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Kommunikation und Kunst – auf dem Straßenstrich

Es liegt in der Natur des Gewerbes, dass die Arbeit der sozialen Dienste an der Kurfürstenstraße und Umgebung langfristig angelegt sind. Den Straßenstrich im Gebiet gibt es schließlich seit mehr als 100 Jahren. Er hat viele Veränderungen hinter sich und vielem widerstanden.

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In den letzten Jahrzehnten ist es Organisationen wie dem Frauentreff Olga, der Treberhilfe, Fixpunkt, der Mittwochsinitiative der Zwölf Apostel Kirche und Neustart e.V. gelungen, einen vertrauensvollen Kontakt ins Milieu aufzubauen. Da sie alle unterschiedliche Schwerpunkte haben, ist es ihnen gemeinsam ist es zu verdanken, dass die Umgebung trotz aller Schwierigkeiten ein relativ konfliktfreies Feld ist.

EU-Erweiterung

Gleichzeitig waren alle trotz ihrer reichen Erfahrung von den Konsequenzen der EU-Osterweiterung im Jahr 2005 überrascht. Der Kurfürstenstraße brachte diese politische Veränderung einen hohen Anstieg an Prostituierten, einen anschließenden Preis- und Verdrängungskampf, Schwierigkeiten mit den AnwohnerInnen und ein Kommunikationsproblem. Denn die Frauen verstanden kein Deutsch. Die Sozialarbeiterinnen hingegen, konnten sich weder auf polnisch, noch auf ungarisch, rumänisch oder bulgarisch verständlich machen. Doch inzwischen ist auch hier viel geschehen.

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Frauentreff Olga

Der Frauentreff Olga, zum Beispiel, erhielt seit seinem Umzug von der Derfflinger Straße in die Kurfürstenstraße ein neues Profil. Seit über 20 Jahren ist Olga eine Anlaufstelle für Prostituierte, wo sie Essen, Gespräche, medizinische Versorgung und eine Verschnaufpause erhalten. „Wir haben das Olga völlig neu aufgestellt,“ sagt die stellvertretende Leiterin des Drogennotdienstes Petra Israel-Reh. „In der Derfflinger Straße kamen 20 – 30 Frauen pro Abend, hier in der Kurfürstenstraße sind es 40 bis 70 Frauen.“

Olga gründete ein Kommunikationszentrums, was durchaus wörtlich zu verstehen ist. Zum einen wollten sie den Prostituierten im Frauentreff die Möglichkeit geben, mit ihren Familien zu Hause per Telefon und Internet in Kontakt zu bleiben. Zum anderen wollten die Sozialarbeiterinnen mit den Frauen auf Deutsch kommunizieren und boten deshalb Sprachkurse an.

Doch die Rechnung ging nicht auf, die Frauen kamen weiterhin ins Olga, aber nicht zum Sprachkurs. Das Projekt musste an die Wirklichkeit angepasst werden. Zumal den polnischen Frauen andere aus aus der Tschechischen Republik, Ungarn, Bulgarien und Rumänien gefolgt waren.

„Wir arbeiteten wie die Feuerwehr,“ erinnert sich Michaela Klose, seit 2008 Leiterin des Frauentreffs. „Immer wieder mussten wir raus, um kleine Brände zu löschen. Wir hatten nur wenige Arbeitsstunden. Die Frauen hatten Angst vor uns. Sie konnten nicht glauben, dass wir ihnen wirklich helfen, sie nicht ausbeuten oder der Polizei ausliefern wollten.“

Sprachmittlerinnen

Mit Hilfe der Quartiersmanagements und der Quartiersräte in Schöneberg-Nord und Magdeburger Platz wurde ein Projekt aufgelegt, bei dem die Sozialarbeiterinnen gemeinsam mit Sprachmittlerinnen auf die Straße gingen, um mit den Frauen in Kontakt zu kommen. Neben rechtlichen und gesundheitlichen Fragen, machten sie den Frauen auch klar, dass die Kurfürstenstraße ein Wohngebiet ist, baten sie, sich nicht genau vor den Kindergärten und der Moschee zu positionieren und die Werbung nicht rabiat zu gestalten. Dadurch entspannte sich die Sitaution im Kiez merklich.

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Doch die finanzielle Situation fürs Olga blieb mehr als prekär bis endlich – mit Hilfe aus dem Bezirksamt Mitte – das Thema auf Senatsebene gehoben werden konnte und eine finanzielle Bewilligung über den Fraueninfrastrukturfonds die Arbeit nun auf mehrere Jahre sichert.

UnterstüzterInnen

Im April nun lud der Frauentreff Olga all diejenigen ein, die den Treffpunkt in den letzten Jahren finanziell, beraterisch, ideell und politisch unterstützt haben. Dazu gehört neben dem Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg vor allem das Bezirksamt Mitte mit Bürgermeister Dr. Christian Hanke und der Gleichstellungsbeauftragten Kerstin Drobick. Ebenfalls anwesend war die SPD-Bundestagsabgeordnete von Berlin-Mitte, Dr. Eva Högl, die seit neuestem Vereinsmitglied bei Olga ist. Weiterhin vertreten waren die sozialen Träger, die Präventionsbeauftragte von Schöneberg und VertreterInnen des Quartiersmanagements und Quartiersrates Magdeburger Platz.

Der Frauentreff bedankte sich auf ungewöhnliche Weise und mit sehr viel Offenheit. Michaela Klose nahm uns zunächst auf einen imaginierten Spaziergang mit. So hatten wir Gelegenheit, indirekt einige Prostituierte kennen zu lernen, denen wir sonst nur anonym und fremd auf der Straße begegnen.

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Spaziergang

In Gedanken gingen wir die Frobenstraße entlang und vor zur Potsdamer Straße, vorbei an Prostituierten, die häufig Drogen nehmen. Vor dem LSD wurden uns die circa 15 bulgarischen Frauen vorgestellt, die dort regelmäßig stehen. Sie sind zwischen 30 und 40, arbeiten teilweise mit Zuhältern, teils mit Beschützern. Sie haben Probleme mit ihrer steuerlichen Anmeldung, versorgen zu Hause ihre Familien und Kinder. Manche von ihnen sind drogenabhängig, andere nicht.

