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Die Natur in Bildern festhalten

Ich klingele an einem Berliner Gründerzeithaus in der Nähe der Potsdamer Straße, bereits nach kurzer Zeit ertönt der Summer und ich kann das Treppenhaus betreten. Die Treppenstufen sind mit Sisalteppich belegt, der Handlauf ist aufwändig gestaltet und die Decken mit Stuck versehen. Im vierten Obergeschoss stehe ich vor einer hohen zweiflügeligen Türe und Christine bittet mich in die Wohnung.

Ein langer Flur führt in ein sehr großes und helles Wohnzimmer. In der Ecke steht  beinahe etwas versteckt ein cremeweißer Kachelofen  hinter einem Bücherregal und einer alten Ledercouch. Es ist sehr still in dieser Wohnung, obwohl die S-Bahntrasse in unmittelbarer Nähe vorbeiführt.  Vor den riesigen Fenstern steht ein ebenso imposanter Schreibtisch. Aufgeschlagene Bücher, allerlei Zeichenmaterial, Papiere und Lampen. Unter einer Lampe steht ein Glaskasten mit exotischen Schmetterlingen und einem großen Käfer.

Christine bittet mich auf einem der Schreibtischstühle Platz zunehmen und schlägt dann einen großen Zeichenblock auf und präsentiert ihre neusten Arbeiten. „Dynastes hercules – Der Herkuleskäfer“ und zeigt mir eine vierfach vergrößerte Zeichnung des größten Käfers der Welt. „Ein Verlag möchte, dass ich ein Jugendbuch über Insekten illustriere“  sagt die Frau mit etwas Stolz in ihrer Stimme. Sie hatte ein Medizinstudium begonnen, ist dann aber in die Kunst gewechselt und hat später noch zwei Semester Biologie, sie hat Kunstkurse an Volkshochschulen geleitet, hat für Vereine oder Verlage Illustrationen angefertigt oder für Wissenschaftler gezeichnet. Am liebsten Motive aus der Natur: Tiere, Pflanzen oder Mineralien. Architektonik abzubilden oder technische Gerätschaften würden ihr nicht so liegen.
Sie blättert weiter und zeigt mir das Bild eines blauen Morphofalters. „Der besondere Reiz an diesem blauen Schmetterling ist, dass Blau ihrer Flügel „lebendig“ einzufangen. Es sieht aus jedem Blickwinkel anders aus, mal türkisblau oder manchmal tiefschwarz.“ Sie griff mit einer Hand zu dem Glaskasten unter der Schreibtischlampe und kippte ihn ganz leicht auf und ab und demonstrierte so den beschriebenen Effekt. Die aktuelle Aufgabe sei sehr abwechslungsreich. Viele Tierarten, oft in natürlichen Posen oder im Habitat und nicht streng wissenschaftlich. „Die meisten Insekten haben Borsten oder Härchen, manchmal beinahe einen Pelz. Es kann schon sehr anstrengend sein, so etwas bis ins kleinste Detail abzubilden. Da kann man mehrere Tage an einem Tier sitzen.“ Der Mittelweg zwischen extremen Detailreichtum und Vereinfachungen  sei ihr am liebsten, insbesondere wenn die Illustrationen nicht für ein Fachpublikum vorgesehen sind.

Für die Blüten und Pflanzen ist Christine dieses Jahr schon mehrfach im Botanischen Garten gewesen. In den Gewächshäusern finden sich Pflanzen aus aller Welt und geben ihr eine grobe Idee für mögliche Hintergründe. Besonders schwierig sei es Tiere und Pflanzen in ein realistisches Größenverhältnis zu bringen, also vermisst sie die Pflanzen oft sehr genau und fotografiert sie. „In diesem Fall übertreibe ich es aber nicht mit der Genauigkeit. Es geht sich um die Insekten. Ein Nektar trinkender Schmetterling sollte dennoch mit einer halbwegs realistischen Blüte gezeigt werden“.
Ob sie lieber Tiere oder Pflanzen zeichnet kann sie nicht genau sagen, Beides sei spannend.

