiativen, die „Partner der Quartiersentwicklung“ sind. Die QR-Mitglieder entscheiden über die Projekte mit, die im Gebiet mit Mitteln aus dem Programm Soziale Stadt gefördert werden, und kümmern sich auch sonst um Vieles, was im Kiez passiert.

Wählen darf jedeR, der/die im Quartier wohnt und dies mit der Vorlage eines Personalausweises oder einem entsprechenden Dokument nachweisen kann. Auch wahlberechtigt sind Gewerbetreibende und Beschäftigte bei einem Partnern der Quartiersentwicklung. Auch hier ist ein Bestätigungsschreiben notwendig.

Mehr Informationen zum Quartiersmanagementverfahren erfahren Sie hier
Zu Wahl und Quartiersrat hier

Und hier erfahren Sie jetzt alles zur Wahlparty, die wir mit AnwohnerInnen, Sympathisanten, Durchreisenden, Eingeladenen, Ausgeschlossenen, Weltenbummlern, dem QM, dem Bezirk, dem Senat, dem Staat und ohne Vorlage irgendwelcher Bescheinigungen feiern wollen.

Wahlparty
Freitag, 26.11.2010 ab 19.00 Uhr
im Café Isotop, Pohlstraße 64

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Programm

19.00 Uhr – Beginn – Essen – …
20.00 Uhr – Verkündung des Wahlergebnisses
21.00 Uhr – Kabarett
danach – Feiern, sich Freuen und das Leben genießen.

Ab Dienstag, den 30. November sind alle Informationen zum Ausgang der Wahl unter www.tiergarten-sued.de zu finden.

Halb aus dem Schlamassel ist noch nicht gerettet – Petition „Rettet die Soziale Stadt“ bis zum 18. November zeichnen

In den frühen Morgenstunden berichtete die Berliner Morgenpost, dass der Haushaltsausschuss des Bundestages gestern beschlossen hätte, dass im kommenden Jahr 455 Millionen Euro für das Programm „Soziale Stadt“ zur Verfügung stehen soll. Auf Berlin entfallen dabei 22,5 Millionen Euro. Das ist mehr als die schlimmsten Befürchtungen prophezeiten und die CDU und FDP an Kürzungen forderten.

Nun kann man darüber debattieren, ob dass das Glas halb voll oder halb leer lässt.

In 2010 standen Berlin 30 Millionen Euro zur Verfügung. Die geplanten Kürzungen hätten nur 15 Millionen übrig gelassen. Sind 22,5 Millionen dann ein Teilerfolg?

Erstmal schon, doch darüber sollte nicht vergessen werden, die derzeit laufende Petition Bauwesen – Keine Kürzung der Mittel für Städtebauförderung beim Bundestag zu zeichen. Dies ist die offizielle Petition beim Bundestag. Zuvor lief schon eine, die von über 7.000 Menschen gezeichnet wurden.

Bei der jetzigen, entscheidenden haben dies bisher 1.042 Menschen gemacht. Doch um überhaupt gehört zu werden, benötigen wir 50.000 Unterschriften. Weder Staatsangehörigkeit noch Volljährigkeit sind dabei von Bedeutung, aber eine Registrierung mit Name und Email-Adresse ist notwendig. Die Daten werden dabei geschützt.

Also klicken, mitzeichnen und weitersagen

Warum?

Gestrichen wird das Soziale an der „Sozialen Stadt“, also alles was über reine Baumaßnahmen hinausgeht, denn CDU und FDP wollen die übrig bleibende Förderung auf investive Aufgaben beschränken, schreibt Anne Wispler, Blogbetreiberin und Kiezmentorin, auf dem von ihr hervorragend betriebenen Blog „Rettet die Soziale Stadt“. Damit gemeint sind aber nicht etwa Investitionen in Bildung und Integration, also in die Menschen der betroffenen „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf,“ fährt sie fort. So setzt sich die Regierung über die Kommunen und Experten hinweg, die gewarnt hatten, dass ohne das erfolgreiche Fördermittel „Soziale Stadt“ große Probleme in den Städten drohen.

Der Untertitel des Blogs bringt auf den Punkt um was es geht: „Die Menschen, nicht die Häuser machen die Stadt“

Denn die Mittel des Städtebauförderprogramm kombinieren bauliche mit sozial-integrativen Massnahmen. Das Programm verbindet bauliche Investitionen der Stadterneuerung mit Maßnahmen zur Förderung von Bildung, Beschäftigung und Integration. In der Petition heißt es dazu: Zentrale Fragen der Gesellschaft wie die Integration und Bildung werden in den Quartieren zusammen mit Bürgerinnen und Bürgern bearbeitet. Das ehrenamtliche Engagement zahlreicher Bewohner, Eigentümer und Gewerbetreibender bei der Gestaltung ihrer Nachbarschaften wird durch die radikalen Kürzungspläne bedroht. Dieses Engagement hat gezeigt, dass der Einsatz staatlicher Gelder durch die Mitarbeit der Bürger wesentlich effektiver und erfolgreicher wird und für den Ausbau sozialen Zusammenhalts in benachteiligten Quartieren unerlässlich ist.

Die Notwendigkeit Geld zu sparen ist allgegenwärtig. Doch wenn man bedenkt, dass jeder Euro Städtebauförderung des Bundes rund acht Euro an Folgeinvestitionen auslöst, kann man auch argumentieren: Den Senat von Berlin kostet das Programm zwar rund 15 Millionen jährlich. Doch folgen dem rund 120 Millionen Euro an Nachfolgeinvestitionen. Das heißt, dass die beschlossenen Kürzungen insgesamt betrachtet Geld aus dem Fenster werfen und Haushaltskonsolidierung verhindern.