Uns wurde gesagt, dass auf der anderen Straße häufig eine deutsche Prostitutierte von den Sozialarbeiterinnen angetroffen wird. Sie arbeitet seit drei Jahren hier, ist obdachlos, ihr geht es körperlich schlecht, sie ist Mehrfachkonsumentin von Drogen. In Gesprächen bei Olga wird ihr die Begleitung durch den Entzug oder in ein Methadonprogramm angeboten. Langsam ist das Olga für sie ein fester Anlaufpunkt geworden und vertrauensvoll hat sie sich auf einen HIV und Hepatitis Test eingelassen und auch einer Impfung zugestimmt.

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Eine Ungarin lernten wir duch die Erzählung einer Sprachmittlerin kennen. Sie ist 42 Jahre und sehr glücklich, dass ihr hoher Blutdruck in der medizinischen Abteilung bei Olga versorgt wird. Eine Freundin hat sie ursprünglich ins Olga gebracht. Doch hätte die Sprachmittlerin sie nicht in ihrer eigenen Sprache angesprochen, hätte sie diesen Schritt wohl nie getan.

Eine 21-jährige Ungarin hat dieses Vertrauen noch nicht gefasst. Sie ist erst vor vier Monaten hier angekommen. Sie spart ihren Verdienst, denn sie will studieren und Tierärztin werden. Ihr Freund in Ungarn glaubt, sie kellnert. Es ist nicht sicher, ob sie Drogen nimmt. Sie ist froh über den Kontakt zur Sprachmittlerin. Doch ins Olga hat sie sich bisher noch nicht getraut.

Es ist klar zu sehen, dass es allen Mitarbeiterinnen des Olgas wichtig ist, nicht nur ÜBER sondern MIT den Frauen zu reden. Um dies auch den Gästen zu ermöglichen, waren an diesem Vormittag auch drei Prostituierte ins Olga gekommen. Sie wurden vor den Gästen interviewt und waren hinterher zu weiteren Gesprächen bereit. Hier sind ihre Aussagen:

O-Töne

Jessica: ich arbeite seit 1983 hier. Früher hab ich das Geld für Fun, Urlaub und Luxusgüter ausgegeben. Heute reicht das Geld gerade zum Überleben. Ins Olga komme ich seit 15 Jahren. Ich hörte davon über Mundpropaganda und war begeistert, dass es dort Gummis umsonst gab. Das war damals nicht selbstverständlich. Auch Angelika, die Krankenschwester, kenne ich seitdem. Ihre Versorgung war ganz wichtig, denn wir bekamen nur schwer eine Versicherung. Mein Vorschlag ist, einen Runden Tisch hier einzurichten, denn die Feindschaft zwischen den Frauen ist zur Zeit sehr groß. Als Politikerin würde ich dafür sorgen, dass die Polizei das Zuhälterproblem anders angeht. Die Frauen hier stehen sehr unter Druck, sie passen sich zu sehr an. In fünf Jahren bin ich nicht mehr hier. Es ist nicht mehr, wie es war. Das verruchte, schöne Feeling gibt es nicht mehr. In fünf Jahren arbeite ich selbstständig in einer Kaffeebar.

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Svenja: Ich kam vor zwei Jahren hierher, ein Jahr nach meiner Schwester. Ich bin hier um Geld zu verdienen für meine Familie, die Wohnung. Vor zwei Jahren hat mir ein tschechisches Mädchen vom Olga erzählt und ich komme hierher, weil man hier offen reden kann. Ich schlage vor, eine Frauenärztin hierher zu holen, denn es gibt keine im Gebiet. Als Politikerin würde ich viel mehr Gewicht auf die gesundheitliche Untersuchung legen. Viele benutzen kein Kondom, doch es ist wichtig sich zu schützen. Die Polizei sollte das kontrollieren.
Bis hierher hatte Svenja teilweise selbst Deutsch gesprochen, war jedoch auch in vielem auf die Hilfe der Sprachmittlerin angewiesen. Doch auf die Frage wo sie sich in fünf Jahren sieht, antwortete sie mit einem kleinen Aufseufzer und ohne zu überlegen: „Zu Hause.“

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Gabriela: Als ich 1979 hierher kam, war ich mit 12,5 Jahren die jüngste Prostituierte Berlins. Ich suchte nach Liebe. Zu Hause war ich vergewaltigt worden und bin abgehauen. Ich kenne den Kiez hier ganz anders. Wenn sich früher rumsprach, dass eine Frau ohne Kondom arbeitete, dann ist ihr zugesetzt worden. 1.000 Mark am Tag zu verdienen war möglich, und ich baute mir eine Scheinwelt auf, nahm viele Drogen und dachte es ist Liebe, was ich hier finde. Jetzt schaffe ich nicht mehr an. Ich habe Jesus Christus getroffen und es geht mir von Tag zu Tag besser. Ich erlebe viele Wunder, die Leute sind nett zu mir. Morgen beginne ich in Hessen eine Therapie in einer christlichen Einrichtung. Ich selbst habe nie mit Zuhältern gearbeitet und habe mir nie etwas von Männern gefallen lassen. Ich hatte hier Narrenfreiheit, musst nie an irgendjemanden zahlen. Ich war nie der Opfertyp. Doch andere lassen sich viel zu viel gefallen. In fünf Jahren bin ich wieder auf dem ersten Arbeitsmarkt. Ich bin ehrgeizig und kann mich selbst gut vertreten. Aus der Scheinwelt gehe ich wieder in die Welt.

Kreativität

„Uns sind hier alle Frauen mit all ihren Lebensfacetten willkommen,“ sagt Michaela Klose, „und seit neuestem auch mit ihrer Kreativität.“ Denn die entdecken die Frauen seit Ende 2008 gemeinsam mit Anita Staud. Die Malerin hat seit 15 Jahren ein Atelier an der Potsdamer Straße und dachte während des Streits um das geplante Laufhaus zum ersten Mal an ein Projekt mit Prostituierten. Kurz vor Weihnachten 2008 ging sie das ersten Mal mit Stift und Malblock ins Olga und kam dann drei Monate regelmäßig wieder. Jedes Mal tat sie nicht anderes, als sich ruhig dazu zu setzen und die Frauen in einem Malbuch zu skizzieren.