An dem Bücherregal lehnt eine alte Bildtafel. Von der Sonne deutlich ausgeblichen zeigt sie Wiesenkräuter. Vor 20 Jahren hat Christine die Tafel für einen Park mit Naturlehrpfad gestaltet. Nun soll sie restauriert werden. Neue Farbe und Ausbesserung von Details und schon kann die Bildtafel wieder aufgestellt werden. „Man verdient damit nicht viel. Ich hoffe, dass hin und wieder jemand stehen bleibt und diese Bilder als Anreiz nimmt die Natur zu entdecken“. Es macht sie traurig, bei Spaziergängen in Berlin häufig mutwillig zerstörte Info- und Bildtafeln zu sehen, unabhängig davon, ob sie sie gestaltet hat oder jemand anderes. Irgendjemanden hat es Zeit und Mühe gekostet diese Tafeln zu gestalten und auf der anderen Seite nimmt man interessierten Lesern die Möglichkeit sich auf Spaziergängen zu informieren.
So langsam neigt sich der Nachmittag dem Ende entgegen. Christine zeigt mir noch Bücher mit Zeichnungen von Botanikern und Zoologen. Die 150 Jahre (oder deutlich älter) alten Zeichnungen geben ihr Ideen, wie sie Illustrationen gestalten kann, aber auch oft genug abschreckende Beispiele, die man nicht wiederholen muss z.B. Raubtiere mit fletschenden Zähnen oder falsche Größenverhältnisse.

Letztlich höre ich nie auf zu lernen. Oft nehme ich mir vor „besser“ zu sein als Andere und scheitere dann oft genug. Manchmal muss man einen weiteren Anlauf nehmen und sich erneut der Aufgabe stellen und manchmal muss man mit einem bescheidenerem Ergebnis zufrieden sein.
Die Sonne steht leuchtend orange über den Häuserdächern und wirft die letzten Lichtstrahlen in das Wohnzimmer. Sie mag die orangeroten Sonnenuntergänge hier, sie lassen einen für einen kurzen Augenblick vergessen, dass man eigentlich mitten in der Stadt ist.

Dieser Beitrag wurde von Alice verfasst.
Sie studiert Gartenbauwissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin.

GartenPlausch im Schöneberger Norden

von HU-Gastblogger Uwe

WASSER UND ERDE FÜR DEN SCHÖNEBERGER NORDEN

Graphik: gruppe F

Seit Anfang des Jahres 2017 gibt es den „GartenPlausch“ im Schöneberger Norden. Jeden zweiten Donnerstag im Monat treffen sich KiezgärtnerInnen in der Kiezoase Steinmetzstrasse 68, um zu fachsimpeln, sich erste Informationen zu holen oder sich zu vernetzen. Organisiert werden diese Treffen von der gruppe F, die das Projekt GartenAktiv bis Ende 2018 durchführt. Weiterlesen

Ahorn muss Platin weichen

Das Stadtquartier Bautzener Straße heimst in den letzten Monaten einen Preis nach dem anderen ein. Es erhielt es die höchste Auszeichnung der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen ( DGNB) auch Platin-Zertifikat und seit März 2016 ist es Preisträger des Berliner Wettbewerbs KlimaSchutzPartner des Jahres.

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Warum freuen sich die Nachbarschaft denn nun nicht über dieses ökologische, nachhaltige, behutsame Bauvorhaben?

Die Bautzener Brache war als wichtige Biotopflächenanteil ausgewiesen,“ betont A. Bähr, eine der drei Anwohnerinnen, die Ende April eine Einwohnerversammlung zu der Bebauung initiierten. „Hier wuchsen vor den Rodungsarbeiten allein vier verschiedene Ahornarten: Berg-Ahorn, Spitz-Ahorn, Eschen- Ahorn, Rot-Ahorn, neben Weiden, Robinien und Wildkräutern. In der Abendschau am 25. April wurde medienwirksam gezeigt, dass auf dem Dach des Paul Löbe-Hauses ein neuer Bienenstand eingeweiht wurde. Hier, wenige Kilometer südlich davon, holzten sie gerade einen Teil der Bienenweide meiner Völker und der meiner Nachbarimker rücksichtslos ab.“