Wenn man dann noch bedenkt, wieviel ehrenamtliche Arbeit aufgrund des Programm initiiert und geleistet wird, kann einem schwindelig werden angesichts der vergeudeten Ressourcen, die in Kauf genommen werden. Hier nur ein Beispiel: Die Mitglieder des Quartiersrat Magdeburger Platz haben im Jahr 2010 über 1.000 ehrenamtliche Stunden in die Verbesserung des Quartiers investiert.

Und das gilt nicht nur entlang der Potsdamer Straße. Gerade hat die Friedrich-Ebert-Stiftung die umfassende Publikation Das Programm Soziale Stadt – Kluge Städtebauförderung für die Zukunft der Städte herausgebracht, die die Erfolge und Verbesserungsmöglichkeiten bundesweit beschreibt.

Die Kürzung des Programms trifft 350 Städte und Gemeinden mit fast 600 Quartieren in ganz Deutschland. Und überall dort können Erfolge besichtigt werden: Über drei Mrd. Euro, davon allein 890 Mio. Euro des Bundes, flossen in diese Gebiete. Geld, das Städte und Gemeinden nicht alleine hätten aufbringen können und ohne dass sich die Probleme noch vergrößert hätten.

Nun kann man argumentieren, dass das Programm Soziale Stadt sowieso in den kommenden Jahren auslaufen soll. Das ist sowohl den QuartiersmangerInnen als auch den QuartiersrätInnen bewusst.

Doch wenn man uns die Zeit nimmt, um den Übergang in eine nachhaltige Form der Bürgerbeteiligung vorzubereiten, ist das eine Verschwendung der bisher geleisteten Arbeit. Und legt die Vermutung nahe, dass Bürgerbeteiligung vielleicht gar nicht erwünscht ist.

Ehrenamtspreis an Quartiersrat Jörg Borchardt

Ehrenamt_Briefmarke.jpg Im November 2010 wurde der Ehrenamtspreis für den Bezirk Mitte zum sechsten Mal verliehen. Unter den neun Preisträgern war auch Jörg Borchardt, langjähriger Bewohner von Tiergarten-Süd und Quartiersratsmitglied der ersten Stunde.

Für den Preis können Personen vorgeschlagen werden, deren ehrenamtliches Engagement besonderes Interesse verdient, weil sie im Bezirk Mitte nachbarschaftliche Beziehungen stärken, einen generationsübergreifenden Ansatz verfolgen oder sich für die Förderung von Menschen mit Behinderungen engagieren. Unter dem Vorsitz des Bezirksstadtrates für Soziales und Bürgerdienste wird über die Preisvergabe entschieden.

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Jörg Borchardt, Michael Klinnert (Foto: Recep Aydinlar)

Bei der Verleihung des Preise im Weddinger Alhambra Kino beschrieb Quartiersmanager Michael Klinnert die Verdienste für den Kiez von Jörg Borchardts folgendermaßen: „Jörg Borchardt ist seit fünf Jahren Quartiersrat  und zur Zeit auch Sprecher des Gremiums. Er ist in verschiedenen Arbeitsgemeinschaften vertreten, unter anderem auf Senats- und Bezirksebene.

Er sieht sich hier stellvertretend für die anderen Quartiersräte im Gebiet Magdeburger Platz. Aber sein Engagement ist überdurchschnittlich. Als Beispiel sei der Familiengarten genannt. Jörg Borchardt war hier von Anfang an dabei und hat zur Freude der Kinder einen Lehmofen gebaut, in dem Pizza gebacken werden kann.“

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Die Arbeit ist für Jörg Borchardt wichtiger als die Ehrung (Foto: Recep Aydinlar)

Gemeinsam mit vielen anderen freue ich mich auf die zukünftige produktive Zusammenarbeit. Herzlichen Glückwunsch, Jörg Borchardt.

Wowereit im HAUS am KLEISTPARK mittemang

Die Nachricht, dass der Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit bei seiner Tour durch Tempelhof-Schöneberg auch im Pallasseum Station machen würde kam recht kurzfristig. Dennoch war das Gedränge dann so groß, dass es echt schwer war, ihn vor die Kamera zu bekommen.

Er ist da!

Er ist da!

Wowereit im Scherenschnitt

wäre bei 'nem Quiz schon zu erkennen

Wowereit hinter Kollegen

Dahinter isser!

Wowereit im QM-Büro Schöneberger Norden

Herzlich willkommen im Schöneberger Norden

Doch dann saß er im VorOrt Büro des QM-Büros, mit seinem Bürgermeister-Kollegen Ekkehard Herrn Bandt und hörte zu. Sigrid Witthöft von der Pallasseum Wohnbauten KG sprach über die Erfolge des Pallasseums sprach, das längst kein Moloch mehr ist. Sie sagte auch, dass dort die Mieten sozial verträglich bleiben sollen. Denn nicht nur neue MieterInnen sind erwünscht und tummeln sich teilweise auf Wartelisten, sondern auch die MieterInnen, die bereits in der zweiten und dritten Generation hier wohnen, sollen nicht verdrängt werden.

Dann kamen AkteurInnen der Sozialen Stadt zu Wort. Unter anderem war es lustig, dass Frau Gut die bezirkliche Koordinatorin Quartiersmanagement ist und auch eine Frau Glück in die Arbeit eingebunden ist. Und lustig war es auch, als Quartiersmanager Peter Pulm von den manchmal hitzigen Debatten mit dem Quartiersrat sprach und Bürgermeister Wowereit entgegnete „Warum soll es Ihnen denn besser gehen als mir mit dem Parlament.“

Die Stimmung war also bestens und Wowereit hatte dann noch die technische Frage, ob denn die vielen Satellitenschüssel wirklich sein müssten. Schön sei ja das Projekt „Von Innen nach Aussen“ des Künstlers Daniel Knipping, mit dem die BewohnerInnen auch etwas von sich nach außen preisgeben. Ach wirklich – individuelles TV-Geschehen sei also nur mit individuellen Schüsseln möglich. Nun gut.