„Sie fanden es ganz toll, als Individuen wahrgenommen zu werden,“ erinnert sich Anita Staud. Schließlich wollten die Frauen selbst malen, und als dies sich als nachhaltiger Wunsch und nicht als Eintagsfliege entpuppte, wurde ein Projekt daraus.

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Zu Beginn mit zwei Papierrollen auf den Tischen. Wer mit am Tisch saß, konnte malen, einfach nur zuschauen, sich an der Unterhaltung teilnehmen. Im Frühsommer 2009 ging Anita Staud mit den Frauen zum Elisabeth-Stift in der Lützowstraße und sie beteiligten sich an dem lokalen Gemeinschaftsprojekt „Kiezmosaik“. Im Herbst inszenierten sie im Rahmen der Schaufensterausstellung im Sexkaufhaus LSD eine Malaktion im Schaufenster. Hier gestaltete Anita Staud ein Fenster mit ihren eigenen Bildern und Skizzen einiger Frauen.

Inzwischen bringen die Frauen eigene Wünsche und Ideen ein. Anita Staud sieht sich mehr und mehr als Anleiterin, als Vermittlerin von Kunstfertigkeit. Zur Zeit steht das Zeichnen von Mandalas im Vordergrund und alle dürfen gespannt sein, was sich als nächstes entwickelt.

Ausblick

Doch neben diesen kreativen Ruhepausen vergessen weder die Prostituierten noch die Sozialarbeiterinnen im Olga die Welt draußen. Dort bleibt noch eine Menge zu tun. In den nächsten Wochen sollen alle Prostituierten im Gebiet direkt angesprochen werden. Herausgefunden werden soll, welche Drogen an der Straße im Spiel sind. Mittelfristig soll der Kontakt zu helfenden Organisationen in den Heimatländern aufgebaut werden.

Gleichzeitig möchte Olga den Frauen Berufsalternativen aufzeigen. Dafür sind die Ausbildungsstände abzufragen. Wünschenswert ist auch ein Runder Tisch, an dem die Themen Konkurenz und Verdrängung der Frauen untereinander zur Sprache gebracht werden.

Und es soll weiter daran gearbeitet werden, die Anliegen und Besorgnisse der AnwohnerInnen im Bewusstsein der Prostituierten zu verankern. Nur so besteht eine Chance, die immer wieder auftretenden Konflikte zu lösen und das gegenwärtig funktionierenden Nebeneinander zu noch mehr gegenseitigem Respekt und Verständnis zu bringen.

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Denunziationen im Pfarrhaus waren an der Tagesordnung ODER Die ersten Türken an der Potsdamer Straße waren Juden

Ein langer Titel. Wo sich doch über die Enthüllung einer Gedenktafel kurz und knapp berichten ließe:

Sonntag, 14. März, 10:00 Uhr in der Zwölf-Apostel-Kirche
Gedenkgottesdienst, die Predigt hält Pfarrer Dr. Andreas Fuhr
Anschließend Enthüllung der Gedenktafel für Pfarrer Adolf Kurtz am Pfarrhaus und Empfang.

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So könnte es sein. Doch der Geehrte hat für mich die Potsdamer Straße noch einmal in ganz andere Zusammenhänge gesetzt. Was passierte?

1922 kam der damals 31jährige Adolf Kurtz an die Zwölf Apostel Kirche in Berlin-Schöneberg. Er fand eine florierende Gemeinde, die 1880 um einen Kirchenneubau am Dennewitzplatz hatte erweitert werden müssen. Die Potsdamer Straße war die große Ausfallstraße nach Süden. Die Bevölkerung des Gebietes mischte sich aus allen sozialen und kulturellen Schichten. Christen und Juden lebten Haus an Haus.

Am Landwehrkanal war die Tiergarten-Synagoge e.V., eine orthodoxe Synagoge für circa 100 Mitglieder, eine markante Landmarke. Zu ihren Mitgliedern gehörte u.a. der Vater des Malers Max Liebermann. Doch die Gemeindemitglieder zogen weiter in den Westen Berlins. 1928 verkaufte der Verein an die Firma Loeser und Wolff, die das heute noch stehende Geschäftshaus dort erbaute.

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In der Lützowstraße 16 war 1898 eine große liberale Synagoge mit 2.000 Sitzplätzen eingeweiht worden. An ihrer großen Orgel wurde 1932 die bedeutende Freitagsabend Liturgie von Heinrich Schalit uraufgeführt.  Als in den 20er Jahren die Sitzplätze nicht ausreichten, mietete die Jüdisch Gemeinde zusätzlich den Blüthner- und Feurichsaal in der Lützowstraße 76 (nahe Genthiner Straße), ein Konzert- und Vorführraum der Klavierfabriken.

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Ecke Flottwellstraße mietete der Israelitisch-Sephardische Verein sich 1905 in einer Wohnung der Familie Wertheim ein. 1891 war bereits der erste Gottesdienst nach sephardischem Ritus in Berlin abgehalten worden und dies war nun die erste Synagoge osmanischer und türkischer Juden in der Stadt. Als Nachkommen spanischer und portugiesischer Juden waren sie während der Inquisition des 13. Jahrhunderts aus Spanien und Portugal in die Türkei geflüchtet und dann von Wilhelm II. als Handwerker, Gewerbetreibende und Handelsleute nach Berlin geholt worden. Zu Beginn zählte die Gemeinde nicht viel mehr als ein Dutzend Mitglieder, doch seit 1915 besuchten 70 SchülerInnen die Schule und in den 30er Jahren wuchs die Mitgliederzahl auf 500.

Außerdem fand Pfarrer Adolf Kurtz in der Umgebung der Zwölf Apostel Kirche Mietkasernen, Nachtlokale, Vergnügungsetablissements und aufgrund der Inflation so viel Armut, dass er bereits 1923 Notküchen in der Kirche eröffnete.