Seit im Oktober 2012 die erste Informationsveranstaltung zur Bebauung der Bautzener Straße stattfand – also lange bevor klar wurde, welch hohe ökologische Standards die Grünfläche zubetonieren würden – rumort es im Gebiet. Es gab eine Einwohnerversammlung (Mai 2013), die erste Bürgerbeteiligung (September 2014 bis Oktober 2014), im November 2015 lag dann die Auswertung der umfangreichen Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange und der Eingaben der BürgerInnen vor. Es folgte der zweite Beteiligungsschritt der Träger öffentlicher Belange (Januar 2016 bis Februar 2016), die jetzige Einwohnerversammlung vom 28. April und bis zum 11.5. 2016 läuft noch die Öffentliche Auslegung des B-Plan 7-66VE, bei dem die AnwohnerInnen ihr Recht wahrnehmen können, gegen diese Bauprojekt Einwände vorzubringen.
Einsicht in die Unterlagen
Weitere Informationen zur Situation rund um die Bautzener Brache

Flyer-Bautzener-Brache

Einwände senden an: Amt für Stadtentwicklung Schöneberg, Rathaus Schöneberg stadtplanung@ba-ts.berlin.de

Zwischen diesen Bürgerbeteiligungsterminen waren Investor und Bezirksamt weiter tätig, ohne jedoch bei den AnwohnerInnen den Anschein zu erwecken, dass ihre Einwände eingearbeitet würden. Zu der letzten Einwohnerversammlung am 28. April 2016 erschien nun eine Mannschaft aus circa 20 BezirkspolitikerInnen, ExpertInnen, ArchitektInnen, LandschaftsplanerInnen und dem Investor.

Mit ihnen saßen circa 150 AnwohnerInnen in der Mensa der Havelland Grundschule, um sich zu informieren, an vielen Stellen ein ironisches „Hört, hört“ zu bekunden und an anderen laut ihren Unmut auszudrücken.

Die Kontrahenten kennen sich, viele der Argumente werden seit Jahren wiederholt und ping-pong-mäßig ausgetauscht. An diesem Abend herrscht mal wieder klarer Frust bei den AnwohnerInnen. Denn was ist noch zu erwarten, wenn die Bagger bereits unterwegs sind, obwohl doch das Beteiligungsverfahren noch läuft?

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Anders als auf anderen umstrittenen Bauflächen gibt es auf der Bautzener Brache, einem ehemaligen Eisenbahngelände, keinen Rechtsanspruch des Eigentümers auf Baurecht. Die Brache ist nach wie vor nach §35 BauGB Außenbereich. Ein Baurecht ist an diesem Ort einzig eine Willensentscheidung der Politik und kann an dieser Stelle versagt werden.

Es gibt eine Alternative !
Welche Chance kann in solch einer Situation ein neuer und umfangreicher Alternativvorschlag haben, den Matthias Bauer bei der Einwohnerversammlung vorbrachte erläuterte? Ist es das richtige Objekt am falschen Platz, fragte er und beamte gleich einen Alternativbauplatz auf die Leinwand.

Doch zuvor erläuterte er anschaulich, wie das Gebiet zwischen Landwehrkanal und Sachsendamm in den nächsten Jahren durch Baumaßnahmen verdichtet wird.

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Seinen fundierten Erläuterungen, folgte seine simple Frage. Wie wäre es denn, wenn die Wunderwohnungen ein paar hundert Meter weiter südlich zwischen der Monumenten- und Kolonnenstraße auf dem Gelände der BSR gebaut würden? „Das Grundstück ist ein bisschen kleiner, doch bekommt man ein städtebauliche Kante geschlossen, da ist jetzt eine Lücke,“ erläuterte er. „Es ist nachts ein Parkplatz, der tagsüber leersteht. Auf diese Weise könnte die Bautzener Straße im Grünsystem integriert bleiben.“

BSR

Der richtige Platz für das Bautzener Stadtquartier?

Schade, dass nach 2 Stunden Statements von Experten und circa 25 Minuten Statements durch die BesucherInnen keine Zeit zum Austausch mehr gab. Dann hätte der Ping-Pong-Ball vielleicht die Platte verlassen und hätte doch noch einmal erneut und dann auch anders geschlagen werden können.