Dann begann der Rundgang durch diese Wohnanlage, in der eine Kleinstadt von circa 1.500 bis 2.000 Menschen lebt. Die laute Potsdamer Straße, Ex-Standort des Sportpalastes, Standortentwicklung und auch die ganz Kleinen waren da.

Wowereit und Kita Kinder

Kita im Pallasseum

Irgendwann kamen dann die QuartiersrätInnen Gerhard Haug und Heide Rienits zum Zuge und sofort zur Sache. Das Bezirksamt, respektive Stadtrat Bernd Krömer, möchten die alt-ehrwürdige Kulturinstitution HAUS am KLEISTPARK mitsamt der Leo-Kestenberg-Musikschule aus Kostengründen schließen.

In einem Antrag fordert der Quartiersrat Schöneberger-Norden die BVV Tempelhof-Schöneberg nun auf, die von der Bezirksverwaltung geplante Schließung des Standortes Haus am Kleistpark und Leo-Kestenberg-Musikschule abzulehnen und sich für den Erhalt dieses kulturell bedeutenden Schöneberger Standortes einzusetzen.

In dem Antrag wird die kommunale Galerie Haus am Kleistpark und die Leo-Kestenberg-Musikschule als Schönebergs kultureller Leuchtturm auf überregionaler und internationaler Ebene und wichtiger Stabilisierungsfaktor für das Quartiersmanagementgebiet Schöneberger Norden und als das wesentliche Bindeglied zur neuen Galerienszene im Gebiet der Potsdamer Straße und Kurfürsten-/Bülowstraße bezeichnet. Außerdem wird auf die historisch bedeutsame Tradition verwiesen, denn es ist das einzig erhaltene Gebäude am ehemaligen Standort des Botanischen Gartens, hier wurde der Naturschutz begründet. Der Quartiersrat bemängelt, dass eine Verlagerung von Galerie und Musikschule erheblich höhere Kosten für den Bezirk verursachen würden.

Auch die Initiative proHaK, in der sich KünstlerInnen und AnwohnerInnen zusammen geschlossen haben, erklärten in einer Pressemitteilung, die ebenfalls bei dem Wowereit-Besuch verteilt wurde:

Damit schießen sie ein Eigentor! Sie koppeln sich damit endgültig davon ab, zur Mitte Berlins zu gehören, denn anders als in Charlottenburg, Mitte und vielen anderen Bezirken gibt es in Tempelhof-Schöneberg keine überregionalen Kultureinrichtungen.
Wir sehen, dass diese Bezirksentscheidung von gesamtstädtischer Bedeutung ist.
Wenn das Haus am Kleistpark – als eine der drei wichtigsten kommunalen Galerien – fällt, könnte dies einen Domino-Effekt erzeugen und nach und nach könnten auch die anderen dezentralen Einrichtungen wegbrechen.
Ein Desaster für die Kulturstadt Berlin, die von ihrer Vielfalt lebt.

Praktisch so ein vor-Ort-Termin. Da ist die Bevölkerung dran.

Noch vor der HAUS am KLEISTPARK Sache

Gemeinsam Wowereit und Band

Und der Regierende Bürgermeister reagierte empathisch und prompt und forderte gleich mal seinen Bürgermeisterkollegen auf, das Haus nicht zu verkaufen. Sprach’s und spazierte weiter durch’s Quartier.

Doch noch ist das Haus am Kleistpark nicht winterfest. Hier zwei wichtige Termine:

Montag, 25.10.:  Sitzung der Fraktionen um 18.00 Uhr Rathaus (nicht öffentlich)

Mittwoch, 27.10.: BVV Sitzung 17.00Uhr, entscheidende Sitzung (öffentlich)

Alle Macht den Bürgern – QM als Zukunftsinvestition oder Millionengrab?

Von HU-Gastblogger Christian Döring

Im Rahmen des Bund-Länder-Programms „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf – die soziale Stadt“ wurden in Gebieten mit erheblichen Defiziten, z. B. bezüglich Infrastruktur, Integration von Ausländern und Menschen mit Migrationshintergrund, der Arbeitsmarktentwicklung und der Bekämpfung des Leerstandes von Wohn- und Gewerberäumen, Quartiersmanagements (QM) installiert.

Allein in Berlin Mitte gibt es fünf QM-Gebiete, in denen für obengenannte Probleme Lösungsansätze entwickelt und angewendet werden sollen.

Eines dieser Areale, das QM Magdeburger Platz, ist direkt an der Grenze zum südlichen Bezirk Tempelhof-Schöneberg gelegen. Es wird umrahmt von der Kurfürstenstraße im Süden, dem Landwehrkanal im Norden, der Flottwellstraße im Osten und der Einemstraße sowie dem Lützowplatz im Westen.

Bereits seit 1999 übernimmt das Quartiersmanagement die Aufgabe, im Kiez schlummernde Potentiale aufzudecken und zu aktivieren, um somit den vielfältigen Problemen zu begegnen. Seit 2006 unterstützt ein demokratisch gewählter, 23 Mann/Frau starker Quartiersrat (QR), zusammengesetzt aus BürgerInnen sowie örtlichen Vereinen und Institutionen, das Quartiersmanagement.

Der Quartiersrat diskutiert den Sinn und voraussichtlichen Nutzen eingebrachter Ideen und Vorschläge, stimmt darüber ab und leitet die von der Mehrheit angenommenen Projekte ans QM weiter. Das QM hilft wiederum bei der Ausformulierung der Projektanträge und begleitet den bürokratischen und organisatorischen Teil der Umsetzung.