So wie in ganz Berlin erstarkte auch in den christlichen Gemeinden entlang der Potsdamer Straße das anti-demokratische Gebaren. Die Mehrzahl der Christen begrüßte das Ende der Weimarer Republik mit einem Aufatmen und gingen freiwillig eine Verbindung zu den Nationalsozialisten ein.

Gleichzeitig wurde die Potsdamer Straße Ende der 20er Jahre zur nationalsozialistischen Einfallsschneise. 1927 eröffnete die zweite Geschäftsstelle der NSDAP in Berlin in der Lützowstraße 44. (Ecke Derfflinger Straße). Mit der Machtergreifung verboten die Nazis alle politischen Kundgebungen im Sportpalast (auf dem Gelände des heutigen Pallasseum), um den Ort ausschließlich für ihre eigenen Propagandazwecke nutzen zu können.

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Aufmärsche der SA und der NSDAP waren auf den breiten Straßen an der Tagesordnung. Während des Krieges befand sich das von Adolf Eichmann geleitete „Judenreferat“ IV B 4 in der Kurfürstenstraße 115/116 (heute Hotel „Sylter Hof“). Die Deutsche Arbeitsfront befand sich in der Potsdamer Straße 182 (heute PallasT) und im Krankensaal des „Deutschen Frauenordens“ in der Kurfürstenstraße wurden verwundete SA-Männer wieder gesund gepflegt.

In der Zwölf Apostel Kirche fanden Massentrauungen von SA-Mitgliedern statt. „Die damalige Kirche stand nicht ZWISCHEN  Kreuz und Hakenkreuz sondern FÜR Kreuz und Hakenkreuz“,“ sagte Pfarrer Heinz-Hermann Tschaikowsky in einem Vortrag am 11. März 2010 im Gemeindehaus.

Am 13. November 1933 tagten die Deutschen Christen im nahen Sportpalast. Sie forderten die restlose Durchführung des Arierparagraphen, einen Verzicht auf das „undeutsche“ alte Testament, da es sowieso nur „jüdische Lohnmoral, Viehhändler- und Zuhältergeschichten“ enthalte und die Verkündung eines heldisch, germanischen Jesus.

Auch ein Pfarrer der Zwölf Apostel Kirche war unter den 20.000 begeisterten Zuhörern. Er wurde zu einem vehementen Widersacher von Adolf Kurtz und versäumte keine Gelegenheit ihn zu denunzieren.

Und derer ergaben sich viele. Adolf Kurtz‘ Ehefrau Eva war die Tochter des jüdischen Chirurgen Moritz Borchardt und in Zwölf Apostel getauft.

Adolf Kurtz war von Anfang an aktives Mitglied der Bekennenden Kirche und damit Verhaftungen und Hausdurchsuchungen ausgesetzt. Im April 1934, als SA-Führer Peter Voss unter Fahnen und mit großem Aufgebot in der Zwölf Apostel Kirche beigesetzt wurde, ließ Kurtz sich nicht von Gestapo und SS beirren und trat in lauter, offener Fürbitte für die verfolgten Brüder und Schwestern der Bekennenden Kirche ein.

Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten 1933 eröffnete Kurtz für Christen jüdischer Herkunft ein Hilfsbüro (Vorläufer „Büro Grüber“) und richtete eine Schule für vertriebene Kinder jüdischer Herkunft in der Oranienburger Straße ein. Seit 1935 hielt er ständig Kontakt mit Widerstandsgruppen und mit ausländischen kirchlichen Persönlichkeiten aus der Ökumene.

Die Bekennende Kirche protestierte erst im Mai 1936 – im Jahr der Olympiade in Berlin – das erste Mal öffentlich gegen die Rassenpolitik der Nazis. In einer von Friedrich Weißler und Ernst Tillich verfassten Denkschrift, die an die ausländische Presse verteilt wurde, stellten sie das christliche Gebot der Nächstenliebe gegen die Verpflichtung zum Judenhass, prangerten die Konzentrationslager an und sahen in Juden den hilfsbedürftigen Bruder und nicht den Rassefeind. Pfarrer Kurtz organisierte die Bekenntnisversammlungen mit Rednern aus dem Ausland.

Doch die Bekennende Kirche schwieg im Verlauf der Reichspogromnacht im November 1938. Wie überall in Berlin tobte der Mob auch an der Potsdamer Straße. In der Synagoge Lützowstraße randalierte sie hauptsächlich im Inneren, denn die umstehenden Häuser wären bei einem Brand in Mitleidenschaft gezogen worden. So blieb das Gotteshaus erhalten und im April 1942 wurde der letzte Festgottesdienst dort abgehalten.

Die sephardischen Juden hatten bis weit in die Nazizeit hinein ihre türkischen Pässe behalten, was sie als Ausländer für einige Jahre vor der Deportation schützte. Doch dann fielen sie der türkischen Politik zum Opfer. Diese bürgerte ihre in Deutschland lebenden Juden aus, und sie wurde zu Freiwild in Nazideutschland. Am 25. Januar 1943 wurde Rabbiner Eli J. Uziel ins Ghetto Riga deportiert und getötet. Von anderen Gemeindemitglieder gibt es keine genauen Angaben.

Pfarrer Adolf Kurtz tat sein Möglichstes um getaufte Juden zu schützen. Am 16. Oktober 1941 sprach er zusammen mit dem katholischen Bischof Heinrich Wienken bei Adolf Eichmann vor. „Wir beschlossen, wie wir es schon öfters getan hatten, in die Höhle des Löwen zu gehen und mit dem Höchstverantwortlichen in der Gestapo zu verhandeln. […] Man warnte uns dringend, zu Eichmann zu gehen. […] Die wildesten Gerüchte kursierten über ihn, schlimmer noch als über Himmler. Allgemein wurde er als der ‚Judenmörder‘ bezeichnet,“ erinnerte sich Kurtz 1960.  Der Besuch war erfolgreich und die Schule in der Oranienburger Straße konnte vorerst weitergeführt werden.

Die Zwölf Apostel Kirche wurde zur Bekennenden Kirche mit circa 1.000 Mitgliedern, von denen etwa 250 getaufte Christen waren. Noch in der Karwoche 1942 ließ Kurtz Christen mit und ohne Judenstern am Abendmahl teilnehmen. Die (deutsche) Mutter eines gerade konfirmierten Jungens protestierte dagegen bei der Partei, denn sie war schockiert, dass ihr Sohn so etwas erleben musste.