Das richtige Projekt
Die Präsentation des Projektes hatte die ersten 45 Minuten der Veranstaltung eingenommen. „Mir ist wichtig, Ihnen noch mal zu sagen, dass wir von der ersten öffentlichen Vorstellung des Projektes, alles so wie vorgestellt eingehalten haben,“ begann der Investor. „Wegen der klimatischen Durchlüftung haben wir viele Sorgen gehabt. Wir mussten höhere Schallvorschriften hinnehmen, was sich auch finanziell nieder geschlagen hat.“ Er sprach von Bioenergie und dass alle Wohnungen mit Abwasserwärme zu heizen seien. Dass er die kontrollierte Wohnraumbelüftung an anderer Stelle kennen gelernt habe und diese nicht nur funktioniere, sondern ihn auch begeistere. Dass man zur Zeit einen Parkplatz für zwei Wohnungen plane und wenn diese nicht gebraucht würden, bereit sei, zusätzlich 600 Stellplätze für Fahrräder zu schaffen. Es gäbe eine Lärmschutzwand wegen der S-Bahn. Man käme über den noch zu bauenden Biomarkt auf der anderen Straßenseite später in den Gleisdreieckpark. „Was wir versprochen haben, wird bis heute eingehalten,“ betonte er zum Schluss noch einmal.

Der Architekt betonte für ihn sei das „Bauvorhaben ein Glücksfall, weil ich hier einen Bauherrn hatte, der Nachhaltigkeit sehr unterstützt hat. Die ganze Energieseite ist so konsequent durchgeführt, wie ich es noch nie vorher gesehen habe.“ Der geplante Supermarkt käme – da unterirdische – ohne unschönen Baukörper aus, die kleinen Läden garantierten eine lebendige Straßenfront. Der Großgörschenplatz würde multifunktional. Und da seien dann ja auch noch die Sport- und Fitnessflächen im Bereich Yorckstraße.

Schöner Supermarkt unter der Erde

Günstige Mietwohnungen würden entstehen, nur 10% seien über 100 qm groß, der Fokus sei auf kleinen bezahlbaren Wohnungen. „Es war ein Glücksfall, dass wir einen Bauherrn haben, der Mietwohnungen baut, die in verantwortlicher Hand bleiben und nicht schnell veräußert werden,“ begeisterte er sich am Ende noch einmal.

Dann sprach eine Landschaftsarchitektin von 13.000 qm Außenanlagen, drei Innenhöfen mit Kleinkinderspielbereich, zwei größeren Spielbereichen, einem Biotopflächenanteil. Die 39 geschützte Bäumen, die gefällt worden wären, würden durch 72 Ersatzpflanzungen kompensiert, plus den 39 Bäume auf der Tiefgarage. Ein Grundstück würde nicht bebaut und dem Park zugeschlagen. Wachsen solle Efeu und wilder Wein, Pflanzen, die über das ganze Jahr blühen und einheimisch seien.

A. Bähr hatte die Argumente der AnwohnerInnen umfassend erläutert.  Unter anderem sagte sie:  „Die Bautzener Brache ist die notwendige Verbindung zum Gleisdreieckpark. Sie ist das fehlende Stück für eine durchgehenden Fahrrad- und Fußgängerverbindung im Grünen. Die Radwegverbindung zwischen dem Südkreuz und dem Potsdamer Platz kann entlang der Bautzener Brache ohne ungünstige Umwege über die Monumentenbrücke geführt werden. Die Bautzener Brache ist Teil der Belüftungsschneise entlang der Bahntrassen. Die Bautzener Brache ist ein notwendiges Teilstück des Biotopverbunds.
Wieso wird der Wert dieser natürlichen Ressourcen in Berlin nicht erkannt und geschützt?
Wieso wird dieses Gelände, für das kein Baurecht erteilt werden muss, an einen Investor verhökert?
Wieso wird nicht ernsthaft an einem grundlegenden Konzept gearbeitet, wie mit den Natur- und Grünflächen, vor allem unter den Bedingungen des Klimawandels und Artenschwunds umgegangen werden sollte?“

Dagegen die Einschätzung von Wolfram Siewert, Landschaftsarchitekt und beauftragt mit der Umweltprüfung: „Die Bilanz hat gezeigt, dass nicht viel wertvolle Sachen da waren. Ein Vergleich mit dem, was geplant wird, hat ergeben, dass es keine Verschlechterung gibt.“ Siewert erläuterte weiterhin, dass Bodenverunreinigungen beseitigt wurden, das Klima keine erheblichen Beeinträchtigungen erführe. Für die Fledermäuse seien jetzt schon Ersatzniststätten geschaffen und dem Girlitz, der unter besonderer Beobachtung in Berlin steht, würde auch nichts passieren.