Die Einrichtung des Quartiersrates (QR) verleiht den Anwohnern und Gewerbetreibenden vor Ort ein Mitspracherecht, wenn es um die Lösung aufkommender und präsenter Probleme im Kiez geht. Der QR versteht sich dabei selbst als „Schnittstelle zwischen Bevölkerung und Verwaltung“. Bürgerbeteiligung ist also das zentrale Stichwort. Der Bürger wird mit Kompetenzen und einer gewissen Entscheidungsgewalt ausgestattet (die endgültige Entscheidung obliegt weiterhin dem Bezirk) und zugleich zur Verantwortung gezogen. Es obliegt ihm Projektideen vorzuschlagen und sich ggf. im QR zu engagieren.

Das klingt auf der einen Seite nach mehr Mitbestimmung für Anwohner, die quasi als Vor-Ort-Experten am besten wissen müssten, wo die Defizite im Bezirk liegen und wie man ihnen begegnet. Auf der anderen Seite unterliegt der Maxime der Hilfe zur Selbsthilfe in diesem Fall immer der Gedanke, dass es bei Misserfolgen oder der Verschlimmerung der Problemlagen im Kiez, dem Unvermögen der Bürger geschuldet ist, keine adäquaten Lösungsansätze zu entwickeln.

Äußerst kritisch betrachtet, könnte man diese neue Form der Bürgerbeteiligung also auch als Problemabwälzung von eigentlich in der Verantwortung des Staates liegenden Aufgaben auf Anwohner und Quartiersmanager verstehen.

Auf die Aufgaben des QM Magdeburger Platz angesprochen, entgegnet Quartiersmanager Jörg Krohmer, dass“ das Quartiersmanagement Magdeburger Platz neun Handlungsfelder hat, in denen es tätig wird. […] Beschäftigung soll geschaffen werden, indem man das örtliche Gewerbe stimuliert, das Bildungsangebot soll ausgeweitet werden. Es wird eine bessere Qualität des Wohn- und Lebensraums angestrebt durch die Beseitigung von Baumängeln, auch die Infrastruktur soll aufgewertet werden, vor allem die soziale Infrastruktur….“.

Allein diese ersten vier Handlungsfelder klingen nach einer Menge Arbeit. „Wir im QM sind drei Leute. Der Michael Klinnert ist der Projektleiter des ganzen QM und kümmert sich um soziale und kulturelle Projekte. Recep Aydinlar ist verantwortlich für Integration und Sprachförderung und meine Gebiete sind die Gewerbeförderung vor Ort, die Sicherheit und die Imageverbesserung.“ so Herr Krohmer. Zugleich sind die Quartiersmanager Anlaufstelle für Bürger vor Ort, haben ein offenes Ohr für deren Probleme und stehen ihnen beratend zur Seite. Außerdem ist „das Projekt soziale Stadt durch seine stärkere Bürgerbeteiligung zur Entscheidung der Verteilung der Mittel sehr verwaltungsaufwändig geworden und jetzt kommt auch hinzu, dass wir die Abrechnung der Mittel und das Monitoring über den Erfolg der Maßnahmen machen müssen.“ Dafür geht dann schon mal ein Drittel der Zeit und mehr drauf.

Im Quartiersmanagement ist man sich der eigenen Schwächen also durchaus bewusst. Auch dass man grundlegende strukturelle Probleme auf regionaler Ebene nicht lösen kann (z. B. strukturelle Arbeitslosigkeit) und dass die Projektförderung auf lange Sicht auf eher wackeligen Beinen steht, da sie für maximal fünf Jahre vom Bund-Länder-Programm Soziale Stadt gewährleistet wird, und anschließend selbsttragend, d. h. von privater Hand finanziert und fortgeführt werden muss. „Erfahrungsgemäß funktioniert das so nicht, weil sich keine Sponsoren für die Projekte finden und sie in der Folge nicht verlängert werden können.“

Nichtsdestotrotz lassen sich QM und QR nicht entmutigen Projekte vorzuschlagen und sie durchzuführen. Und dies mit beachtlichem Erfolg.

Die Ausweitung der Französisch-Sprachlernangebote ist eine solche Erfolgsgeschichte. Bereits vor fünf Jahren wurden an der Fritzlar-Homberg-Grundschule sowie an der Grips-Grundschule französische Arbeitsgemeinschaften eingerichtet. Gleiches gilt für den INA Kindergarten Lützowstraße. Dort wurde französisches Personal eingestellt, welches mit den Kindern auf spielerische Art und Weise die französische Sprache erlernt. Dies ebnet möglicherweise für sie den Weg für das im Bezirk ansässige französische Gymnasium.

Die enorme Resonanz auf die Angebote führte zu deren Ausweitung. Sie haben sich mittlerweile etabliert und sogar Unterstützung durch das Institut Français und die Deutsch-Französische Gesellschaft Berlin e.V. erwirken können.

Eine andere Erfolgsgeschichte ist der Familiengarten in der Kluckstraße. Er wurde unter Beteiligung der Anwohner beplant und erfreut sich reger Beliebtheit, besonders im Sommer. Ausgestattet mit einem Streetsoccerplatz, einem Sandspielplatz, einer Liegefläche, den interkulturellen Gärten, einer Hügellandschaft, einem Grillplatz mit Lehmofen und vielem mehr, lädt der Familiengarten seine umliegenden Anwohner ein zum Spielen, Sonnen, sich Begegnen und Austauschen, zum gemeinsamen Grillen und Feste-Feiern. Damit hat er seinen Zweck voll und ganz erfüllt, nämlich die Anwohner des Kiezes miteinander bekannt zu machen und zu vernetzen, eine soziale Infrastruktur aufzubauen zwischen Menschen, die sich räumlich so nah sind und vielleicht doch nie begegnet wären.