Die Nazis sahen den Ereignissen in Zwölf Apostel teils ohnmächtig zu und nannten sie „Synagoge am Nollendorfplatz.“ SA-Trupps besuchten die Gottesdienste und forderten, dass der „Judenknecht“ Kurtz von der Kanzel herunter steigen sollte.

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Doch 1942 drohte auch Kurtz die Deportation nach Dachau. Dank der Verbindungen seines Schwiegervaters zum später ermordeten Rechtsanwalt Carl Langbehn und zu einem Kreis von Prominenten – darunter Theodor Heuss, Otto Dibelius, Ferdinand Sauerbruch – wurde er gerettet.

Nicht so die jüdischen Gemeindehäuser. Das Gelände, auf dem sich das Haus mit der Synagoge der sephardischen Gemeinde befand, ist seit Kriegsende eine Brache. Nichts erinnert mehr an das, was dort einmal stattfand.

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Die Reste der zerbombten liberalen Synagoge wurden 1954 abgetragen.

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1948 übersiedelte Adolf Kurtz nach Oxford und wurde dort Pfarrer der deutschen Gemeinde. Von hier gründete er Tochtergemeinden – unter anderem in Coventry – und leistete Versöhnungsarbeit.

Doch die Versöhnungsarbeit und die Begegnungen zwischen Juden und Christen in Deutschland gestaltete sich schwierig. In Berlin gründeten die Amerikaner 1949 die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit. Pfarrer beteiligten sich daran zunächst nur sehr zögerlich.

Der Berliner Kirchentag 1961 war der erste mit einer Arbeitsgemeinschaft von Christen und Juden. Sie wollten über Gemeinsamkeiten und Trennendes. Das Aufeinandertreffen war so heftig, dass der Dialog schon kurz nach Beginn fast wieder beendet war.

1991 bekannten sich die Christen zur Mitschuld am Holocaust. Im Jahr 2000 wurde die Judenmission – durchaus gegen Widerstand – definitiv verworfen. Erst seit 2006 treffen sich in Deutschland einmal jährlich Vertreter von katholischer Bischofskonferenz und evangelischer Kirche mit Repräsentanten der beiden Rabbinerkonferenzen.

1975 verstarb Adolf Kurtz in England und wurde auf dem Alten Zwölf-Apostel-Kirchhof in der Kolonnenstraße begraben. Im Juni 2001 folgte ihm seine Frau.

Das Gemeindehaus der Zwölf Apostel Kirche wurde schon vor einiger Zeit nach diesem besonderen Pfarrer benannt. Im Jahr 2008 begannen die ersten Überlegungen für einen Gedenktafel Diese wurde am 14. März 2010 im Rahmen eine Gedenkgottesdienst enthüllt.

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Nachklang:
Auf Initiative der Quartiersmanagements treffen sich seit 2006 VertreterInnen der verschiedenen Religionsgemeinschaften in Tiergarten-Süd und Schöneberg Nord. Sie alle wollen eine stärkere Mitverantwortung für das soziale Zusammenleben der verschiedenen Kulturen und Religionen im Kiez übernehmen. Hierzu gehören:
Zwölf Apostel Gemeinde
Lukas Gemeinde
Syrisch-Orthodoxe Gemeinde
Semerkand Moschee
American Church
St. Matthias
Anadolu Moschee
Eine Synagoge ist nicht dabei, denn es gibt kein jüdisches Gemeindeleben mehr an der Potsdamer Straße.
Hinweis:
Vom Bosporus an die Spree – Türkische Juden in Berlin
Eine Ausstellung des Centrum Judaicum
4. Februar bis 3. Mai 2010
Oranienburger Straße 20, 10117 Berlin
Reminiszenzen
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Quellen:
* Wikipedia
* Evangelische Zwölf-Apostel-Kirchengemeinde
* Vorträge von Pfarrer Heinz-Hermann Wittrowsky und Dr. Harmut Ludwig
* Sibylle Nägele und Joy Markert: Literatur-Salon Potsdamer Straße: »Die Potsdamer Straße. Geschichten, Mythen und Metamorphosen« Frühzeit und Entwicklung der Gemeinden
* Jüdische Zeitung
* Ulrich Eckhardt /Andreas Nachama: Jüdische Orte in Berlin, Nicolai Verlag 1996
* Jörg Krohmer: Foto Stolperstein Abraham Fromm, Potsdamer Straße 102

Wie tickert die Polizei?