Warum gerade hier?
Also alles paletti und ein Schelm, wer denkt, dass das Grundstück gegenüber seinem eigenen Baumarkt Hellweg an der Yorckstraße so wertvoll ist, dass Alternativen nie auch nur ansatzweise bedacht wurden?

Wir haben diese Einwohnerversammlung als Anwohnerinnen beantragt, weil wir in den Jahren unserer kritischen Beobachtung der Bauplanung immer mehr den Eindruck gewannen, dass hier entlang der Bautzener Straße unter allen Umständen den Wünschen des Investors entsprochen werden soll,“ bringt A. Bähr vor.“Entgegen aller Einwände der Nachbarschaft, des BUNDs, des Bezirks und der Senatsverwaltung, entgegen Einwände der IHK und der Polizei und anderer Träger öffentlicher Belange soll hier gebaut werden. …. Für uns Nachbarinnen soll der Eindruck entstehen, dass es sich hier um ein Vorzeigeprojekt für den sozialen Wohnungsbau handele, so sehr wird Werbung für das Projekt gemacht, so sehr werden Einwände und Bedenken dem Willen hier zu bauen untergeordnet.

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„Wie wird die Wohnqualität sein im Bautzener Stadtquartier?“

Tatsächlich aber handelt es sich hier um ein Projekt eines Privatinvestors, der vor allem ein Interesse hat: Er will auf diesem Grundstück, das bisher kein Baurecht hat und dass er sehr günstig als Brachland im Außenbereich erwerben konnte gewinnbringend investieren. Allein durch die Schaffung von Baurecht wird der Wert der 2,2 ha großen Fläche um mehr als das 10fache steigen. Und dazu verhelfen ihm insbesondere unsere Bezirksstadträtin Frau Dr. Klotz und der Amtsleiter für Stadtentwicklung Herr Kroll, die dem Investor unter allen Umständen Baurecht und die Baugenehmigung verschaffen wollen.

Natürlich sieht der Bezirk das anders. Bereits vor der Veranstaltung war ein sechsseitiges Statement von Bezirksstadträtin Frau Dr. Klotz verteilt worden. Doch aufgrund der vermehrt bei ihrem Vortrag erklingenden Unmutsäußerungen verlas sie dieses nicht vollständig. Hier das Abschlusszitat aus dem Statement, dass sie, wenn nicht wortwörtlich dann doch sinngemäß vorbrachte.

Der vorgelegte Bebauungsplan für das neue Quartier Bautzener Straße wird sicherlich diejenigen nicht überzeugen, die gegen jedweden Neubau auf dieser Bahnbrache sind – so wie an vielen anderen Stellen in der Stadt auch. Innerhalb des vorgegebenen Rahmens (privater Eigentümer, notwendiger Wohnungsneubau, Grünflächenversorgung, Lärmschutzproblematik) stellt der Bebauungsplan einen ausgewogenen Weg dar, der die unterschiedlichen Interessen zum Ausgleich bringt.

Den Wunsch einiger Anwohner_innen dort nicht zu bauen, kann ich zwar nachvollziehen. Eine öffentliche Grünanlage wird aber kein privater Investor auf dem Gelände realisieren und der Bezirk ist dazu nicht in der Lage. Berlin wird in den kommenden Jahren einen deutlichen Bevölkerungszuwachs, vor allem in den Innenstadtbereichen erleben. Die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum und kleinen Haushalten wird größer werden. Hier haben wir die Chance einen kleinen Teil dieser Nachfrage zu befriedigen. Das neue Quartier ist bestens an den öffentlichen Nahverkehr angebunden und das Radwegenetz wird auch an dieser Stelle ausgebaut. Das vermeidet zusätzlichen Autoverkehr und ist damit ein Beitrag zum Klimaschutz.