In dieser Hinsicht kann Quartiersmanagement einen wahrscheinlich kaum messbaren Beitrag zur Verbesserung des Klimas innerhalb eines Kiezes und zum Zusammenhalt der dort ansässigen Bewohner leisten. Zumindest solange es engagierte Bürger gibt, denen ihr Umfeld nicht egal ist, die viel ihrer persönlichen Zeit und Kraft investieren, um etwas für die Gemeinschaft zu tun. Solange es solche Bürger gibt, kann der Staat sich erlauben, Probleme abzutreten.

QuartiersrätInnen tun’s auch bei Regen

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Potsdamer - Kurfürstenstraße

….hinausgehen

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Kita Sonnenschein Pohlstraße

….mit AnwohnerInnen sprechen

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Vor der Gleisdreieck - Veranstaltung

….sich um ihr Quartier kümmern

….UND

Den Wahlkampf 2010 eröffnen

In zwei Monaten wird der Quartiersrat Magdeburger Platz in Tiergarten-Süd neu gewählt. Im Gegensatz zu anderen Quartiersmanagementgebieten organisiert der Quartiersrat in Tiergarten-Süd die Kampagne und die Werbung selbst. In diesem Jahr arbeiten wir in Idee und Planung mit Christoph Andrews (Listros e.V.) zusammen.

Trotz strömenden Regens gingen gestern QuartiersrätInnen in eine KiTa, auf die Straße und zur Gleisdreieck-Veranstaltung, um interessierte BürgerInnen auf die Arbeit und die bevorstehenden Wahlen aufmerksam zu machen.

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Plätze frei im Quartiersrat Magdeburger Platz

Denn ab Januar 2010 wird es wieder freie Plätze im Quartiersrat geben, sprich neue KandidatInnen können sich ab sofort im QM-Büro melden. Eine Informationsveranstaltung für interessierte BürgerInnen findet am Donnerstag, den 4. November um 18 Uhr im Nachbarschaftstreff Pohlstraße 91 statt.

Der Quartiersrat ist ein Gremium aus AnwohnerInnen, Gewerbetreibenden und Starken Partnern (Initiativen, Vereinen, Organisationen) in Tiergarten-Süd. Sie arbeiten ehrenamtlich und ihre Hauptsaufgabe besteht in der Auswahl von Projekten aus den Bereichen Kultur, Bildung, Integration, Netzwerken, Sicherheit.

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Plätze frei im Quartiersrat Magdeburger Platz

Außerdem berichten die Mitglieder aus ihrem alltäglichen Umfeld und besprechen Themen, die gerade im Kiez aktuell sind. In der Planung des neuen Westparks auf dem Gleisdreieck waren, zum Beispiel, QuartiersrätInnen aus Schöneberg Nord und Tiergarten-Süd maßgeblich beteiligt.

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Wahl des Quartiersrats: 26. November - 14 - 19 Uhr - Nachbarschaftstreff Pohlstraße 91

Einladung zum 2. Planungsforum für den Westpark

Gleisdreieck

Nun schon seit mehreren Jahren verfolge ich die Diskussionen, die sich um die Neugestaltung des Gleisdreiecks erst zum Ost- und nun zum Westpark ranken. Ein teilweise erbitterter Streit, wo ich teils den Verdacht hegte, manch selbsternannte BeschützerInnen kämpfen um einzelne Grashalme.  Dann besuchte ich Veranstaltungen und Planungsforen, auf denen mir die PlanerInnen und Bezirksbeauftragten sehr radikal niedermähend vorkamen. Dann wiederum erlebte ich in email-Diskussionen die heißen Auseinandersetzungen zwischen AnwohnerInnen und NaturschützerInnen. Hinzu kam im vergangenen Jahr die Erweiterung der Planungen und Initiativen über die Yorckstraße hinweg in die Bautzener Straße, wo der Park ja seine Verlängerung finden wird.

Doch all dies zusammen genommen ist für mich letztendlich eine fruchtbare Diskussion um öffentliches Gelände, die an anderer Webstelle fachkundig (und kontrovers) zu verfolgen sind.

Gleisdreieck-Blog

Landwehrkanalblog

Anwohnerinitiative Flaschenhals – Bautzener Straße

Im November 2009 gab es die erste öffentliche Veranstaltung auf der Westseite des Parkes. Danach formierte sich eine Gruppe von QuartiersrätInnen aus Tiergarten-Süd und Schöneberg-Nord, die aktiv in den Planungen eingebunden wurden. Durch ihre regelmäßigen Berichte und auch Veranstaltungen gaben Sie meines Erachtens auch der Bevölkerung hier an der Potsdamer Straße die Möglichkeit, Wünsche zu äußern und Entwicklungen mitzuverfolgen.

Morgen werden die Ergebnisse präsentiert. Ich leite die Einladung der QuartiersrätInnen hiermit gerne weiter.

Gleisdreieck - Diskurs nach der Begehung am 17. April 2010 in der POG

Liebe Anwohner, Mitstreiter, an der Planung zum Westpark Interessierte,

über viele Jahre hinweg war das Gelände des Gleisdreiecks sich selbst überlassen. So manche  (Berliner) Pflanze konnte hier ungestört Wurzeln treiben. Viele Erinnerungen sind mit dem Gelände verbunden für die, die hier schon immer Ausgleich zur Betriebssamkeit der Großstadt gefunden haben. Und nun verändert sich dieses Gelände. Hoch und vielfältig sind die Erwartungen an den neuen Park.