Vor genau 3 Monate – am 17. Oktober 2009 – erschien auf dem potseblog der letzte Polizeitickerbeitrag. Seitdem ist die Zeit kriminaltechnisch und -ereignismäßig nicht spurlos an der Potsdamer Straße vorbeigegangen. Es gab Verkehrsunfälle, Schlägereien, Verletzungen und vieles mehr.
Der potseblog hat nicht darüber berichtet, sondern innegehalten und ein Experiment durchgeführt über Sinn und Zweck dieser Art von Nachrichtendienst.
Polizeiticker, sprich die Meldungen der Polizeipressestelle sind beliebt. Blogs, Twitter posten sie. Presseagenturen, Zeitungen, Nachrichtenmagazine übernehmen sie.
Die Meldungen stillen unseren Erlebnishunger, Krimikitzel, Voyerismus, Informationsbegierde, Sicherheitswunsch und noch-mal-davongekommen-Syndrom. Sind sie eigentlich zu irgendetwas nütze?
Doch seit ich den Polizeiticker am 24. August 2009 mit mit Polizei Ticker #2360
begann und Tag für Tag die Meldungen aus der Pressestelle erhielt, taten sich für mich diverse Fragen auf.
2007 gab der Polizeipräsident einen Bericht heraus zur „Kriminalitätsbelastung in öffentlichen Räumen.“ http://www.berlin.de/imperia/md/content/seninn/abteilungiii/kriminalitaetsstatistiken2007/bericht.pdf?start&ts=1255947079&file=bericht.pdf
Schaut man dort auf die Karten sind Tiergarten-Süd und Schöneberg-Nord häufig gut eingefärbt, sprich die Kriminalitätszahlen tendieren eher nach oben denn nach unten. Hier einige Beispiele:
Kiezbezogene Straftaten:
Tiergarten-Süd: 5.000 und mehr (S. 24 )
Schöneberg-Nord: 2.500-3.750 (S. 30)
Fahrraddiebstahl:
Tiergarten-Süd: 700-900 (S. 141 )
Schöneberg-Nord: 500-700 (S. 147)
Sachbeschädigung Graffiti:
Tiergarten-Süd: 450-650 (S. 206)
Schöneberg-Nord: 250-450 (S. 212)
http://www.berlin.de/imperia/md/content/seninn/abteilungiii/kriminalitaetsstatistiken2/2008/pks_2008.pdf?start&ts=1238759626&file=pks_2008.pdf
Der Polizeiticker spiegelt das nicht wieder.
Zwischen dem 2. Januar und dem 16. Januar haben sich bei mir per rss-feed 99 Pressemitteilungen angesammelt.   http://www.berlin.de/polizei/presse-fahndung/presse.html
Davon sind 12 aus Mitte und 5 aus Tempelhof-Schöneberg.
Von diesen wiederum ist die Meldung #0038 (Die Polizeit titelt: Fünfjährige bei Unfall verletzt  http://www.berlin.de/polizei/presse-fahndung/archiv/151209/index.html ) konkret aus Tiergarten-
Die Meldungen #0063 (Die Polizei titelt: Räuber kam zum Geschäftsbeginn http://www.berlin.de/polizei/presse-fahndung/archiv/151544/index.html ) und  #0118 (Die Polizei titelt: Vier Linienbusse beschädigt http://www.berlin.de/polizei/presse-fahndung/archiv/152193/index.html ) aus Schöneberg-Nord.
Fragen:
Nach welchen Kriterien werden die Pressemitteilugen bei der Polizei herausgegeben?
Für wen sind dieses Meldungen von Interesse?
Was sagt diese Auswahl über die Sicherheitslage eines Gebietes in Berlin aus?
Inwiefern beeinflussen diese Meldungen unser Sicherheitsgefühl in einem Gebiet?
Diesen Fragen wird potseblog in loser Folge in der näheren Zukunft nachgehen.
Haben Sie weitere Fragen zu diesem Thema? Dann stellen Sie sie.
potseblog wird an geeigneter Stelle für Sie nachfragen und die Antworten posten.
Logo Polizeipräsident  http://www.berlin.de/polizei/presse-fahndung/archiv/151209/index.html

Vor genau 3 Monate – am 17. Oktober 2009 – erschien auf dem potseblog der letzte Polizeitickerbeitrag. Nix mehr los? Nein, die Zeit ist seitdem nicht kriminaltechnisch und -ereignismäßig spurlos an der Potsdamer Straße vorbeigegangen. Es gab weiterhin Verkehrsunfälle, Schlägereien, Verletzungen und vieles mehr.

Der potseblog hat nicht darüber berichtet, sondern innegehalten und ein Experiment durchgeführt über Sinn und Zweck dieser Art von Nachrichtendienst.

Polizeiticker, sprich die Meldungen der Polizeipressestelle sind beliebt. Blogs, Twitter posten sie. Presseagenturen, Zeitungen, Nachrichtenmagazine übernehmen sie. Die Meldungen stillen unseren Erlebnishunger, Krimikitzel, Voyerismus, Informationsbegierde, Sicherheitswunsch und noch-mal-davongekommen-Syndrom. Sind sie eigentlich zu irgendetwas nütze?

Doch seit ich den Polizeiticker am 24. August 2009 mit mit Polizei Ticker #2360 begann und Tag für Tag die Meldungen aus der Pressestelle erhielt, taten sich für mich diverse Fragen auf. Hierzu die Hintergründe.

2007 gab der Polizeipräsident einen Bericht heraus zur „Kriminalitätsbelastung in öffentlichen Räumen.“

Schaut man dort auf die einzelen Karten sind Tiergarten-Süd und Schöneberg-Nord häufig gut eingefärbt, sprich die Kriminalitätszahlen tendieren eher nach oben denn nach unten. Zu beachten ist hier, dass die Zahlen sich auf die geographischen Gebiete Tiergarten und Schöneberg beziehen und nicht nur auf die Umgebung der Potsdamer Straße. Hier einige Beispiele:

Kiezbezogene Straftaten:
Tiergarten-Süd: 5.000 und mehr (S. 24 )
Schöneberg-Nord: 2.500-3.750 (S. 30)

Fahrraddiebstahl:
Tiergarten-Süd: 700-900 (S. 141 )
Schöneberg-Nord: 500-700 (S. 147)

Sachbeschädigung Graffiti:
Tiergarten-Süd: 450-650 (S. 206)
Schöneberg-Nord: 250-450 (S. 212)

Der Polizeiticker spiegelt das nicht wieder:
Zwischen dem 2. Januar und dem 16. Januar 2010 haben sich bei mir per rss-feed
99 Pressemitteilungen angesammelt.
Davon sind 12 aus Mitte und 5 aus Tempelhof-Schöneberg.
Von diesen wiederum ist die Meldung #0038 (Die Polizeit
titelt: Fünfjährige bei Unfall verletzt ) konkret aus Tiergarten.
Die Meldungen #0063 (Die Polizei
titelt: Räuber kam zum Geschäftsbeginn ) und  #0118 (Die Polizei titelt: Vier Linienbusse beschädigt ) aus Schöneberg-Nord.

Mögliche Fragen:

Nach welchen Kriterien gibt die Polizei Pressemitteilugen heraus?
Für wen sind dieses Meldungen von Interesse?
Was sagt diese Auswahl über die Sicherheitslage eines Gebietes in Berlin aus?
Inwiefern beeinflussen diese Meldungen unser Sicherheitsgefühl?
Wie beurteilen die Sicherheitsbeamten vor Ort die Situation?

Diesen Fragen wird potseblog in loser Folge in der näheren Zukunft nachgehen. Haben Sie weitere Fragen zu diesem Thema? Dann stellen Sie sie.

potseblog wird an geeigneter Stelle für Sie nachfragen und die Antworten hier posten.