Wird es einen Effekt bei diesem Bauvorhaben haben, dass die Welt drum herum sich seit 2012 inzwischen stark verändert hat?

Politik, die die Bewohner nicht befragt, die ist von uns auch nicht mehr gefragt,“ eröffnete ein Anwohner, den Teil der Veranstaltung, auf der BürgerInnen zu Wort kamen.

Können die AnwohnerInnen jetzt nur noch zuschauen, ob ihre Befürchtungen sich bewahrheiten?

Ich wohne seit 16 Jahren in Bautzener Straße 2,“ sagt eine Anwohnerin „direkt gegenüber dem neuen Fitness. Ich glaube, dass wir Wohnungsbau brauchen. Doch warum prüft niemand in dieser Stadt den Leerstand. Wie zum Beispiel im Riemers Hofgarten. Wir brauchen kleine Wohnungen, ich kann aber aus meiner 4,5 Wohnung nicht raus, weil kleinere Wohnungen teurer sind. Und hier in der Bautzener Straße mangelt es an großen Wohnungen.“

Ich bin ein bisschen überrascht über den Tenor dieser Einwände,“ gibt ein junger Mann zu bedenken. „Ich hätte gedacht, dass die Leute hier nicht nur an sich und Grünflächen denken, sondern auch an die Leute die Wohnungen suchen. Wir müssen etwas gegen Verdrängung tun, aber dafür sind privaten Investoren nicht die Lösung.“

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„Wir ändern nichts mehr, auch wenn noch so lange protestieren,“ sagt ein älterer Mann, der von sich sagt, sich früher politisch betätigt zu haben und deshalb aus Erfahrung spricht. „Aus meinem Fenster gucke ich nur noch auf schreckliche Architektur. Die roten Häuser am Lokdepot und jetzt diese Architektur. Was will der Architekt uns damit sagen, mit der Architektur, auf die ich jetzt immer schauen muss.“

Viele sind unzufrieden, mit dem was Dialog genannt wird, aber was viele nicht als Dialog empfinden,“ führt eine andere aus. „Wir wissen von der Wohnungsnot, wir haben jetzt gehört, dass der Gleisdreieckpark verkleinert wird, wir haben gelernt, dass mehr Verkehr kommen. Dann sind da ganz viele offene Fragen. Bei anderen Projekten gibt es ein Controlling, bei dem das Projekt immer wieder mit den sich ändernden Bedingungen abgeglichen wird. Wird es einen Effekt bei diesem Bauvorhaben haben, dass die Welt drum herum sich inzwischen verändert hat?“

Bleiben in diesem Prozess nur Fragen offen?

Ayan Filipino Streetfood: Das ist es!

Von Gastbloggerin Lisa

Seit einem Jahr kann man im „Ayan Filipino Streetfood“ traditionell philippinisch essen gehen und einen besonderen Teil der Potsdamer Straße auf sich wirken lassen.

Von der Potsdamer Brücke aus sind es fünf Minuten Fußweg zum „Ayan Filipino Streetfood“. Vorbei an Carglass, der Galerie Michael Janssen und dem Blumenstudio Bohner. Ein Kontrastprogramm zum aufgedonnerten Potsdamer Platz, von dem ich gerade komme. „Ayan“ lässt sich hier leicht als neuer Laden identifizieren. Weiterlesen

Auf der Suche nach Entspannung – „Yoga-Guide“ für den Kiez

Von HU-Gastbloggerin Nina

Verkehrsschlagader, neue und traditionsreiche Läden, Straßenstrich, Kunst-Hotspot auf dem Sprung zur Gentrifizierung – auf der Potse ist viel in Bewegung, es herrscht großstädtische Vielfalt und Hektik, aber wo und wie kommt man hier mal zur Ruhe?