In dem Prozeß der Bürgerbeteiligung zum Westpark war Ihr Input wichtig. Ihre Kritik, IhreAnregungen, Bedenken und Wünsche sind in die Arbeit der projektbegleitenden Arbeitsgruppe mit eingeflossen und haben so die Planungen nachhaltig verändert. Diesen neuen, überarbeiteten Plan möchten wir Ihnen als AnwohnervertreterInnen gemeinsam mit GRÜN Berlin vorstellen.

Einladung zum 2. Planungsforum zum Westpark
Montag, 27. September 2010 ab 18.00 Uhr
im Gemeindesaal der 12 Apostel Kirchgemeinde, Apostelkirchplatz 1, 10783 Berlin
(Nähe U-Bahnhof Kurfürstenstr.)

Die Quartiersräte des Schöneberger Norden und des Magdeburger Platzes werden gemeinsam mit den Planern vom Atelier Loidl und GRÜN Berlin den überarbeiteten Entwurf vorstellen. Es gibt genügend Zeit für Fragen und Antworten.

Wir freuen uns auf ein Wiedersehen und eine rege Beteiligung am 2. Planungsforum.
Im November planen wir speziell für Senioren / Rollstuhlfahrer eine weitere Vorstellung des Parkentwurfs.

Herzliche Grüße
und noch ein schönes Wochenende

Gabriele Hulitschke
im Auftrag der AG ‚Gleisdreieck‘ der Quartiersräte Magdeburger Platz und Schöneberger Norden

Sag beim Abschied leise Servus ODER Brauchen wir Linksautonome?

Die Künstlerinnen Anita Staud und Freda Heyden sind nicht mehr im Quartier. 16 respektive 18 Jahre arbeiteten sie dem Anton-von-Werner-Haus, der Villa des wilheminischen Hofmalers. Dieses Kleinod liegt ihm Hof des ehemaligen Tagesspiegel Gebäudes.

Anita Staud und Freda Heyden waren ein fester Bestandteil im kulturellen Leben des Kiezes. Sie stellten ihre Werke aus, gaben Malkurse für die AnwohnerInnen – jung und alt, migrantisch, herkunftsdeutsch, gut situiert und prekär lebend. Sie waren dabei beim jährlichen Kunstevent Magistrale. Anita Staud engagierte sich im Bürgergremium Quartiersrat Magdeburger Platz, unterrichtete an Grips- und Fritzlar-Homberg-Grundschule und initiierte im letzten Jahr gemeinsam mit dem Frauentreff Olga ein Projekt mit Prostitutierten.

Die Auseinandersetzung mit dem Ort und seiner Umgebung war für beide Teil ihrer Kunst.

Ein Nachruf? In gewisser Weise schon. Dabei sind die beiden nicht gestorben, sondern haben selbst gekündigt. Freda Heyden ging Ende Mai. Heute hat auch Anita Staud ihr Atelier geräumt.

Es ist nicht logisch, dass zwei Künstlerinnen genau zu dem Zeitpunkt ausziehen, an dem die Potsdamer Straße und Umgebung sich zu einem kulturellen Hotspot entwickelt. Ihr Auszug ist Folge der Preispolitik des neuen Besitzers des Tagesspiegel Geländes, der Kuthe GmbH.

Die Begegnung begann für die beiden Künstlerinnen einige Tage nachdem die Kuthe GmbH den Zuschlag für das Gelände bei der Zwangsversteigerung Anfang Dezember erhalten hatte. Umgehend wurde am 15. Dezember eine Sonderkündigung und ein Angebot auf Vertragsverhandlungen zur Fortsetzung des Mietverhältnisses an die Mieterinnen entsandt.

Gewiss, ein Besitzerwechsel bringt Mietpreisänderungen und nach jahrelangen paradiesischen Mietkonditionen waren beide auf eine höhere Miete vorbereitet. So trafen sie mit Oliver Freymuth, dem Vertreter der Kuthe GmbH. Doch ein konkretes neues Angebot erhielten sie erst drei Monate später, Mitte März.

Bei den informellen Gesprächen hatten die Mietforderungen bei € 600 plus Heizung begonnen, dann kamen Betriebskosten hinzu, dann Versicherung. Wenn auch alles andere insgesamt vage blieb, die Mietforderungen stiegen und stiegen und standen in klarem Widerspruch zu den gleichzeitigen Hinweisen des neuen Besitzers auf den maroden Zustand der Bausubstanz.

„Ich dachte wir würden uns bei den Verhandlungen in der Mitte treffen,“ sagt Anita Staud. „Doch die Angebote des Vermieters wurden von Mal zu Mal höher.“ Die Verhandlungstemperaturen kühlten ab. Und draußen kam der Winter nicht zum Ende. Am 8. Mai wurde die Heizung abgestellt, obwohl im Haus nur 12 Grad waren.

Da hatte sich Freda Heyden schon für einen Umzug ins Bethanien entschloss. Anita Staud sah zu der Zeit noch Verhandlungsmöglichkeiten. „Wir hatten in den vielen Jahren Besitzerwechsel erlebt, doch waren wir immer an ein sehr kooperatives Verhältnis zu unseren Vermietern gewöhnt,“ sagt Anita Staud. „Und so verhielten wir uns auch dem neuen Vermieter gegenüber.“

Sie selbst war schon vor dem Zwangsversteigerungstermin des Tagesspiegel Geländes mit verschiedenen am Anton-von-Werner-Haus interessierten Kreisen in Gespräch getreten, um zu überlegen, wie das Haus und die Umgebung erhalten und aufgewertet werden könnte. Dann holte sie auch den Atelierbeauftragte des Landes Berlin, Florian Schöttle, hinzu, der sich mit Oliver Freymuth zu einem Gespräch traf.