Zum Schluss die gute Nachricht:

Dieselbe örtliche Kriminalitätsstatistik berichtet auch, dass die Fälle von 2006 auf 2007 in beiden Gebieten zurückgegangen sind:

In Tiergarten um 23 Prozent (S. 10)

In Schöneberg um 4,6 Prozent ( S. 16)

Polizei Ticker # 2844

Die Polizei titelt:  Alkoholisierter Autofahrer raste in Absperrgitter und verletzte sich schwer

Ein alkoholisierter Autofahrer verursachte heute früh (17. Oktober) einen Verkehrsunfall in Schöneberg.
Gegen 4 Uhr 30 fiel der 31-Jährige den Beamten des Polizeiabschnitts 41 auf, als er die Kleistraße in Fahrtrichtung Bülowstraße mit überhöhter Geschwindigkeit und eingeschaltetem Warnblinklicht befuhr. Nachdem der alkoholisierte Mann im Kreuzungsbereich Nollendorfplatz über die linke Abbiegespur geradeaus weiterfuhr, verlor er die Kontrolle über sein Auto und raste durch die Umzäunung des Viadukts der U-Bahn. Der 31-Jährige wurde durch Teile des Absperrgitters, die in den Fahrzeuginnenraum flogen, schwer verletzt. Rettungskräfte der Feuerwehr befreiten den Verletzten aus seinem Fahrzeug. Nachdem der Fahrer durch einen Notarzt medizinisch erstversorgt wurde, kam er zur stationären Behandlung in ein Krankenhaus. Er befindet sich außer Lebensgefahr. Der Führerschein wurde beschlagnahmt. Während der Rettungsmaßnahmen war der linke und mittlere Fahrstreifen der Bülowstraße für rund eine Stunde für den Fahrzeugverkehr gesperrt.

13. Venus Berlin – Teil 2 – Bild und Rammstein

Das wäre ja unglaublich gewesen! Der BZ das Feld an der Kurfürstenstraße überlassen! (potseblog berichtete über die dreiteilige Serie unter „13.Venus Berlin“ vor einigen Tagen) Nein! Am vergangenen Samstag war auch Bild mit der Berichterstattung dabei. Und fand glatt noch eine Frage, die bisher noch nicht gestellt worden war:

Sex für 5 Euro auf Berlins härtestem Strassenstrich

Was sind das für Männer, die diese armen Frauen ausbeuten?

Bild fragt und „ein Kioskbesitzer“ antwortet:  „Diese Männer sind auf der Suche nach dem ganz billigen Sex. Und meistens finden sie eine, die es für noch weniger macht, als ihre Konkurrentin.“

Nun sind es noch 3:00:58:40 Tage/Stunden/Minuten/Sekunden bis die 13.Venus Berlin eröffnet.

Und die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung hat ihren LeserInnen die Möglichkeit gegeben mehr über die neue Single „Pussy“ von der Band Rammstein zu erfahren. Eine ganze Seite plauderte eine Redakteurin mit Christian Lorenz und Paul Landers. Nicht nur über Sex, aber auch:

FRAGE: Das neue Rammstein-Video ist ein richtiger Porno. War es schwer, noch ein Tabu zu finden?

Christian „Flake“ Lorenz:

ANTWORT:  Eigentlich wollten wir den schon vor Jahren drehen. Man wird sonst zu alt dafür.

…..

FRAGE: Wie finden Ihre Partnerinnen das „Pussy“-Video?

Christian „Flake“ Lorenz:

ANTWORT: Meine Frau ist begeistert. Sie findet das logisch: Porno und Rock’n Roll ist eins.

FRAGE: Und wie war der Dreh?

Paul Landers:

ANTWORT: Erstmal ein bisschen wie Zahnarzt…….

Hui!

Bei Rammstein läuft übrigens auch ein Zähler: 3:14:40:38 Tage/Stunden/Minuten/Sekunden. Dann erscheint das Album Liebe ist für alle da.

Polizei Ticker # 2756

Die Polizei titelt: Verletzter Fußgänger

Schwere Verletzungen erlitt ein 69-jähriger Fußgänger gestern Abend (6. Oktober) bei einem Verkehrsunfall in Schöneberg. Die 59-jährige Fahrerin eines „Volkswagen“ übersah gegen 20 Uhr 20 beim Abbiegen aus der Gleditschstraße in die Pallasstraße den Mann und erfasste ihn in der Fußgängerfurt. Der 69-Jährige kam zur stationären Behandlung in ein Krankenhaus.

Polizei Ticker # 2766

Die Polizei titelt:  Zwei Schwerverletzte nach Verkehrsunfall

Bei einem Verkehrsunfall gestern Nachmittag (7. Oktober) in Schöneberg wurden ein Autofahrer und ein Fußgänger schwer verletzt.
Nach den bisherigen Ermittlungen befuhr ein 49-jähriger „Mercedes“-Fahrer gegen 16 Uhr 15 den linken Fahrstreifen der Kulmer Straße in Fahrtrichtung Dennewitzplatz. Unmittelbar vor dem Kreuzungsbereich Kulmer– Ecke Bülowstraße wechselte der Mann in den mittleren Fahrstreifen und kollidierte mit einem 52-jährigen „Fiat“-Fahrer, der die Alvenslebenstraße in Fahrtrichtung Bülowstraße befuhr. Durch die Wucht des Aufpralls gerieten beide Fahrzeuge auf den Gehweg der Bülowstraße, schleuderten gegen die am Fahrbahnrand aufgestellten Straßenpoller und streiften einen Verkehrszeichenmast. Kurz darauf erfasste der „Fiat“-Fahrer einen 16-jährigen Fußgänger, der sich in unmittelbarer Nähe auf dem Gehweg befand. Der 52-Jährige sowie der 16-Jährige wurden bei dem Verkehrsunfall schwer verletzt und kamen zur stationären Behandlung in ein Krankenhaus. Beide befinden sich außer Lebensgefahr. Der 49-Jährige wurde leicht verletzt in einem Krankenhaus ambulant behandelt. Der Bereich Bülow- Ecke Kulmer Straße war zwischen Goebenstraße und Dennewitzplatz aufgrund der Rettungsmaßnahmen rund eine Stunde für den Fahrzeugverkehr gesperrt.