Wer innehalten und durchatmen möchte, den ganzen Trubel einmal ausblenden will und das – wie ich – am liebsten auf der Yoga-Matte tut, braucht ein bisschen Geduld, bis er den passenden Ort dafür findet. Weiterlesen

Beton im Flow und jede Menge Begegnung

Das Band ist durchschnitten, die Begegnung kann nun auch offiziell beginnen in der Maaßenstraße. Viel ist im Vorfeld diskutiert worden, hoch gepriesen und bis in den tiefsten märkischen Sand verdammt dieses Berliner Pilotprojekt. AnwohnerInnen diskutierten mit Bezirk, StadtplanerInnen, Senat und dem ausführenden Planungsbüro. Dementsprechend groß war das Medieninteresse. Weiterlesen

Die Zentrale Landesbibliothek am Standort Gleisdreieck

Von HU-Gastbloggerin Luna

Der Park am Gleisdreieck dient der Erholung und Entspannung. Menschen erhalten hier die Möglichkeit Sport zu treiben, sich zu treffen und spazieren zu gehen. Grüne Wiesen laden ein es sich mit einem guten Buch gemütlich zu machen und die ersten Sonnenstrahlen zu genießen.

Doch auf einer großen Fläche des Parks erstreckt sich eine Baustelle, an der Bagger am Werke sind. Es ist das letzte unbebebaute Areal der fünf Bauflächen des Projekts „Urbane Mitte.“ Die Bauflächen wurden 2005 in einem städtebaulichen Vertrag zwischen dem Land Berlin und der Vivico, der die Flächen damals gehörten, festgelegt. Hier entstehen 100.000 qm Brutto Geschossfläche, also ziemlich viel Platz mit hoher Nutzungskapazität. Geplant sind für das Gelände 60 – 70 % Büroräume, während 30-40 % einem lebendigem Nutzungsmix aus Gastronomie, Clubs, Hotels und Wohnungen dienen sollen.

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Schabloniertes in der Bülowstraße

Zwei Tage vor der Ausstellungseröffnung traf ich Hugo Kaagman auf der Leiter vor einer Wand in der Bülowstraße. Ich war auf der Suche nach der Street Art Aktion – hatte ich doch gehört, dass Urban Nation „etwas plante“. Viel mehr wusste ich nicht, doch da war ja nun Hugo Kaagman auf der Leiter.

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Er wiederum war sich auch nicht ganz so sicher, wo er hier gelandet sei – mit der Prostitution und so. Auf jeden Fall hatte er auch gleich ein neues deutsches Wort gelernt – Freudenhaus. Dieses belustigte ihn sehr und deshalb hatte er es auch gleich künstlerisch umgesetzt. Weiterlesen

Heut/Morgen bleibt die Küche kalt

Christiane Latendorf_Urzeitvogel_2013

Christiane Latendorf „Urzeitvogel“ 2013

Mittwoch und Donnerstag sind die kulinarischen Tage in der Zwölf-Apostel-Kirchengemeinde in der Kurfürstenstraße. Nur selten schließen die Pforten so wie heute und morgen zur Feier der Jahreswende 2014/2015.

Sonst wird – wochein/wochaus – am Nachmittag wird geschnippelt und gekocht. Am Abend wird geschlemmt.

Und wie bei jeder köstlichen Mahlzeit trägt jedes Ingredienz zum Wohlgeschmack bei. Wobei zur Zeit wieder Menschen gesucht werden, die Lust haben, die Kochtöpfe zu füllen und die Gäste zu bewirten. *(Infos am Ende des Artikels)

Wie Sie auf den Geschmack zum Mitmachen kommen, erfahren Sie in der folgenden Suppenküchen-Kochanleitung Weiterlesen

Die vergessene Ära – Schönebergs Underground Szene

Von Gastblogger Alexander

Das Publikum kocht, der Boden bläht sich, die Wände rücken näher, die Luft ist dünn, Schweiß fließt in Strömen. Von der Bühne kreischt eine ewig junge Stimme der ersten Punkrock Generation, gesellschaftskritisch bis auf den letzten Knochen.

Der Bezirk Schöneberg war einst das Zentrum West-Berlins voll mit brodelndem Nachtleben und einer ergiebigen Kulturszene. In Klubs wie dem „Risiko“, der „Ruine“ oder dem „Dschungel“ spielte sich die Musikszene der 80er Jahre auf und ab. Die Westberliner Musikikone Blixa Bargeld gründete hier die Band „Einstürzende Neubaute“, Nick Cave formierte hier aufs Neue das Projekt „Nick Cave and the Bad Seeds“ und David Bowie fand hier zusammen mit Iggy Pop neue Inspiration für weitere Werke.