Selbst Mitte Mai deutete Oliver Freymuth noch an, den Standort Potsdamer Straße 81 unter Einbeziehung des Anton-von-Werner-Hauses in einen Kulturstandort entwickeln zu wollen. Für Anita Staud solle dort ein Platz sein.

Freda Heyden zog am 31. Mai aus. Am nächsten Tag wurde ohne Ankündigung oder Hinweis auf einen Schadensfall im ganzen Haus das Wasser abgestellt. Erst mit nachdrücklichem Einschreiten eines Anwaltes fing es zwei Tage später wieder an zu laufen – das kalte Wasser. Warmes Wasser gibt es sowieso nicht.

Gleichzeitig bekam Anita Staud am 2. Juni eine Räumungsaufforderung und die Androhung einer Räumungsklage, wenn sie dieser nicht nachkäme. Für den Fall, dass der Auszug nicht fristgerecht erfolgte, wurde ihr ein Mietausfallschaden von € 3.500,00 zzgl Beitriebs- und Nebenkosten zzgl. MwST angekündigt. Für eine 160qm große Atelierwohnung, die zwar unter Denkmalschutzaspekten wertvoll, deren Infrastruktur (Wasser, Heizung etc) jedoch miserabel ist.

Das ging Anita Staud gegen den Pinselstrich. Aus Prinzip. Sie kündigte zu Ende Juni 2010.

„Wir sind zu allem bereit,“ hatte Stefan Freymuth im Dezember 2009 kurz nach der überraschenden Ersteigerung des Geländes in einem Gespräch mit potseblog gesagt. „Wenn jemand eine tolle Idee hat, dann sind wir sehr aufgeschlossen.“

Unter einer Prämisse: „Es muss sich aber rentieren.“

Dieses Statement fand sich in etwas abgewandelter Form im Programm der „Fabelhaften Meret Becker Show“ wieder, der ersten Show der Kuthe Arnold Kuthe Entertainment GmbH im Wintergarten Varieté. Bei Nichterfüllung erneute Schließung.

Und im April 2010 wiederholte es Stefan Freymuth freundlich unverbindlich bei einem Gewerbegespräch zum Thema „Kreativwirtschaft in der Potsdamer Straße – Ambivalenzen und Chancen der Ansiedlung der Kreativen Szene im Gebiet rund um die Potsdamer Straße“, zu dem das Quartiersmanagement des Schöneberger Nordens geladen hatte. Nachfragen zu der Situation der Künstlerinnen im Anton von Werner Haus beantwortete er zugeknöpft bestimmter mit dem Hinweis auf den bisher lächerlich niedrigen Mietpreis, der sich nun gar nicht mehr rechnete.

Rendite als oberste Maxime der Geschäftsphilosophie ist in der Immobilienbrachen nicht überraschend. Und möglich, da die Kuthe GmbH nun zwei Filetstücke in der Potsdamer Straße besitzt.

In der Potsdamer Straße 96 – dem Gebäude des Wintergarten Varietés – werden zur Zeit circa 4.000 qm Bürofläche zum Preis ab 6,70 €/m² zzgl. MwSt.  Auf der gegenüberliegenden Straßenseite in der Potsdamer Straße 77-87 (ungerade Zahlen) und der parallel verlaufenden Körnerstraße 1-10 gibt es weitere 13.100 m² Nutzfläche, ohne Preisangabe. (Internetseite www.kuthe.de am 26. Juni 2010)

Als Nutzungsart werden Medien-, Künstler- und Galeriequartier, Büroensemble, Hotel/Hostel, Seniorenwohnen, Dienstleistungskomplex, Gründerzentrum anvisiert. Und der Standort wird folgendermaßen angepriesen:

Der neue Galeriestandort – Wintergarten Quartier – im Herz der Stadt
Schon jetzt haben über 100 Künstler, Künstlerinnen und Galerien ihre Heimat in der direkten Nachbarschaft gefunden. Mit dem Wintergarten Quartier wollen wir diesem Standort ein neues kulturelles Herz geben.

Welch Herz schlug denn in den vergangenen Jahrzehnten an der Potsdamer Straße?

Durch die Mauer zur Sackgasse geworden, hatte die Hausbesetzerszene in den 80er Jahren eine Aufwertung der Potsdamer Straße durch Kahlschlagsanierung verhindert. Es entstand ein bizarres Biotop, eine Mischung aus LebenskünstlerInnen, Prostitutionsszene, MigrantInnen, Medienschaffenden.

Nach der Maueröffnung wurde die Straße in Stadtplanung und Neugestaltung des Potsdamer Platzes nicht mitgedacht und verpasste den Anschluss. Seit 1999 wird mit Mitteln der Sozialen Stadt versucht, die Gegend zwischen Landwehrkanal und Kleistpark vor dem Abkippen zu bewahren. Sie ist in zwei Quartiersmanagementgebiete aufgeteilt.

Ein wichtiger Punkt ist die Bürgeraktivierung, d.h. die Einbeziehung aller Bevölkerungsgruppen in demokratische Prozesse und aktive Teilhabe an der Gestaltung des Lebens- und Wohnumfeldes. Dies ist zu einem guten Stück gelungen.

Sowohl im Quartiersrat Schöneberger Norden als auch in Tiergarten-Süd spiegelt sich die Bevölkerungsstruktur der Gebiete wieder, d.h. circa 50% der Sitze sind von Menschen mit deutschem Hintergrund, 50% der Sitze von Menschen mit migrantischem Hintergrund besetzt. Es gibt ein interreligiöses, seit kurzem auch ein interkulturelles Netzwerk. Elterncafés aktivieren, das Mehrgenerationenhaus Kiezoase bringt Menschen zusammen und Jugendliche von der Straße, die Fritzlar-Homberg-Grundschule und Neumark Grundschule haben eine Musikbetonung. Und und und, die Liste der positiven Entwicklungen könnte noch lange fortgesetzt werden.