13. Venus Berlin – BZ und Feministischer Pornofilmpreis

Auf der Seite der 13. Internationalen Fachmesse Venus läuft der Countdown in Sekundenschnelle rückwärts: Gerade noch 4:1:19:01 – jetzt nur noch 4:1:18:24 Tage/Stunden/Minuten/Sekunden bis zur Eröffnung der grossen Sexmesse, die vom 15. bis zum 18. Oktober in Berlin stattfindet. Hier eine Eigendarstellung von der Internetseite:
Die VENUS Berlin – eine Erfolgsgeschichte, die sich sehen lassen kann. Womit wir auch schon beim Stichwort wären, denn sehen kann man bei der VENUS so einiges: Waren seit dem Startschuss im Jahre 1997 ‚erst’ 128 Aussteller aus rund 18 Ländern auf der Messe vertreten, so hat sich diese Zahl bis zum Jahr 2008 vervielfacht und wir begrüßen mittlerweile 400 Aussteller aus über 36 Ländern, die mit ihrer Produktvielfalt Jahr für Jahr die Konsumenten begeistern. Und auch in Bezug auf unsere Besucherzahlen lohnt sich ein Blick auf die Statistik: Jahr für Jahr öffnet die VENUS ihre Pforten für circa 27.500 Konsumenten, Tendenz steigen.

Der Vertretungsberechtigter Geschäftsführer ist Sven Hurum, der auch das LSD in der Kurfürstenstraße betreibt.

Der Zulauf zur Messe ist also groß und deshalb bereiten auch die Zeitungen der Stadt sich und ihre Leserschaft auf das Ereignis vor. Hier eine Auswahl:

Ist Porno gucken okay?

fragt die taz in ihrer Wochenendausgabe. Und führt so in das Thema ein: Vor Beginn der internationalen Fachmesse der Sexindustrie kritisiert Ex-Emma-Chefin und WDR-Moderatorin Lisa Ortiges altfeministische Kampagnen gegen Pornofilme. „Eine PorNo-Kampagne wie in der Emma, die 30 Jahre alte Pornofilme zitiert oder Stringtangas und Tarrantino-Filme in denselben PorNO-Topf wirft, ist genauso struktur- und ziellos wie die Angriffe linker Chaoten auf Luxusautos, weil die ‚irgendwie‘ für Kapitalismus stehen“, schreibt sie im „Streit der Woche“ der sonntaz. Eine solche Definition von Porno hinke dem Sprachgebrauch und dem Markt hinterher.

Einen klick weiter weist die taz darauf hin: Ebenfalls am kommenden Wochenende verleihen die InitiatorInnen der „PorYes“-Kampagne um die Berliner „Sexpertin“ Laura Meritt den „1. Feministischen Pornofilmpreis Europa“.  Ist Porno jetzt also endgültig auch in linken, feministischen Kreisen angekommen?. Bis zu diesem Zeitpunkt am frühen Sonntag morgen (8:56 Uhr) ist die Frage 137 mal kommentiert worden.

Viel früher aufgestanden ist dagegen die BZ für ihre dreiteilige Vor-Ort Reportage, die sie am 7. Oktober begann unter dem Titel Doppeltitel

Knochenjob

Berlins härtester Straßenstrich
7.30 Uhr, Kurfürstenstraße, Ecke Potsdamer Straße. Die Kälte zieht in jedes Knopfloch. Die junge Frau mit der rotblonden Löwenmähne und den pinken Stöckelschuhen hat sich gegen den Stromkasten gelehnt. Ihre Augenlider sinken hinab vor Müdigkeit. Es ist ihre elfte Arbeitsstunde. Sie wartet auf Freier. Täglich. Knochenjob Straßenstrich.

1. Tag: Prostituierte kommen zu Wort. Die „schüchterne“ Tinka und die „aufgestiegene“ Reni.

2. Tag:  Wir Anwohner vom Straßenstrich
In der B.Z. berichten Anwohner des Straßenstrichs vom Leben zwischen Heim und Huren.

Zu Wort kommen Opa Kurt, Monika und Pfarrer Fuhr.

3. Tag:  Geständnisse eines Freiers
Seit 13 Jahren ist Paul* aus Schöneberg Stammkunde bei den Mädchen der Kurfürstenstraße.
Der Vorteil für ihn: nicht so viel Genörgel wie bei einer Freundin. Er sagt er gäbe bis zu € 400 für Sex im Monat aus.

Wobei wir wieder beim Geschäft wären. Jetzt sind’s nur noch 4:00:51:17 Tage/Stunden/Minuten/Sekunden bis zur Eröffnung.

(*Der Name von Paul ist übrigens der einzige, der in der Reportage geändert wurde.)

Verrucht Spezial 2 – Drittes Reich an der Potsdamer Straße

Verrucht Spezial 2

7. November, 15 Uhr

Thema: Drittes Reich an der Potsdamer Straße – inklusive einer ausführlichen Führung durch den Bunker Pallasstraße – Genaueres wird zeitnah bekannt gegeben

mit Bodo Förster, Sophie Scholl Schule

Treffpunkt: wird noch bekannt gegeben

Preis: € 13 / erm. € 11

Anmeldung erwünscht unter potseblog@wosnitza-berlin.de

Der Bunker vom Grundstück Pallasstraße, von der Ecke Potsdamer Straße aus gesehen, im Hintergrund der Ostflügel der Sophie-Scholl-Oberschule. Foto: Behnisch, Museen Tempelhof-Schöneberg, Archiv

Polizei Ticker #2689

Die Polizei titelt:  Feuer im Keller eines Restaurants

Rauchentwicklung bemerkte vergangene Nacht gegen 22 Uhr 15 ein 44-jähriger Angestellter im Keller eines Lokals in der Kurfürstenstraße in Tiergarten. Die alarmierte Feuerwehr löschte den Brand. Verletzt wurde niemand. Die Brandursache ist unklar. Ein Brandkommissariat des Landeskriminalamtes hat die Ermittlungen übernommen.