Der westliche Teil Berlins, eine westdeutsche Enklave inmitten der DDR, war dafür wie geschaffen, denn man wurde hier mit Subventionen regelrecht überschüttet. Es gab keinen Wehrdienst, geringere Steuersätze, niedrigere Preise und größere Freizügigkeit, welche man woanders so nicht kannte. Ausschlaggebend war jedoch die große Menge an Künstlern, welche der Stadt eine enorme Anziehungskraft verliehen. Gleichgesinnte aus aller Welt strömten nach West-Berlin, einem Kreativmekka der besonderen Art. Doch wie viel ist heute noch vom ruppigen Geist der wilden 80er in Schöneberg zu spüren?

Vereinsmitglied Jack an der Bar im Ex'n'Pop e.V.

Ex’n’Pop Vereinsmitglied Jack an der Bar im Ex’n’Pop e.V.

Der anarchistische Geist scheint nur noch im Gedächtnis geblieben zu sein, die Underground Szene ist so gut wie verschwunden und zahlreiche Klubs haben geschlossen. Nun säumen Matratzenläden und Apotheken all die glorreichen Ecken aus den alten Zeiten. Der zuvor stets in der Luft schwebende Nonkonformismus Westberlins scheint nicht mehr zu halten. „Der Staat ist nun viel präsenter geworden“, sagte Jack, ein Mitglied der damaligen Korona. „Das Parken auf dem Bürgersteig“, fügte er hinzu, „eine Lappalie nach damaliger Sicht und heute symbolträchtig für die ganze Entwicklung, ist nicht mehr möglich.“

Ein Stück jener Zeit wurde jedoch trotz zahlreicher Schließungen und Umzüge im Ex’n’Pop e.V. auf der Potsdamer Straße 157 erhalten. Ein Ort, den man heutzutage leicht übersehen kann, denn es finden sich hier keine großen Aushänge, offene Türen oder generell Fenster. Auffällig sind nur die auf dem Bürgersteig stehenden Badewannen gefüllt mit ungezähmter Natur. Nichts verrät jedoch über das wilde Treiben im Inneren. Der einzige Weg um hinter die Fassade zu blicken führt nach 22:00 Uhr an der Klingel, einer rabenschwarzen Schleuse und der Gesichtskon­t­rol­le vorbei.

Das Ex'n'Pop in der Potsdamer Straße 157

Das Ex’n’Pop in der Potsdamer Straße 157

Das Ex’n’Pop gibt es schon seit 30 Jahren und seit 2001 wurde daraus ein Verein. Die Betreiber sehen sich als eine Art Forum für alle möglichen kulturellen Veranstaltungen. Man bietet hier dem eingeweihten Publikum je nach Programm Musik, Theater, Kino oder Lesungen. Wenn jemand keinen Platz für seine Musik in der strikt kommerziell orientierten Nachbarschaft findet, kann er sich immer an den Verein wenden. So spielen hier freitags und sonnabends Bands aller Stilrichtungen und Gewichtsklassen. Von Anfängern über Underground-Bands bis Rock-Legenden, alle finden sie ihren Weg ins Ex’n’Pop.

T.V. Smith auf der Bühne im Ex'n'Pop.

T.V. Smith auf der Bühne im Ex’n’Pop.

So auch T.V. Smith, eine in Vergessenheit geratene englische Punkrockgröße. Dürr, eckig und kantig in eng anliegende Stofffetzen gehüllt, verbreitet er von der Bühne mit durchdringender Stimme eine ungewohnt vertrauenserweckende Atmosphäre. Die Worte fließen mal hypnotisch weich, mal zerrissen und scharf. Das Gesicht singt mit jeder Gesichtsfalte bis zur letzten Gefühlswallung mit. Nach fast 40 Jahren auf der Bühne scheint bereits jedes einzelne Wort mehrfach durchlitten und sorgfältig in Songs verpackt zu sein. Die rohe und ungeschliffene Wände des Ex’n’Pop bieten eine Lebensfülle, wie man sie woanders noch zu finden vermag. Punk’s not dead at Potsdamer Straße!