All dies ist nicht renditeträchtig. Das Quartiersmanagementverfahren zielt auf eine andere Art der Aufwertung.

Und es ist in den letzten drei, vier Jahren gelungen die Potsdamer Straße langsam aus ihrem Dornröschenschlaf zu wecken. Seit Jahren leerstehende Immobilien werden in Hotels und Bürogebäude umgewandelt. Es gibt das Mediennetzwerk °mstreet, die Brache des Gleisdreieck wird in den kommenden Jahren zu einem öffentlichen Park gestaltet, Genossenschaften bauen an der Flottwellstraße und die Vivico Real Estate GmbH besitzt am Park weitere Baugrundstücke, über deren Gestaltung ein Mantel des Schweigens liegt.

All dies ist zu begrüßen. Auch, dass die Lichter des Wintergarten nachts wieder leuchten, dass das Tagsspiegelgebäude nicht verfällt und dass die Galerienkultur wieder an den Ort zurückkehrt, den sie im Dritten Reich aufgrund von Arisierung und Vertreibung verlassen musste.

Zur Zeit leben die neuangekommenen Galeristen sowie die teils lang-ansässigen Medienschaffenen – von wenigen Ausnahmen abgesehen – an den AnwohnerInnen vorbei. Und umgekehrt. Schnittpunkte gibt es wenig.

Sprung nach Kreuzberg – Biennale im Mai 2010. Nach Jahren im ehemaligen Berliner Osten, wählte die Kuratorin Kathrin Rhomberg dieses Mal ein seit zehn Jahren größtenteils leer stehendes Geschäftshaus in Kreuzberg als zentralen Ausstellungsort. Sie ging also in einen Teil Berlins, der bekannt ist durch eine Feier- und Krawalltradition am 1. Mai, eine große türkische Bevölkerungsgruppe und eine alternative Kunst- und Kulturszene. Ein Ort, an dem die Immobilienpreise langsam und stetig steigen.

Die Biennale wurde also argwöhnisch beäugt, weiß man doch nur zu gut, wie schnell sich Kunst als Aufwertung der Kieze in Verdrängung Ärmerer verwandelt. Und weil in Kreuzberg Widerstand eine lange Tradition hat, wurden die Bienale-Macherinnen von ihren GegnerInnen offensiv mit Plakaten begrüßt: „Guten Tag, mein Name ist Gabriele Horn/Kathrin Rhomberg. Ich bin Gentrifiziererin!“ Fotos und Kontaktdaten anbei.

Die Bienale-Macherinnen nahmen es gelassen, ließen die Plakate hängen und schwärzten ihre Kontaktdaten. Die Polizei schickte ungefragt mehrere Polizeiwannen zur Sicherung der Eröffnung. Viel mehr passierte nicht. Und die Berliner Medien entfachten eine teils klischeehaft geführte Gentrifizierungsdebatte.

Die Berliner Zeitung titelte „Gentrifizierung: Auf die Bohème folgen die Makler“ und behauptete, dass es in Kreuzberg nicht die Kunst ist, die Touristen, Erlebnishungrigen und Immobilienentwickler anzieht.

Der Artikel schloß mit zwei bedenkenswerten / bedenklichen Sätze: „Die zur Zeit „heißeste“ Nachbarschaft, die sich die Galerienszene derzeit erschließt und wo die Limousinen der Sammler vorfahren, ist die Potsdamer Straße in ihrem einst verruchtesten Abschnitt. Dort gibt es aber kaum Linksautonome, die sich dagegen wehren.“

Auf dem „Gentrification Blog – Nachrichten zur Stärkung von Stadtteilmobilisierungen und Mieter/innenkämpfen“ schreibt Andrej Holm am 16. Juni zur Situation rund um die Biennale: „Eine Diskussion über die Rolle von Kunst und Kulturschaffenden an städtischen Aufwertungsprozessen wird so abgebrochen, bevor sie überhaupt begonnen hat.“

Diese Diskussion muss an der Potsdamer Straße sehr bald begonnen werden. Die Neuankömmlinge müssten für den Dialog gewonnen werden. Gleichzeitig wäre es mehr als wünschenswert, wenn die Kulturschaffenden, die den Kiez seit Jahren positiv geprägt haben, auch dabei sein könnten. Zum Beispiel Freda Heyden und Anita Staud.

Geht wählen – Quartiersrat Schöneberger Norden

Donnerstag, 1. Juli 2010
18.00 Uhr
Mensa der Sophie-Scholl-Schule

Es geht um die Wahl der AnwohnerInnen-Vertretung für die nächsten zwei Jahre im Quartiersmanagementgebiet Schöneberger Norden.

Wählen können alle, die über 16 Jahre als sind und im QM-Gebiet gemeldet sind.

Sie können sich auch noch bei der Wahlversammlung für eine Kandidatur entscheiden und dann selbst in den kommenden zwei Jahren Projekte auswählen, die hier im Quartier durchgeführt werden sollen. Somit sind Sie dann aktiv beteiligt an einer Gestaltung und Verbesserung ihres Wohn- und Arbeitsumfeldes.

Per Klick Karte vergrößern

Einzelheiten über Wahl, Quartiersrat und Hintergründe finden Sie hier:
Klicken: Wer, wie, wo, was, warum? – Die wichtigsten Infos zur Wahl

Und im neuesten Kiezvideo von Bertram von Boxberg
Klicken: „Quartiersrat – was is´n das?!“ Hier finden Sie die Antwort!

Und dann
nix wie hin!